XIAOMI-Aktie – Der gemobbte Musterschüler!

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Steigende Umsätze, stabile Margen, solides und innovatives Produktportfolio, hoher Marktanteil, Profitabilität, junges und ausgewogenes Management, große Margin of Safety, strategische Investitionen und Partnerschaften, mehrheitliche Kaufempfehlungen, ein niedriger Aktienpreis und sogar die Wellenanalyse sieht in dem Wertpapier des chinesischen Technologiekonzerns ein immenses Potential. Xiaomi (HKG: 1810) bedient praktisch die Bedürfnisse von Anlegern aus jeder Schule. Ob Guru der technischen oder fundamentalen Analyse, dieses Wertpapier macht auf dem Papier alle glücklich und könnte praktisch als Musterschüler bezeichnet werden. Dennoch musste die Aktie des drittgrößten Smartphone-Herstellers einen starken Kursrückgang verbuchen. Schuld daran sind wohl weniger intrinsische Probleme als externe regulatorische Umstände. 

 

Rechtliche Unklarheiten

Am 14. Januar wurde das Unternehmen, wessen Anteile insgesamt auf 8 Handelsplätzen (darunter auch 2 deutsche und 2 amerikanische) gehandelt werden, von den Amerikanern auf eine sogenannte „schwarze Liste“ gesetzt. Das bedeutet, dass amerikanische Anleger gezwungen sind ihre Investitionen aus der Firma abzuziehen und auch keine neuen Investitionen mehr tätigen dürfen. Grund? Nun, offiziell heißt es, dass Xiaomis Technologien vom chinesischen Militär genutzt werden. Selbst wenn dies so wäre, wäre es maximal ein sehr dünnes Argument, da man praktisch auch andere Staaten durch seine eigenen Aktivitäten legitimiert den Handel mit Boeing, C3.ai, Lockheed Martin, Leidos oder Northrop Grumman Corporation zu verbieten, wenn es einem nicht in den Kram passt. Andere Stimmen sagen, dass das Handelsverbot von Xiaomi Aktien an einem Preis liegt, den der Gründer und CEO, Lei Jun, im Jahre 2019 bekam. Dieser zeichnete den Unternehmer als “Herausragender Förderer des Sozialismus mit chinesischen Eigenschaften” (“Outstanding Builder of Socialism with Chinese Characteristics”) aus.

Aber auch das ist kein überzeugendes Hauptargument. Auch wenn immer noch ideologische Spannungen bestehen, sind die Tage des Kalten Kriegs gegen den Sozialismus längst gezählt. Wenn dieser nämlich so ein Dorn im Auge ist, müsste man ja sämtliche Beziehungen zu China einstellen – es sei denn, man hat erst vor kurzem herausgefunden, dass das Land sozialistisch orientiert ist. Eher sind hier merkantilistische Motive zu erkennen. Seit seiner Gründung im Jahr 2010, hat sich Xiaomi zu einem Schwergewicht auf dem globalen Technologiemarkt aufgeschwungen. Im Kernsegment, den Smartphones, ist Xiaomi nun drittgrößter Hersteller mit einem Marktanteil, der seit Anfang 2020 konstant über 10% war. Dazu kommt, dass Xiaomi eines von nur 4 globalen Unternehmen ist, dass so-genannte „system-on-chip“ (SoC) Systeme entwickelt hat. Das ist praktisch ein mobiler Mini-Computer. Bislang haben nur Apple, Samsung und Huawei diese Technologie aus dem eigenen Haus produzieren können. Das spricht Bände über die innovativen Kapazitäten. 

Wo brennt es wirklich?

Neben den Telefonen produziert Xiaomi auch Laptops, Fernsehgeräte, Smart Home Systeme, Kopfhörer, Wearables, aber auch Lampen oder Roboter Staubsauger. Ein wesentlicher Teil des Erfolgs ist, dass das Unternehmen seinen Konkurrenten in Sachen Qualität nichts nachsteht, dafür aber preislich meist die Nase vorn hat. Somit fordert Xiaomi seine Konkurrenten heraus – darunter auch Apple. Es ist also gut möglich, dass der amerikanische Staat seinen Tech-Giganten und allgemein den amerikanischen Technik-Markt vor dem chinesischen Konkurrenten schützen möchte.

Durch das breite Produktportfolio würde Xiaomi somit nämlich mehr Unternehmen als nur Apple gefährlich werden. Als kleiner Vergleich kann man sich die Gewinnmargen vor Augen führen. Xiaomi hat es geschafft innerhalb von 10 Jahren im Bereich der High-End Technologie profitabel zu werden und hat derzeit solide Margen von über 6%. Apple hingegen hat eine Diskrepanz von 38% zwischen den Produktionskosten und Verkaufspreis. Auf den ersten Blick ist dies ein klares Plus für Apple. Wenn man aber bedenkt, dass Xiaomi bei vergleichbarer Qualität einen deutlich sportlicheren Preis anbieten kann, so ist es nur eine Frage der Zeit, bis Apple Kundschaft verliert oder seine Preise anpasst. Letzteres dürfte auf dem deflationsfeindlichen Boden der Amerikaner keine Option darstellen. Am besten also dem chinesischen Giganten so viele und große Steine, wie nur möglich, in den Weg legen. 

Ohne Politik, nicht schlecht!

Wie bereits gesagt, aus fundamentaler Sicht ist das Unternehmen gut positioniert. Allein zwischen dem zweiten und dritten Quartal 2020 wuchs der Bilanzgewinn um knapp 8,3%. Besonders das operative Ergebnis kann sich sehen lassen, da es sich im Vergleich zwischen Q3 2019 und Q3 2020 mehr als verdoppelte. Das spiegelt sich auch im Cash Flow des Unternehmens ab, was basierend auf den letzten Zahlen umgerechnet über 3,9€ Milliarden an liquiden Cashbeständen aufweist. Zwar hängt Xiaomi auf der finanziellen Seite etwas hinter den Erwartungen zurück, aber verbucht hier dennoch über 7% Return on Assets (ROA). Dies dürfte sich aber in den nächsten Jahren ändern, da bei der Anlagestrategie stark auf Wachstumskandidaten, wie Xpeng (NYSE: XPEV), gesetzt wird, die wahrscheinlich erst in einigen Jahren ihr volles Potential entfalten.

Nun heißt es das Urteil des amerikanischen Gerichts abzuwarten, was bis spätestens Sonntag eine Entscheidung, bezüglich Xiaomis Einspruch zu den Sanktionen, treffen wird. Am Montag würde offiziell das börsliche „Kontaktverbot“ in Kraft treten. Einen Dämpfer würde das für die Aktie in jedem Fall bedeuten. Dass sich das Unternehmen aber bereits zu breit gemacht hat, um zu verschwinden und noch dazu scheinbar die Gunst des eigenen Staates hat, zeigt, dass selbst ein Verbot nur ein Tropfen auf den heißen Stein bedeuten würde.

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