Es liest sich wie ein Krimi: Der frühere Wirecard-Vorstandschef sitzt in Untersuchungshaft, ein anderer Vorstand ist auf der Flucht und es geht um einen Bilanzbetrug in Milliardenhöhe. Tatort war nicht etwa eine windige „Groß-Klitsche“, sondern ein Unternehmen, dessen Aktien seit einigen Jahren im DAX gelistet waren, dem angeblich „edelsten“ deutschen Börsenindex. Schon bald kam noch ein Verdacht auf Geldwäsche hinzu und, als wäre dies alles noch nicht genug, es tauchten auch mutmaßliche Verbindungen zu fremden (russischen) Geheimdiensten auf.
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Forderungen, die nicht existierten
Währenddessen testierten Wirtschaftsprüfer vielleicht allzu willfährig Jahresabschlüsse, deren Bilanzsummen zu rund einem Drittel auf angeblichen Forderungen beruhten, die sich später als nicht existent erwiesen. Und als eine renommierte Finanzzeitung Verdachtsmomente publizierte, nahm die deutsche Bankenaufsicht BaFin weniger das betroffene Unternehmen (es geht, wie der geneigte Leser längst festgestellt haben dürfte, um Wirecard) ins Visier, sondern die – aus heutiger Sicht – wackeren Berichterstatter.
BaFin-Mirarbeiten kauften "lustig" Wirecard-Aktien
Und nun kam auch noch heraus, daß mit der Aufsicht befasste BaFin-Mitarbeiter selbst „lustig“ Wirecard-Aktien kauften und verkauften. Im vom SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz geleiteten Bundesfinanzministerium, das die BaFin zu beaufsichtigen hat, sah man lange keinen Anlaß, einzuschreiten. Staatssekretär Jörg Kukies traf sich stattdessen noch „informell“ mit Wirecard-Vorstandschef Markus Braun, als bereits die ersten Alarmglocken leise klangen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwähnte auf einer Chinareise das Unternehmen namentlich, nachdem sich ihr früherer Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg dafür bei ihr stark gemacht hatte.
Untersuchungsausschuss bis zur Bundestagswahl 2021?
Nunmehr haben Oppositionsparteien des Deutschen Bundestages die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durchgesetzt. Ein Untersuchungsausschuß arbeitet ähnlich wie ein Gericht. Er hat ein weitreichendes Akteneinsichtsrecht und kann Zeugen vorladen. Nicht nur Scholz, sondern auch Frau Merkel werden sich neben anderen auf einen dortigen Termin einzurichten haben. Die Arbeit dieses Ausschusses wird weit in das Wahljahr 2021 hineinreichen, was vor allem dem SPD-Kanzlerkandidaten gar nicht passen dürfte …!
Delivery Hero ersetzt Wirecard im DAX
Für Wirecard in den DAX vorrücken durfte nun ein latentes Verlustunternehmen namens „Delivery Hero“. Es ist ein Unternehmen, bei dem laut den spitzen Worten des Aufsichtsratschefs eines anderen DAX-Unternehmens „Gelegenheitsarbeiter (Kurierfahrer, die Red.) eher zweitklassiges Essen“ ausliefern würden. Ob dieses harte Urteil bei näherer Inaugenscheinnahme tatsächlich Bestand haben könnte, muß dahingestellt bleiben. Fest steht, daß „Delivery Hero“ noch keinen Cent Gewinn erwirtschaftete und daß der ausgewiesene Verlust bisher noch mit praktisch jeder Umsatzsteigerung zunahm. Sieht so eine unternehmerische „Erfolgsgeschichte“ aus? (tb)
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