Wird die deutsche Justiz zum „politischen Tendenzbetrieb“?

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Ein demokratischer Rechtsstaat, wie es die Bundesrepublik Deutschland gemäß ihrem Aufbau ist, basiert auf vier wichtigen Säulen: Demokratie, Meinungsfreiheit, Gesetzesbindung der Staatsorgane und Gewaltenteilung.

Nachdem immer mehr kritische Beobachter bei den drei erstgenannten Säulen schon seit Jahren – vorsichtig ausgedrückt – eine gewisse Erosion beklagen, scheint nun auch die Gewaltenteilung auf einem zunehmend brüchigen Fundament zu stehen. Für eine funktionierende Gewaltenteilung ist nämlich wichtig, daß die in Streit- oder Verdachtsfällen angerufenen Richter ausschließlich dem Gesetz und ihrem Gewissen verpflichtet sind.

Auch Richter sind nur Menschen

Ausschließlich dem Gesetz und seinem Gewissen verpflichtet fühlte sich im Jahr 2019 auch ein Richter am Verwaltungsgericht Gießen, als er den Asylantrag eines Afghanen ablehnte. Doch dieser zog den Fall bis vor das Bundesverfassungsgericht, wo er mit einem gegen den Gießener Richter gerichteten Befangenheitsantrag erfolgreich war. Nun ist ein Eingreifen höherer Instanzen in gerichtliche Entscheidungen nichts Ungewöhnliches. Schließlich sind auch Richter nur Menschen, und die können Fehler machen. Im vorliegenden Fall besorgniserregend ist deshalb die Tatsache, daß der Grund für die angebliche Befangenheit des Richters nicht auf dem zugrunde liegenden Streitfall oder der Person des Richters an sich basiert, sondern einzig und allein auf einer Entscheidung, die der fragliche Richter in einer völlig anderen Sache getroffen hatte.

Richter wurde für befangen erklärt

Der Richter wurde nämlich in der Asylsache für befangen erklärt, weil er es in einem anderen Fall abgelehnt hatte, ein Wahlplakat der NPD mit dem Slogan „Stoppt die Invasion: Migration tötet“ als volksverhetzend zu werten und damit dessen weitere Verbreitung zu unterbinden. Ja, er besaß damals sogar den Mut aktenkundig festzustellen, daß ihm Fälle bekannt seien, „in denen Asylbewerber zu Mördern wurden“. Der Anwalt des klagenden Afghanen behauptete deshalb, es stehe dem fraglichen Richter „gleichsam auf die Stirn geschrieben“, daß er „Migration für ein grundlegendes, die Zukunft unseres Gemeinwesens bedrohendes Übel“ halte. Und wer so denke, so die aus Klägersicht logische Schlußfolgerung, solle in Deutschland nicht mehr als Richter über Asylsachen entscheiden dürfen.

In letzter Konsequenz gibt das Bundesverfassungsgericht mit dieser Entscheidung den deutschen Verwaltungsrichtern eine bestimmte politische Grundposition vor, was nach Auffassung mancher kritischer Experten mit der richterlichen Unabhängigkeit kollidiert. Pessimisten sehen die deutsche Justiz damit (und auch wieder, man denke u.a. an die „DDR“) auf dem Weg von einer unabhängigen Gewalt hin zu einem politischen Tendenzbetrieb mit eindeutigen weltanschaulichen Vorgaben. (tb)


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