Wie ein Bundesland ein wertvolles Gebäude vernachlässigte

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Der deutsche Staat ist geprägt durch eine starke Verflechtung zwischen Bund und Ländern. Die Bundesländer, deren politisches Gewicht geringer geworden ist, versuchen über den Bundesrat ein wenig mitzuregieren.

Dementsprechend haben alle sechzehn Bundesländer Vertretungen, also quasi Botschaften, beim Bund eingerichtet.Zu den Aufgaben dieser Landesvertretungen gehört es, enge Beziehungen zum Deutschen Bundestag und zur Bundesregierung zu pflegen.

Die politische und fachliche Arbeit zielt darauf ab, zusammen mit den zuständigen Ministerien in den Landeshauptstädten die Interessen des betreffenden Bundeslandes bei der Gestaltung der Bundespolitik und insbesondere der Gesetzgebung zu wahren. Auch sollen die Landesvertretungen das jeweilige Bundesland repräsentieren und für dessen kulturelle und wirtschaftliche Leistungen werben.

In den Jahren der Bonner Republik waren die Vertretungen überwiegend in Altbauten und durchweg bescheiden untergebracht. Der große Umbruch kam dann mit der Wiedervereinigung. In den Jahren 1999 bis 2001 zogen die Landesvertretungen nach Berlin. Fast alle Bundesländer errichteten stattliche Neubauten in bester Lage. Alles fiel größer und aufwändiger aus, die Landesvertretungen sollten ja die Schaufenster des betreffenden Bundeslandes werden.

Das Gebäude der Landesvertretung war zunächst angemietet      

Nachfolgend soll von der Landesvertretung eines ostdeutschen Bundeslandes die Rede sein. Organisatorisch gehört die betreffende Landesvertretung zur Staatskanzlei des ostdeutschen Bundeslandes. Das Grundstück in Berlin gehört dem Land, das Gebäude der Vertretung wurde im Rahmen einer Öffentlich-Privaten-Partnerschaft errichtet und zeitweise betrieben. Das Bundesland bestellte der beteiligten Vermietungsgesellschaft ein Erbbaurecht an dem Grundstück und mietete das darauf von der Gesellschaft errichtete Gebäude für 20 Jahre an. 2018 machte das Land von seiner Kaufoption Gebrauch und kaufte das Erbbaurecht von der Gesellschaft zurück. Damit wurde das Land auch Eigentümer des Gebäudes.      

Während der Mietphase wurden keine Baumaßnahmen durchgeführt      

Seit Jahren ist den Verantwortlichen in der Staatskanzlei bekannt, dass das Gebäude der Landesvertretung einen Baubedarf von vielen Millionen hat. Daher wurde seit längerem eine Sanierung erwogen. Die Staatskanzlei argumentiert, der hohe Baubedarf sei dadurch entstanden, dass man während der Laufzeit des Erbbaurechts keine Baumaßnahmen durchführen konnte, da das Land ja nicht Eigentümer des Gebäudes gewesen sei. Es seien nur Maßnahmen durchgeführt worden, die zur Instandhaltung und zum vertragsgemäßen Gebrauch erforderlich waren. Kostenintensive Maßnahmen zum Bauunterhalt seien zurückgestellt worden.      

Das Land hätte das Gebäude laufend instand setzen müssen      

Dabei war das Land nach dem Vertrag mit der Vermietungsgesellschaft verpflichtet, das Gebäude auf seine Kosten in einem jederzeit funktionsfähigen, zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Insbesondere war es verpflichtet, auf seine Kosten das gesamte Objekt einschließlich Dach, tragenden Wänden und Fundamenten laufend instand zu setzen. Auf das mangelnde Eigentum am Gebäude kommt es dementsprechend nicht an.   

Eine Grundsanierung ist erforderlich      

Anfang 2020 beantragte die Staatskanzlei unter Mitwirkung eines Architekturbüros beim Infrastrukturministerium des Landes die Grundsanierung einschließlich Umbaumaßnahmen der Vertretung. Am Gebäude der Vertretung seien umfangreiche Umbaumaßnahmen erforderlich. Darüber hinaus seien seit der Inbetriebnahme des Gebäudes im Jahr 1999 Bauteile und technische Anlagen sanierungsbedürftig oder entsprächen nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik. Für die Grundinstandsetzung bzw. Grundsanierung einschließlich der Umbaumaßnahmen ermittelte das Architekturbüro Gesamtbaukosten von rund 16,7 Millionen Euro.   

Ein komfortabler Neubau anstelle der Sanierung?   

Als Alternative zur Grundsanierung schlug die Staatskanzlei die Errichtung eines Neubaus an anderer Stelle vor. Nach der vorgelegten Planung waren für den Neubau um eine Drittel größere Fläche für Grundstück und Gebäude als bisher vorgesehen. Als interessierter Zeitgenosse kann man nur den Kopf schütteln: Erst jahrelang seine vertraglichen Instandhaltungspflichten nicht wahrnehmen, so dass das Gebäude nach gerade mal 20 Jahren ein Sanierungsfall ist. Und dann sich einen komfortablen Neubau gönnen, ohne dass ein Bedarf für eine Vergrößerung erkennbar ist. Dem Vernehmen nach gibt es Widerstand gegen die Neubaulösung. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Staatskanzlei der nicht einfachen Aufgabe stellen muss, die Sanierung ihrer Landesvertretung anzugehen, sagt ein wenig schadenfroh

Ihr
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar