In Deutschland gibt es wieder Wohnraummangel, jedenfalls in vielen Großstädten. Dort ist das Angebot an erschwinglichen Wohnungen deutlich geringer als die Nachfrage. Die öffentliche Hand hat einen Großteil ihrer Sozialwohnungen veräußert, neue Sozialwohnungen kommen kaum noch hinzu. Jetzt wurde auch noch bekannt, dass der Staat sich vielfach nicht ausreichend um die ihm verbliebenen Sozialwohnungen kümmert und damit das ihm zur Verfügung stehende Instrumentarium nicht in vollem Umfang nutzt.
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Sozialwohnungen sind Wohnungen, für deren Errichtung der Vermieter vergünstigte staatliche Darlehen erhält. Die geförderten preiswerten Mietwohnungen unterliegen Belegungs- und Mietbindungen. Während der Dauer der Belegungsbindung dürfen die Wohnungen nur an Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins vermietet werden. Mithilfe der Förderung sollen Haushalte unterstützt werden, die sich aus eigener Kraft – aufgrund zu geringen Einkommens oder aufgrund besonderer Bedürfnisse – nicht selbst angemessen mit Wohnraum versorgen können.
Seit einer Grundgesetzänderung im Jahr 2006 ist die Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung auf die Bundesländer übergegangen, welche regelmäßig ihre Städte und Kreise mit der administrativen Abwicklung der Förderung beauftragen.
Defizite bei der Überwachung der Belegungs- und Mietpreisbindungen
Den Städten und Kreisen obliegt unter anderem die Überwachung der Belegungs- und Mietpreisbindungen. Eine vor kurzem erfolgte Überprüfung in einem norddeutschen Bundesland ergab, dass viele Kommunen die Einhaltung der Belegungsbindungen überhaupt nicht überwachten. Andere prüften die Belegung lediglich in größeren zeitlichen Abständen. Auch die Miethöhe wurde häufig gar nicht oder nur bei der Erstvermietung oder der Ausstellung der Wohnberechtigungsscheine überprüft. Von der Möglichkeit, Verstöße gegen die Bindungen als Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen und mit Geldbußen zu ahnden, machten die Städte und Kreise kaum Gebrauch. Die Einhaltung der Belegungs- und Mietbindungen war damit in erheblichem Umfang nicht gewährleistet.
Belegungsrechte können auf Ersatzwohnungen übertragen werden
Belegungsrechte können an den geförderten Wohnungen oder an anderen Wohnungen (mittelbare Belegung) begründet werden. Im Rahmen der mittelbaren Belegung ist sicherzustellen, dass die Bindungen der geförderten Wohnungen auf gleichwertige Ersatzwohnungen übertragen werden. Voraussetzung für eine mittelbare Belegung ist, dass die Ersatzwohnung zum Zeitpunkt des Übergangs des Belegungsrechts nicht vermietet ist. Bei Wohnungen für ältere Menschen und für Menschen mit Behinderung sind besondere Anforderungen zu erfüllen. Dazu zählen die örtliche Lage und die barrierefreie Nutzung.
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Ersatzwohnungen waren vielfach nicht frei
Wie die Überprüfung ergab, hatten die Sachbearbeiter nur bei der Hälfte der Kommunen aus eigener Anschauung oder mithilfe von Unterlagen die erforderliche Kenntnis über die Gleichwertigkeit der Ersatzwohnungen. Vielfach waren die Ersatzwohnungen entgegen den Bestimmungen nicht oder nicht zeitgerecht frei. Ferner fanden die Vorgaben für barrierefreie Wohnungen wiederholt keine Beachtung. Beispielsweise waren die Wohnungen nur über Treppen erreichbar. Bei anderen waren die Türbreiten und Bewegungsflächen nicht ausreichend oder Bäder nicht barrierefrei.
Freistellungen von den Belegungs- und Mietbindungen können erteilt werden
Die Städte und Kreise können die Eigentümer von Mietwohnungen befristet von den Belegungs- und Mietbindungen freistellen, soweit nach den örtlichen wohnungswirtschaftlichen Verhältnissen ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Bindungen nicht besteht oder ein berechtigtes privates Interesse an der Freistellung gegeben ist. Für die Freistellung ist ein angemessener Ausgleich zu leisten, indem der Kommune Belegungs- und Mietbindungen für Ersatzwohnungen eingeräumt werden oder ein Geldausgleich geleistet wird.
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Kein Geld- oder sonstiger Ausgleich bei Freistellungen
In dem norddeutschen Bundesland waren über 12.000 Freistellungen ausgesprochen worden, immerhin ein Anteil von rund 15 Prozent der gebundenen Wohnungen. Davon bestand bei rund 10.000 Freistellungen kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Bindungen, bei 2.000 Wohnungen wurde die Freistellung wegen eines berechtigten privaten Interesses erteilt. Nur bei einem Teil der Freistellungen fand ein Geldausgleich oder ein sonstiger Ausgleich statt. Bei fast zwei Dritteln aller Freistellungen erfolgte hingegen kein Ausgleich.
In Zukunft muss genauer hingeschaut werden
Das zuständige Bauministerium des norddeutschen Bundeslandes hat bereits Maßnahmen ergriffen, damit es in Zukunft nicht mehr zu Verstößen gegen die Vorschriften über Belegungs- und Mietbindungen kommt. Man kann nur hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass in der derzeitigen Situation die zuständigen Stellen überall in Deutschland genauer hinschauen, ob die für den sozialen Wohnungsbau geltenden Vorschriften eingehalten werden. In einer Zeit, in der über die Enteignung von Wohnungsgesellschaften diskutiert wird, muss sichergestellt werden, dass der soziale Wohnungsbau auch wirklich denjenigen zugutekommt, die sich nicht selbst mit angemessenem Wohnraum versorgen können, meint
Ihr
Gotthilf Steuerzahler
Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.