Als die Wochenzeitung „Die Zeit“ noch nicht zu dem heutigen rot-grünen Kampfblatt mutiert war, erschien dort Ende des Jahres 2004 unter der Überschrift „Chronik einer Panik“ ein längerer Artikel über das sogenannte „Waldsterben“. Autor Günter Keil beschrieb darin als profunder Kenner der Materie (er betreute von 1990 bis zu seiner Pensionierung 2002 im Bundesforschungsministerium die Waldschadens und Waldökosystemforschung) „wie ein deutscher Mythos entstand, sich verfestigte und allmählich zerbröckelte“.
Inhalt
Lust am Untergang
Als nach strengen Frostwintern Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre vermehrt Waldfrostschäden aufgetreten waren und zudem viele Baumarten auf Nährstoffmangel hindeutende Symptome zeigten, begannen manche Forscher an eine gemeinsame, böse Ursache zu glauben. Sie wurden scheinbar bestätigt durch den Göttinger Bodenforscher Bernhard Ulrich, der bereits 1979 Luftverunreinigungen und wahrscheinlich den sogenannten „sauren Regen“ dafür verantwortlich machte und prognostizierte, daß „die ersten Wälder schon in fünf Jahren sterben“ würden. Schnell wiesen auch andere Forscher auf „neuartige Waldschäden“ hin und daß ein anderer Professor diese Schäden recht schnell als altbekannte Pilzerkrankung diagnostizierte, wurde in der auch schon damals auf Lust am Untergang getrimmten Gesellschaft (und den dies schürenden Medien) erst gar nicht mehr zur Kenntnis genommen. Es ist daher nur noch eine Ironie am Rande der Geschichte, daß die damaligen Forstleute den Begriff „Waldsterben“ unabsichtlich selbst prägten. Denn in ihrer Fachterminologie wurde damals jede Baumkrankheit als „Sterben“ bezeichnet.
Keine Hinweise auf Ursachen des Waldsterbens
Schnelles Regierungshandeln (damals unter Helmut Kohl) schien nun gefragt. Dabei stellte sich sehr schnell die Frage, wann eigentlich ein Waldschaden anzunehmen sei? Manche Experten schlugen vor, den Verlust an Nadeln oder Blättern zum Maßstab für die vermutete Schädigung zu machen und so – quer durch alle Baumarten – regionale „Schadstufen“ zu bestimmen. Andere Experten hielten diese Methode für zu ungenau. Doch sie wurde dennoch alsbald zum Maßstab erklärt, weil man einfach nichts Besseres wußte. Ihr größter Nachteil war, daß sie keinerlei Hinweise auf die möglichen Ursachen des angeblich festgestellten „Waldsterbens“ liefern konnte.
1984 kam es auf diese Weise zu einem die Öffentlichkeit erschreckenden Befund, doch als man wenig später die Nachteile dieser Methode erkannte, war es schon zu spät: Umweltverbände und Medien hatten sich auf das Waldsterben eingeschworen und witterten hinter dem Versuch der Regierung, eine bessere Erhebungsmethode einzuführen, nur noch den Versuch, „den sterbenden Wald gesundzulügen“. Damals noch in Bonn kapitulierte die Regierung. Die nun bekanntermaßen ungeeignete Erhebungsmethode wurde zur Regel erklärt und die allzu kritischen Experten mußten das Forschungsministerium verlassen.
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Kernkraftwerke Schuld an Waldvernichtung?
Danach kam es Jahr für Jahr zu traurigen aber gleichwohl nicht richtigen Berichten über den Zustand unserer Wälder. Und wer mit neuen Theorien zum „Waldsterben“ aufwarten konnte, durfte sich oft über neue Forschungsgelder freuen. Es kam deshalb zu manchen aus heutiger Sicht komischen Auswüchsen. Einmal gelang einem Forscher sogar das Kunststück, mit den Begriffen „Waldsterben“ und „Atomkraftwerke“ zwei der damals beliebtesten Presse-Horrorthemen zu verknüpfen. Der Mann behauptete allen Ernstes, daß das Kernkraftwerk Würgassen Quelle einer angeblichen Waldvernichtung sei und er stieß auf ein erhebliches Presseecho. Daß andere Forscher diese Thesen ein Jahr später ganz klar widerlegten, nahm man in der Öffentlichkeit dagegen kaum zur Kenntnis.
Waldsterben ausgelöst durch Mangelerscheinungen
Ende 1988 versuchte die SPD, das angebliche Waldsterben mit dem damals aufkommenden Widerstand gegen Autos zu verbinden und es hieß „Kfz-Abgase sind die Hauptsünder“. Auch diese These wurde wenig später widerlegt, man nahm dies wiederum kaum zur Kenntnis. Mitte der 1980er Jahre erkannte man schließlich, daß die meisten Waldschäden Mangelerscheinungen sind und sie sich deshalb bei genauerer Betrachtung als seit langem bekannt – und auch behebbar – erwiesen. Im Gegensatz zu den vorherigen Katastrophenmeldungen blieb nun aber das Presseecho überschaubar und das „Waldsterben“ blieb als Schreckensszenario im Raume stehen.
Gestern Waldsterben-Leugner, heute Klima-Leugner
Schon damals ging man gegen „Waldsterben-Leugner“ ähnlich rigoros vor wie heute gegen angebliche „Klima-Leugner“. Dies bekam z.B. 1996 der Freiburger Forscher Professor Heinrich Spieker zu spüren, als er eine nicht einmal von ihm selbst verfasste Studie vorstellte, die den europäischen Wäldern ein wieder beschleunigtes Wachstum attestierte. Fachleuten war dies im übrigen schon lange klar, es lag an gestiegenen Stickstoffeinträgen. Doch bei den Medien klingelten die Alarmglocken: Wenn die Wälder wieder schneller wachsen, dann sterben sie ja nicht, hieß es. Und wer so etwas infames behaupte, der leugnet das Waldsterben. Spieker wurde öffentlich und im Grunde wider besseren Wissens der Kumpanei mit „der Industrie“ bezichtigt und Göttinger Forscher hielten mit einer aus heutiger Sicht eindeutig falschen These dagegen, daß die wieder schneller wachsenden Bäume in Wirklichkeit doch „todsterbenskrank“ seien. Auch erwies sich Spiekers Hoffnung, daß „seine“ Universität Freiburg sich schützend hinter ihn stellen würde, als trügerisch. Wahrscheinlich standen zu viele Forschungsmittel auf dem Spiel.
Dabei kam schon vorher, nämlich im Jahr 1993, das Bundesforschungsministerium nicht mehr umhin festzustellen, „daß ein Absterben ganzer Wälder in Zukunft nicht mehr zu befürchten“ sei. Und auch der eingangs erwähnte Forscher Ulrich räumte in durchaus respektabler Weise ein, daß er mit seiner früheren Untergangsprognose zu weit gegangen war. Doch für diese positiven Nachrichten interessierten sich nur wenige Medien. Die meisten befanden nun, daß zu viel Stickstoff im Wald bestimmt zu neuen Problemen führen würde.
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2003: Renate Künast erklärt Waldsterben für beendet
Am Streit über das nicht existente Waldsterben änderte sich aber einstweilen nichts, denn die Regierung saß in einer selbstgebauten Falle. Hatte sie doch Jahre vorher im Überschwang jedes Jahr neue Waldschadenserhebungen zugesagt. Sie konnte nicht einmal an den – jetzt erwiesenermaßen nicht brauchbaren – Beurteilungskriterien etwas ändern, denn jeder Vorstoß wurde sofort von den Umweltverbänden als unsittlicher Versuch bewertet, von den Problemen ablenken zu wollen. Wenigstens erschienen nun aber die ersten wirklich kritischen Artikel. Doch die politischen Parteien wagten schon längst nicht mehr, den einmal eingeschlagenen Pfad zu verlassen. Noch im Jahr 2000 sprachen Union (CDU & CSU) und SPD praktisch gleichlautend von „keinem Grund zur Entwarnung“. Erst im Sommer 2003 erklärte dann ausgerechnet die Grüne Renate Künast das Waldsterben für beendet.
Erschreckende Parallelen
Ist man ein Narr, wenn man vermutet, daß die bisher für das „Waldsterben“ verwendeten Forschungsgelder nun in die Richtung einer „menschenverursachten Erderwärmung“ geleitet werden sollten? Die Parallelen sind jedenfalls deutlich und erschreckend zugleich, wie die vorstehenden Zeilen zeigen. Öffentliche Panikmache, das Verschweigen „unpassender“ Forschungsergebnisse und die Diffamierung etwaiger Kritiker als „Leugner“ – alles das hat es also schon einmal gegeben. Die Jüngeren unter uns können sich daran gewiß nicht erinnern. Den Älteren sei es aber angeraten. Vielleicht könnten dann mehr Menschen als bisher Aufklärungsarbeit leisten statt eher pubertären „Fridays-for-Future“-Gedanken willfährig hinterherzulaufen und damit weiterer staatlicher Gängelei Vorschub zu leisten! (tb)
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