Seit zehn Monaten unterstützen die westlichen Staaten die Ukraine mit Waffenlieferungen und inzwischen drohen ihnen die ersten Vorräte auszugehen. Dies ist in vielen Fällen weniger eine Frage der Finanzen als vielmehr zu geringer Lagerbestände sowie fehlender Bezugs- und/oder Produktionsmöglichkeiten.
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Es ist eine Entwicklung, die nicht zuletzt auch von der chinesischen Führung mit Interesse beobachtet wird, spiegelt sich darin schließlich auch die Verteidigungs- und Hilfsmöglichkeit wider, die den westlichen Staaten z.B. im Falle eines Taiwan-Konfliktes blieb.
Ukraine: Zerfallende Weltbilder
Waffenlieferungen an die Ukraine im Gesamtwert von 40 Mrd. US-Dollar
Die Waffenlieferungen aus eigenen Beständen in die Ukraine umfassten in den letzten zehn Monaten einen Wert von über 40 Mrd. US-Dollar. Die USA gaben dabei etwa ein Drittel ihres Gesamtbestandes an Javelin-Panzerabwehrraketen und Stinger-Flugabwehrraketen ab. Großbritannien hat so viele Panzerabwehrraketen geliefert, dass es nun selbst Drittparteien um die Lieferung neuen Geräts anging.
Und der Waffeneinsatz ist und bleibt auf beiden Seiten erheblich. Russland verfeuerte während der heftigen Donbass-Kämpfe im Sommer allein an zwei Tagen mehr Munition, als das britische Militär vorrätig hat. Und auch beim ukrainischen Artillerieverbrauch würden die britischen Vorräte kaum länger als eine Woche reichen.
Die Nachschubprobleme der westlichen Staaten sind vor allem die Folge einer jahrzehntelangen „Friedensdividende“ nach dem Ende des Kalten Krieges. Die Waffenbeschaffung und auch -entwicklung wurde in dieser Zeit als eher zweitrangig empfunden, worauf die Rüstungsindustrie mit einem teilweise deutlichen Kapazitätsabbau reagierte. Jetzt wären zwar viele Betriebe (noch immer) in der Lage, die Produktion wieder hochzufahren.
Viele Gespräche – wenig konkrete Vertragsabschlüsse
Doch dies würde zum Teil erhebliche Investitionen erfordern, die nur nach entsprechenden, verbindlichen Abnahmezusagen erfolgen werden. Und genau daran mangelt es. Zwar haben viele westliche Länder ihre Verteidigungsbudgets deutlich erhöht, aber die politisch Verantwortlichen schrecken vor den verbindlichen Bestellungen noch immer zurück, sie meiden angesichts der unsicheren Wirtschaftslage den Abschluss mehrjähriger Verträge.
Und genau diese müssten viele Rüstungsunternehmen vorweisen, um die für einen Produktionsaufbau erforderlichen Mittel zu erhalten. Vom schwedischen Rüstungsunternehmen Saab weiß man z. B., dass viele Gespräche geführt wurden und werden, es aber noch kaum zu konkreten Vertragsabschlüssen kam.
Ähnliches berichtet das britische Unternehmen BAE Systems. Und bei Lockheed Martin wäre man gerne bereit, allfällige Kapazitätsausweitungen auch mit Eigenkapital zu finanzieren – wenn es denn endlich zum Abschluss konkreter, mehrjähriger Lieferverträge käme. Doch genau daran mangelt es zurzeit allerorten. (tb)