Jetzt ist es passiert. Twitter hat den Account des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump komplett gesperrt. Die Eskalation in Washington im Zusammenhang mit der Erstürmung des Kapitols hat das berühmte Fass zum Überlaufen gebracht. Die Erleichterung darüber ist besonders in den (sozialen) Medien groß. Aber wie so oft ist das mediale und gesellschaftliche Gedächtnis jedoch äußerst kurz und selektiv. Besonders an der Börse und unter Anlegern kann man die große Heuchelei förmlich riechen!
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Für Twitter lief es seit dem Börsengang im Jahre 2013 lange Zeit äußerst schlecht. 19 Quartale, also fast 5 Jahre, in Folge musste der Kurzmitteilungsdienst aus San Francisco große Verluste in Kauf nehmen und veröffentlichen. Die Anleger waren entsprechend genervt und drauf und dran Twitter fallen zu lassen. Der Aktienkurs hatte entsprechend Federn gelassen und notierte im Mai 2016 über 80 Prozent unterhalb der damaligen Rekordhochs (knapp 75 USD im Dezember 2013). Doch dann wurde Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt und alles wurde gut.
Sehr geil: Geld verdienen mit Atomkrieg-Tweets
Vor drei bis vier Jahren war es noch legitim und en vogue mit den Twitter-Tiraden von Donald Trump Geld zu verdienen. Die Wirtschaftswoche titelte dazu am 10. Feburar 2017: "Wie Anleger von Trumps Twitter-Tiraden profitieren – Jeder Tweet ein potentieller Kurstreiber: Für Anleger sind US-Präsident Donald Trumps Attacken auf Unternehmen via Twitter unkalkulierbar. Geld verdienen lässt sich damit trotzdem."
Einen Tag zuvor, am 9. Februar, zeigte sich die "Welt" in dem Artikel "Twitter profitiert nicht von Trumps Tweet-Flut" sichtlich enttäuscht davon, dass Twitter ausdrücklich noch nicht von den Tweets Trumps profitieren könne. Zitat: "Twitter hat im vergangenen Quartal nicht von der weltweiten Aufmerksamkeit für den US-Wahlkampf und die Tweets von Donald Trump profitieren können." «Wenn der Trump-Effekt kein Wachstum der Nutzerzahlen bringt, was kann es dann?», kommentierte dagegen Analyst Michael Pachter von Wedbush Securities die Zahlen.".
Guter Trump, schlechter Trump
Im 4. Quartal 2017 war es dann soweit. Der Trump-Effekt bescherte Twitter den ersten Quartalsgewinn in der Unternehmensgeschichte. Wenn auch nur homöopathische 91 Mio. US-Dollar. Bis zum 2. Quartal 2019 stieg der Gewinn dann aber kometenhaft auf 1,120 Mrd. US-Dollar.
Am 9. Januar 2018 titelte N-TV: "Mit Atomkrieg-Tweets zum Erfolg?" Wie sehr Twitter vom Trump-Effekt profitiert". Wahnsinn! Diese Formulierung wäre heute in der Form fast undenkbar. Aber das zeigt auch wie pervertiert die ganze Sache ist. Gestern noch war Trump genug, um mit ihm bzw. an seinen Tweets Kasse zu machen. Heute ist Trump der Buhmann auf allen Ebenen.
Mit bzw. an den kruden Tweets des alten weißen Mannes aus dem Weißen Haus haben also viele Menschen an der Börse bzw. mit der Aktie von Twitter viel Geld verdient. Und das indirekt durch die massenhaften von Anfang an umstrittenen Tweets von Donald Trump.
Börse kennt keine Moral. Auch, wenn jetzt Twitter jetzt einen auf Moral macht und durch die Deaktivierung des Accounts ein Zeichen setzt. Twitter ist ein börsennotiertes Unternehmen. Es geht um möglichst hohe Umsätze und Gewinne. Am Ende geht es um Geld. Um sehr viel Geld. Und Geld kennt eben bekanntlich keinerlei Moral. Weder an der Börse noch in den Medien.
Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in dem besprochenen Wertpapier derzeit nicht investiert. Die bereitgestellten Informationen spiegeln lediglich die persönliche Meinung des Autors wider, stellen keine Anlageberatung oder Aufforderung zu Wertpapiergeschäften dar und können eine individuelle anleger- und anlagengerechte Beratung nicht ersetzen.
Viele Grüße,
Ihr Robert Schröder
www.Elliott-Waves.com
Der Artikel "Twitter sperrt Donald Trump: Keine Kursgewinne mehr mit Atomkrieg-Tweets?" erschien zuerst am 9. Januar 2021 auf Elliott-Waves.com.