SPD zensiert Tichys Einblick: Was stand in dem Artikel?

von , 09.02.2019, 15:23 Uhr

Nach jüngsten Umfragen in Berlin und Bayern mit 12 bzw. 6 %, kommt die SPD in der letzten Woche mit dem Konzept der "Respekt-Rente" bzw. Grundrente um die Ecke. Fast schon Selbstredend, dass dieses in der Öffentlichkeit sogleich scharf kritisiert und auseinander genommen wurde. Nach dem Motto: Mehr als Geld umverteilen kann die SPD nicht. Dennoch sprechen sich 61 % der Deutschen laut einer Umfrage des ZDF Politbaromter für die Grundrente aus.

So gewinnt die SPD Wahlen

Nebenbei traut sich Nahles auch noch bzw. noch immer die Kanzlerschaft zu, obwohl ihr Ex-Kanzler Gerhard Schröder kurz zuvor "Amateurfehler" vorgeworfen hatte. Und Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel? Tja, der stellt mal eben die Große Koalition als Ganzes infrage. Soweit so gut, soweit so normal für die SPD.

SPD: Angriff auf die Pressefreiheit?

Es war jedoch ein ganz anderer Schauplatz, der in den letzten Tagen – weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit – für viel Wirbel und Aufmerksamkeit sorgte. Tichyseinblick.de hatte am 4. Februar 2019 einen Artikel mit dem Titel "Wie SPD in die Zeitungen kommt – Zeitungen, auf die die SPD heimlich und indirekt Einfluss nimmt" über die Medienbeteiligungen der SPD und deren Einflussnahme auf die deutsche Medienlandschaft veröffentlicht. Laut eigenen Angaben waren die Quellen für diesen Bericht alle öffentlich zugänglich.

Unter Umständen könnte der Artikel ähnlich aufgebaut gewesen sein, wie der von ScienceFiles.org zum gleichen Thema, der bereits seit April 2012 online ist. Dennoch hat die SPD bzw. die Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG per Unterlassungsklärung veranlasst, dass der Artikel auf Tichys Einblick gelöscht wird.

Das Internet vergisst

Was einmal im Internet war und gelöscht wurde, ist für immer unwiederbringlich weg und kann nicht wieder rekonstruiert werden. G wie ganz weg! Das ist seit dem Bestehen des Internets Gesetz und jeder Internetnutzer weiß das. Das gilt für pikante Sex-Videos à la Paris Hilton, peinliche Selfies bei Facebook, politische Entgleisungen im WhatsApp-Chat oder eben kritische Artikel. Ein Klick reicht und das Gelöschte verschwindet auf nimmer Wiedersehen und unwiederbringlich.

So ist es natürlich auch mit dem besagten Artikel. Lediglich auf der lokalen Festplatte bei Tichyseinblick.de oder in den Akten der Anwälte könnte er noch einzusehen sein. Wenn man aber als interessierter Leser wissen will, was genau in dem Artikel stand, hat man im Grunde keine Chance an den Inhalt zu kommen. Das Thema könnte damit also erledigt sein.

Raed Saleh (SPD): "Ihr braucht keine falschen Rattenfänger"

1 von zig Milliarden Seiten

Wussten Sie, dass es diverse Archivseiten im Internet gibt, die automatisch oder auf Wunsch ganze Internetseiten oder nur einzelne Artikel abspeichern und so der Nachwelt auf "ewig" erhalten? Meist sind es gemeinnützige Projekte aus den USA, die zum Teil bereits seit Ende der 1990er online sind. Inzwischen sind einige von ihnen so groß und umfassend, dass sie Millionen von Videos und Bildern sowie zig Milliarden vollständige Internetseiten abgespeichert haben.

Während Google lediglich auf die Such-Inhalte verweist bzw. verlinkt, speichern diese Archive Informationen vollständig ab. Meist als HTML-Seite oder als Screenshot bzw. Bilddatei. Wenn Sie also ihrem Kind in 20 Jahren zeigen wollen, wie Ihr heutiges Instagram-Profil aussieht, können Sie dieses dort heute abspeichern.
Mit Servern in den USA und diversen Spiegelservern in Afrika, Südamerika oder Asien ist es ein Ding der Unmöglichkeit hier Informationen zu löschen oder löschen zu lassen.

Es könnte also vielleicht sein, dass der besagte gelöschte Artikel über die SPD über Umwege auch auf einer dieser Archivseiten angelegt wurde und damit für immer abgespeichert wurde. Vielleicht. Niemand weiß das genau. Das Archiv bzw. die Archive umfassen ja dutzende Milliarden Seiten …

Diese Archive sind selbsterklärend und einfach aufgebaut. Es gibt, ähnlich wie bei Google, ein Suchfenster, das der interessierte Leser mit möglichste markanten und schlagfertigen Suchwörtern füllen kann. Um die besten Treffer zu erhalten, könnte man sich hier an der Google-Suche orientieren, die zuvor gescheitert war. In der Regel wirft das entsprechende Internet-Archiv dann auch gute bis sehr aussagekräftige Treffer aus …

Parteiaustritt als Folge der Zensur

Unterdessen gibt es erste Reaktionen auf das harsche Vorgehen der SPD gegenüber Tichys Einblick. Gunter Weißgerber, SPD-Mitglied seit 1989, hat am 7. Februar auf weissgerber-freiheit.de seinen Austritt aus der Partei bekannt gegeben. Als Grund führte Weißgerber u.a. folgendes an:

"Am 4. Februar 2019 erschien in Tichys Einblick ein gut recherchierter Artikel über die Medienmacht der SPD: „Zeitungen, auf die die SPD heimlich und indirekt Einfluss nimmt / Wie SPD in die Zeitungen kommt“. Die fundierte Meinungsäußerung gefiel der SPD nicht. Das ist aus SPD-Sicht nachvollziehbar. Kritik gefällt niemandem wirklich."

[…]

"In dieser Woche verletzte die SPD nun auch für mich eklatant das Recht auf die Meinungsfreiheit. Vorige Woche gab die SPD-Justizministerin öffentlich kund, das Wahlrecht verbiegen zu wollen. Mit den Wahnvorstellungen aus der Umgebung Nahles, die Antifa für die SPD gewinnen zu wollen, wurde der antitotalitäre Konsens endgültig verlassen. Was für eine Enttäuschung!

[…]

"Bisher nahm die SPD den öffentlichen Diskurs über ihre Medienmacht immer an und stritt mit Argumenten für ihre Positionen. Das ist mit dem Löschen des Tichy-Artikels Geschichte!"

[…]

"Ich trete mit heutigem Datum 07. Februar 2019 aus der SPD aus und ziehe meine Beitragseinzugsermächtigung mit sofortiger Wirkung zurück."

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