Man mag zu den drei folgenden Politikern stehen, wie man will – nüchtern analysiert bleibt zur Zeit im Wesentlichen festzustellen, daß der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Armin Laschet und der bayerische Wirtschaftsminister und stellv. Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu den derzeit wichtigsten „Feindbildern“ des CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zählen. Beide erinnern ihn an nicht erreichte Ziele bzw. Niederlagen.
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Söder mit Verbalangriff gegen Aiwanger
Aiwanger sitzt mit am bayerischen Kabinettstisch, weil die CSU bei der Landtagswahl 2018 unter Söder mit 37,2 % ihr bisher schlechtestes Landtagswahlergebnis zu beklagen hatte und folglich einen Koalitionspartner brauchte. Solange sich die Freien Wähler handzahm gaben, äußerte Söder sich lobend über sie. Doch nachdem Aiwanger aus sehr persönlichen Gründen eine Corona-Impfung für sich abgelehnt hatte, reagierte Söder mit anhaltendem Argwohn. Mit jedem Verbalangriff Söders gewinnt Aiwanger derzeit aber nur an Bekanntheit, was angesichts der Bundestagswahl-Ambitionen der Freien Wähler wie eine Wahlkampfhilfe für selbige wirkt. Der Streit eskalierte kürzlich in Form einer Interview-Äußerung Söders („Sommerinterview“ des ZDF), wo dieser Aiwanger als einen – kurz zusammengefasst – behandlungsbedürftigen Hasardeur darstellte. Er mache sich „ein bissel Sorgen“ um ihn, sagte Söder, und die Ferienzeit möge Aiwanger „zumindest ein bisschen helfen, runterzukommen“. Dabei braust derzeit kein anderer wie Söder auf. Und Aiwangers Impfeinstellung muß man nicht teilen, aber sie ist durchaus in sich konsistent:
Wenngleich Aiwanger im Impfen „einen wichtigen Baustein gegen Corona“ sieht, lehnt er eine Impfpflicht ab und möchte nicht Geimpfte und Ungeimpfte gegeneinander ausspielen.
Laschet soll den „Schlafwagen“ verlassen
Schwierig ist auch Söders Verhältnis zu Laschet. Im „Sommerinterview“ stellte er sich als „Antreiber“ dar, der natürlich Kanzlerkandidat der Union geworden wäre, wenn er „eine harte Auseinandersetzung“ zugelassen hätte. Doch das hätte „nicht getaugt für einen guten Wahlkampf“. Tatsächlich gab es harte Auseinandersetzungen und es war Söder nicht gelungen, in Präsidium und Vorstand der CDU sowie in der gemeinsamen Bundestagsfraktion für ihn ausreichende Mehrheiten zu organisieren. Danach ließ er sich als Wunschkandidat der Jungen und Modernen ausrufen, und er forderte indirekt Laschet auf, den „Schlafwagen“ zu verlassen. Ohne in dieser Debatte auch nur irgendeine Festlegung zu beziehen, bleibt in jedem Fall festzustellen, daß derartige Auseinandersetzungen kurz vor einer Wahl kaum angeraten sind . . .
Söder nimmt rachende Wahlniederlage der CDU/CSU in Kauf
Die gegenwärtigen Umfrageergebnisse sind jedenfalls eindeutig. Bezogen auf die anstehende Bundestagswahl liegt die CSU in Bayern derzeit bei rund 36 %. Das – für ihre Verhältnisse – katastrophale Bundestags-Wahlergebnis des Jahres 2017 (die CSU errang hier in Bayern 38,8 % der Zweitstimmen) könnte Ende September deshalb noch einmal unterboten werden. Und auch die Zufriedenheit mit der Arbeit des bayerischen Ministerpräsidenten sank innerhalb nur eines Monats von 51,9 % auf 49 % und damit auf den schlechtesten Wert seit März dieses Jahres.
Söder predigt derzeit „Stärke und Souveränität“, aber er gibt ein konträres Bild ab. Zu tief sind vielleicht die erlittenen Verletzungen. Für manche Beobachter hat es gar den Anschein, daß Söder inzwischen eine krachende Wahlniederlage der Union lieber sein dürfte als eingestehen zu müssen, mit Laschet vielleicht doch den – deutschlandweit gesehen – „besseren“ Kanzlerkandidaten aufgestellt zu haben. (tb)
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