Schlamperei bei der Umstellung des Rechnungswesens von Kommunen

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Die deutschen Kommunen sind seit Jahren bestrebt, ihr Finanzmanagement durch Umstellung auf das kaufmännische Rechnungswesen zu modernisieren. Während das traditionelle Finanzsystem der öffentlichen Verwaltung nur die Zahlungsströme abbildet, erfasst das doppische Rechnungswesen den vollständigen Ressourcenverbrauch. An die Einführung der Doppik wird die Erwartung geknüpft, dass die finanzielle Situation der betreffenden Stadt oder Gemeinde transparenter wird, die Entscheidungsgrundlagen für die politisch Verantwortlichen verbessert werden und es zu einem wirtschaftlicheren Ressourceneinsatz kommt. 

Häufig ist jedoch festzustellen, dass die Umstellung des Rechnungswesens wesentlich länger dauert als geplant und als es nach den rechtlichen Vorgaben zulässig ist. Zum Teil liegen Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüsse erst mit jahrelanger Verspätung vor, wie jetzt für eine Reihe von Kommunen eines mittelgroßen Bundeslandes bekannt wurde. Damit mangelt es den betreffenden Kommunen an einer fundierten Datenbasis für eine zielgerichtete und nachhaltige Steuerung der Haushaltswirtschaft.

Bei viel zu spät erstellten bzw. noch gar nicht vorliegenden Jahresabschlüssen fehlt eine wesentliche Grundlage für die Beschlussfassung über den Haushaltsplan. Wesentliche Soll-Ist-Vergleiche zur Analyse der Haushaltswirtschaft und deren Entwicklung können nicht oder nur eingeschränkt durchgeführt werden. 

Jahre nach der Umstellung lag noch keine Eröffnungsbilanz vor      

Im Jahr 2007 hatte der Gesetzgeber des hier in Rede stehenden Bundeslandes beschlossen, dass alle Kommunen des Landes ab dem 01.01.2013 grundsätzlich die kommunale Doppik anzuwenden haben. Übergangsvorschriften ermöglichten eine frühere bzw. hinausgeschobene Einführung. Spätestens seit dem 01.01.2015 war dann das kommunale Haushalts- und Rechnungswesen ausnahmslos nach doppischen Regeln zu führen. 

Im August 2019 hatten allerdings noch immer rund 9 Prozent der doppisch buchenden kommunalen Körperschaften, nämlich 49 von 539 Kommunen, noch keine festgestellte Eröffnungsbilanz. Im Jahr davor waren es sogar noch 22 Prozent gewesen. Der Prozess der Aufstellung und Feststellung von Eröffnungsbilanzen muss Jahre nach der Umstellung auf die kommunale Doppik endlich abgeschlossen werden. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Ziel wie angekündigt in Kürze, das heißt im Lauf des Jahres 2020, erreicht werden wird.      

Auch bei den Jahresabschlüssen gab es Verzögerungen      

Nach der Gemeindeordnung des betreffenden Bundeslandes haben die Kommunen für jedes Haushaltsjahr einen Jahresabschluss innerhalb von 6 Monaten nach Ende des Haushaltsjahres aufzustellen. Der aufgestellte Jahresabschluss ist innerhalb von 3 Monaten zu prüfen und spätestens bis zum 31.12. des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres durch den Gemeinderat festzustellen. Eine Abfrage bei den Kommunen zum Stand 01. 01. 2019 ergab, dass auch bei der Aufstellung und Feststellung der Jahresabschlüsse ein erheblicher Zeitverzug bestand. Im Vergleich zum Vorjahr hatte sich sogar die Anzahl der nicht festgestellten Jahresabschlüsse insgesamt weiter erhöht.

Haushaltsentscheidungen wurden ohne verbindliche Datengrundlage getroffen      

Für das Haushaltsjahr 2012 waren insgesamt noch 28 (rd. 23 Prozent) offene Jahresabschlüsse zu verzeichnen. Die Jahresabschlüsse ab dem Haushaltsjahr 2013 waren durch einen hohen Rückstand gekennzeichnet. Für den Jahresabschluss 2013 war der Feststellungstermin spätestens der 31.12.2014. Selbst 4 Jahre nach diesem Termin hatten lediglich 231 der betroffenen Körperschaften (rd. 51 Prozent) einen festgestellten Jahresabschluss. Für das Haushaltsjahr 2017 waren lediglich 47 von insgesamt 496 Jahresabschlüssen, d. h. nur 9 Prozent, fristgerecht festgestellt worden. 

In vielen Fällen erfolgt die Haushaltsführung über mehrere Jahre ohne Abschluss der vorangegangenen doppischen Haushaltsjahre. Dies bedeutet auch, dass in einer erheblichen Anzahl von kommunalen Körperschaften die für 5 Jahre gewählten Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte teilweise über ihre gesamte Wahlperiode Haushaltsentscheidungen ohne verbindliche Ist-Daten getroffen haben.      

Jetzt sollen Bearbeitungsrückstände abgebaut und Fristen eingehalten werden     

Das Innenministerium des betreffenden Bundeslandes hat dazu erklärt, als maßgebliche Ursache für Fristüberschreitungen im Bereich der Jahresabschlüsse sei die bei der Aufstellung der Eröffnungsbilanzen eingetretene Verzögerung anzusehen. Die Aufsichtsbehörden würden mit Nachdruck darauf hinwirken, dass Bearbeitungsrückstände bei den Eröffnungsbilanzen abgebaut und die Fristen bei den Jahresabschlüssen eingehalten würden. 

Wollen wir hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass den Worten auch tatsächlich Taten folgen. Verstöße gegen gesetzliche Regelungen teilweise über mehrere Jahre dürfen sich nicht verstetigen. Der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben im Zusammenhang mit Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüssen müssen viele Kommunen eindeutig eine höhere Priorität einräumen, sagt mit Entschiedenheit

Ihr
Gotthilf Steuerzahler

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Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar