Die Wellen in Bezug auf die neue EU-Urheberrechtsreform sind in den letzten Wochen immer höher geschlagen. Die Kritik daran und speziell an Artikel 13, der mit Uploadfiltern verbunden sein wird und muss, reißt nicht ab. Doch trotz der ganzen und immer mehr werdenden Proteste, besonders von YouTuber, Medienschaffenden und auch Anwälten für Medienrecht sowie in Form von ersten Demonstrationen auf der Straße, scheinen die EU-Abgeordneten "ihr Ding" durchziehen zu wollen.
Besonders die CDU bekommt in diesem Zusammenhang ihr Fett weg. Zum einen, weil Angela Merkel, trotz eindeutiger Vereinbarung im Koalitionsvertrag, jetzt doch für Uploadfilter ist. Und zum anderen, weil Axel Voss (CDU) sich hier als federführender Treiber der Urheberrechtsreform erweist. Aber auch der Koalitionspartner SPD steht mit ihrer aktuellen Haltung zu diesem Thema nicht gut da.
Upload-Filter & Artikel 13: Warum die Bundesregierung vom Koalitionsvertrag abweicht
Es gibt wohl kaum ein Gesetz in Deutschland, das nicht mehr oder weniger an der Praxistauglichkeit scheitert. Angefangen beim Berliner Hundegesetz, das in großen Teilen einen Leinenzwang vorsieht und von den Hundehaltern z.B. verlangt, dass sie entsprechende Tüten mit sich führen. Beide Vorgaben können geahndet, werden. Wenn, ja wenn es nur genügend Personal dafür geben würde, welches die Verstöße ahnden würde. Oder Beispiel Diesel-Fahrverbote. Fahrverbote sind gut und schön. Oder auch nicht. Je nach Blickwinkel. Doch wer soll sie kontrollieren? Und vor allem: wie? Die unterbesetzte Polizei? Ein automatisches Überwachungssystem?
OK, in diesen beiden Fällen könnte man noch irgendwie für ausreichend Personal sorgen. Das heißt, wenn Geld keine Rolle spielen und der Kosten/Nutzen-Effekt außer acht gelassen werden würde. Doch im Falle des Artikel 13 aka Uploadfilter geht es gar nicht in erster Linie um Personal oder gar Geld. Es geht ganz einfach um die vollkommene Praxisuntauglichkeit, die auch mit viel Geld nicht zu bewerkstelligen ist. Christian Solmecke erklärt am Beispiel seiner eigenen Fotodatenbank www.piqs.de, warum Artikel 13 gar nicht funktionieren kann und ein einziger Schildbürgerstreich ist.
EU-Urheberrechtsreform: Leidet Axel Voss (CDU) unter Realitätsverweigerung? #niewiederCDU
Was der ausgewiesene Medienanwalt besonders an Artikel 13 kritisiert sind zwei markante Dinge:
1. Jeder, der eine kleine Fotodatenbank, ein Forum oder ein sonst wie gelagerten Online-Dienst betreibt, bei dem Nutzer Content (Text, Fotos, Videos) hochladen können, muss Lizenzen mit den Rechteinhabern vereinbaren. Und das nicht nur in Deutschland und in der EU, sondern mit allen Urhebern der Erde. Weltweit also. Wie viele Fotodatenbanken gibt es alleine in Deutschland? Wie viele in Südafrika? Wie viele weltweit? Selbst große Medienhäuser dürfte das vor echten und großen Problemen stellen, die massiv Ressourcen, Zeit und Geld verbrennen wird. Für kleine Anbieter ist das ein Ding der Unmöglichkeit.
2. Angenommen es gelingt tatsächlich mit allen Rechteinhabern der Welt entsprechende Lizenzen zu vereinbaren. Woher weiß der Uploadfilter dann, was er durchlassen darf und was nicht? Ist doch ganz logisch! Die Technik braucht "Blaupausen" zum Abgleich. Und zwar von allen Rechteinhabern weltweit, die all ihre Mediendateien vorab zur Verfügung stellen und hochladen. Jeder Rechteinhaber müsste also bei jedem Anbieter alles hochladen, was er sein Eigen nennt und woran er eine Lizenz hält. Nur so könnte der Uploadfilter halbwegs vernünftig funktionieren. Doch Wie viel Datenmengen soll das bitte verschlingen? OK, heute ist Speicher nicht mehr so teuer und Massenware. Aber alle Fotos, Texte und Videos der Welt passen nun mal nicht auf ein paar Server. Das geht von der Anzahl her jeweils die zig Milliarden. Vom Speichbedarf ganz zu schweigen …
Artikel 13 – Brief an Axel Voss (CDU)
Die Argumente von Christian Solmecke aus der Praxis zeigen damit eindrucksvoll, dass die EU-Abgeordneten mal wieder ihrem Ruf vorauseilen. Sie haben keine Ahnung von der Materie. Sie haben keinen Plan davon, was genau sie eigentlich beschließen wollen und sie sind sich nicht einmal ansatzweise der Folgen bewusst, die ihre neue EU-Urheberrechtsreform anrichten wird.
Ein Gutes hat das Ganze aber: vom 23. bis 26. Mai finden die Europawahlen statt. Sie wissen nicht, ob oder wen Sie wählen sollen? Hier eine kleine Entscheidungshilfe: