Je mehr sich die SPD bei ihrer Vorsitzenden-Kandidatenkür selbst ins Chaos verstrickt, umso ernster stellen Beobachter der verschiedensten politischen Couleur die Frage nach dem weiteren Zusammenhalt der Großen Koalition. Auf die zur Zeit beliebte Frage, ob es diese am Ende des Jahres noch geben wird, wird aus Union und SPD mit gleichermaßen zunehmender Zurückhaltung geantwortet. Und hinter meistens noch gut vorgehaltener Hand wird in Unionskreisen immer intensiver über die Möglichkeiten einer Minderheitsregierung diskutiert, die dann bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2021 durchhalten sollte.
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Kaum noch Abneigungen gegen Minderheitsregierung
In einem seiner kürzlichen „Morning Briefings“ schrieb der Journalist Gabor Steingart über einen (namentlich nicht genannten) CDU-Bundesminister, der auch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen allmählich einsetzenden Stimmungswandel ausgemacht haben will. Im Gegensatz zu früher soll danach die Kanzlerin ihre grundsätzliche Abneigung gegen das Regieren aus einer Minderheit heraus, also (wenn es gut läuft) mit wechselnden Mehrheiten, allmählich ablegen. Steingart vermutete in diesem Zusammenhang, daß Merkel diese Option inzwischen vor allem unter den vier folgenden Vorzeichen sieht:
1. Sie müßte sich noch nicht und vor allem nicht abrupt in den Ruhestand verabschieden.
2. Die von ihr protegierte CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer könnte binnen weniger Stunden
zur „Vizekanzlerin“ aufsteigen.
3. CDU und CSU könnten dann alle Kabinettsposten mit eigenen Leuten besetzen. Die Union könnte die
– angeblich vorhandene, die Red. der „Vertraulichen“ – ganze Spannbreite ihres Personalaufgebots präsentieren,
was Kramp-Karrenbauer, so spekuliert man vielfach in Berlin, das im Gegensatz zum Verteidigungsministerposten
weitaus angenehmere Amt als Außenminister bescheren könnte.
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4. Und schließlich müßte der Deutsche Bundestag noch nicht aufgelöst werden, was angesichts der Meinungsumfragen auch etlichen SPD-Abgeordneten, die um ihren Verbleib im Parlament bangen müssen, gefiele. Bei einer Wahl zum jetzigen Zeitpunkt müßte schließlich jeder dritte SPD-Abgeordnete und jeder fünfte der Union um sein Mandat bangen. (tb)
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