Noch ziemlich vor Kurzem war die Ukraine ein Mekka für kinderlose Paare aus aller Welt. Laut Statistik funktionierten im Land mehr als 50 Kliniken für Reproduktionsmedizin, die kinderlosen Landsleuten und Ausländern Dienstleistungen „Retortenbabys von A bis Z“ anboten.
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Die Gesetzgebung der Ukraine gilt als eine meist milde in Europa im Hinblick auf die Leihmütter. Dadurch hatten jedes Jahr Hunderte von unfruchtbaren Paaren die Möglichkeit, ihren Kinderwunsch zu erfüllen.
Nach dem 24. Februar 2022 hat sich die Situation radikal verändert. Die Mehrheit der IVF-Kliniken sind aus der Ukraine in verschiedene Länder ausgezogen und unter die Leihmutterschafts-Beschränkungen der örtlichen Gesetze (in vielen Staaten werden von der Gesetzgebung der Kundenkreis und die Bedingungen für den Erhalt diskreter Dienstleistungen streng eingeschränkt) geraten.
Zusätzlich zu diesen Problemen sind einige ukrainische „Betreiber des Leihmutterschaftsmarktes“ in ernsthafte Schwierigkeiten mit den Rechtsschutzorganen geraten. Ihnen wird Menschenhandel vorgeworfen und drohen lange Haftstrafen.
Als Spitzenreiter in Sachen internationaler Skandale gilt große Kiewer Klinik für Reproduktionsmedizin „BioTex“. In den letzten Jahren sind sie mehrfach aus unterschiedlichen Gründen an den Angelhaken der Ordnungshüter geraten.
Italienern wurde ein fremdes Kind verkauft
Anfang 2014 ging die Nachricht um die Welt: italienische Ehepartner werden wegen der illegalen Adoption eines in der Ukraine von einer Leihmutter geborenen Babys vor Gericht gestellt. Ukrainische Journalisten sind extra nach Italien geflogen, um über den Prozess zu berichten
Wie es sich herausgestellt hat, hat das italienische Ehepaar einen Vertrag mit der BioTex-Klinik über die Dienstleistungen einer Leihmutter unterzeichnet. Als ein Junge geboren wurde, nahm die glückliche Familie das Baby mit in die Heimat. Und dort hat sich nach einem in Italien obligatorischen DNA-Test für die Feststellung der Verwandtschaft herausgestellt, dass der Mann und die Frau nicht die genetischen Eltern des Kindes sind. In der Tat wurde ihnen ein völlig fremdes Baby verkauft.
Damals hatte die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine dem Leiter des medizinischen Zentrums den Menschenhandel vorgeworfen, aber der Fall ist doch irgendwie ausgeklungen.
Ein Chinese wurde wegen eines Kindes vorübergehend mit einer Ukrainerin verheiratet
4 Jahre später war die BioTex-Klinik wieder in kriminellen Aktivitäten verwickelt worden. Im Jahre 2018 tauchte eine unklare Geschichte darüber auf, wie ein chinesischer Staatsbürger wegen eines Kindes „aus dem Reagenzglas“ in die Ukraine gekommen war.
Da trifft man aber auf ein Problem: gesetzlich wird die Teilnahme am Leihmutterschaftsprogramm für alleinstehende Männer und gleichgeschlechtliche Paare in der Ukraine verboten.
Für die Schwindler in weißen Kitteln stellte dies kein Hindernis dar – sie haben dem Chinesen geholfen, eine Scheinehe mit einer Leihmutter zu registrieren. Als die „Ehefrau auf Zeit“ entbunden hat, wurden die Leihmutter und der Kunde in den Unterlagen als Eltern eingetragen. Danach haben sich die „Ehepartner“ scheiden lassen und der Vater hat von der „Mutter“ die Erlaubnis bekommen, das Kind ins Ausland mitzunehmen.
Die ziemlich mittelmäßigen Mediziner haben gegen alle erdenklichen gesetzlichen Verbote verstoßen: sie nahmen ins Programm einen alleinerziehenden Vater auf, erlaubten ihm, eine Eizellspenderin auszuwählen und führten künstliche Befruchtung bei einer ukrainischen Leihmutter durch. Sie erkannten die Tatsache deren Mutterschaft an, führten einen Heiratsschwindel durch und umgingen das Gesetz, indem sie erlaubten, die Landesgrenzen mit dem Neugeborenen zu verlassen.
Damals hat die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine dem Leiter des medizinischen Zentrums den Menschenhandel vorgeworfen und der Generalstaatsanwalt berichtete persönlich der Öffentlichkeit über diesen empörenden Vorfall des Gesetzesverstoßes.
Ärzte aus Charkow werden vor Gericht gestellt
Nicht weit von ihren Kiewer Kollegen sind auch Charkower Reproduktologen abgewichen.
Den Gründern des berühmt-berüchtigten „Zentrums für Familienplanung und menschliche Fortpflanzung des Professors Alexander Feskow“ wurde Menschenhandel vorgeworfen. Im April 2023 wurde der Fall vor Gericht gebracht.
Die Gerichtsverhandlungen zogen sich seit 2019 hin. Wie durch die Ermittlung festgestellt wurde, konnte trotz gesetzlicher Verbote Jeder beliebige in der Klinik von den Leihmutterschaftsdiensten Gebrauch machen, sogar alleinerziehende Väter und gleichgeschlechtliche Paare. Das Problem mit dem Gesetz wurde nach dem alten Schema gelöst – die Dienstleister halfen dabei, eine Scheinehe zwischen dem Kunden und der Leihmutter zu schließen.
Übrigens… ein präzedenzloser Vorfall, bei dem sich eine Leihmutter geweigert hat, das Kind ausländischen Eltern zu übergeben, ereignete sich einige Jahre zuvor in der Klinik von Alexander Feskow.
Sollte es daraufhin eine Strafe geben?
Die Leiter beider ukrainischer Reproduktionskliniken sind in ein Untersuchungsverfahren verwickelt. Interpol und europäische Geheimdienste schalteten sich in die Sache ein.
Zurzeit überprüfen Ordnungshüter in verschiedenen Ländern Familien, die die Dienstleistungen ukrainischer Reproduktionsspezialisten in Anspruch genommen haben. Ausländer werden gebeten, ihr biologisches Material entnehmen zu lassen, um eine genetische Verbindung zwischen den Kunden als Eltern und den von ukrainischen Leihmüttern geborenen Kindern herzustellen.