Hochschulpersonal in Scheinselbständigkeit

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Deutschland ist ein Steuer- und Sozialabgabenstaat. Um diesen Staat und seine Leistungen zu finanzieren, wird Geld gebraucht, viel Geld. Und wo holt sich der Staat das viele Geld? In unserem Land überwiegend durch die Belastung des Produktionsfaktors Arbeit. Da liegt es nahe, dass der eine oder andere Arbeitgeber versucht, die Kosten zu vermeiden, die ihm durch die Abführung von Lohnsteuer und Sozialabgaben entstehen. Ja es kommt sogar vor, dass sich auch staatliche Stellen an solchen Praktiken beteiligen, wie der vor kurzem bekanntgewordene Fall einer Kunsthochschule belegt.

Die in Hochschulen anfallenden Arbeiten werden grundsätzlich durch fest angestellte Mitarbeiter erbracht. Die Mitarbeiter stehen im Beamtenverhältnis oder die Hochschulen schließen Arbeitsverträge mit ihnen ab. Daneben gibt es Verträge mit freien Mitarbeitern für die Erbringung weiterer Dienstleistungen (sog. Honorarverträge) oder es werden Werkverträge abgeschlossen. 

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Bei einem Arbeitsvertrag schulden die Beschäftigen unselbständige Dienste. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich tiefgreifende gegenseitige Rechte und Pflichten wie Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch, Weisungsabhängigkeit, Fürsorge- und Treuepflichten. Die von einem freien Mitarbeiter zu erbringenden Dienste werden hingegen in persönlicher, wirtschaftlicher und sozialer Selbständigkeit und Unabhängigkeit geleistet. 

Bei Scheinselbständigkeit müssen Steuern und Sozialabgaben nachentrichtet werden      

Oftmals wird von den Beteiligten ein Dienst- oder Werkvertrag geschlossen, obwohl tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Damit werden arbeitsrechtliche Schutzvorschriften wie Kündigungsschutz oder Entgeltfortzahlung umgangen und die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer vermieden. Man spricht hier von Scheinselbständigkeit.

In Fällen der Scheinselbständigkeit muss damit gerechnet werden, dass vom Arbeitgeber rückwirkend und ggf. für die Dauer von mehreren Jahren Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten sind. Das geschieht insbesondere dann, wenn derartige Verträge aufgrund von Überprüfungen durch die zuständigen Behörden (Finanzamt, Rentenversicherungsträger) beanstandet werden. Zusätzlich zu den nachzuzahlenden Beträgen fallen regemäßig auch Säumniszuschläge an.   

Vergütungen für freie Mitarbeiter in Höhe von über drei Millionen Euro      

Eine Kunsthochschule, also eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deckte ihren Bedarf an zusätzlichen Dienstleistungen in erheblichem Umfang durch den Abschluss von Verträgen mit freien Mitarbeiter und durch Werkverträge. In ihrem Haushaltsplan hatte sie für die Vergütung von freien Mitarbeitern über drei Millionen Euro veranschlagt. Zum Teil hatten die Honorarverträge die Erledigung administrativer Aufgaben oder die Erbringung leitender Tätigkeiten zum Gegenstand. Mehrfach wurden gezielt Honorar- und Werkverträge zur Überbrückung zeitweilig nicht besetzter Stellen genutzt.      

Starke Indizien sprachen für eine Arbeitnehmereigenschaft  

Beispielsweise hatte eine freie Mitarbeiterin organisatorische Aufgaben in Bachelor- und Masterstudiengängen zu erfüllen. Eine andere freie Mitarbeiterin hatte Korrespondenzen zu erledigen sowie Besetzungs-, Prüfungs- und Raumpläne zu erstellen. Ein weiterer freier Mitarbeiter war im Bereich Strategieentwicklung und Marketing für die Kunsthochschule tätig. Einem freien Mitarbeiter war sogar die Leitung eines Masterstudiengangs übertragen worden.

Insgesamt gab es bei mehr als dreißig Honorarverträgen starke Indizien, die für eine Arbeitnehmereigenschaft der beschäftigten Kräfte sprachen, wie eine Überprüfung ergab. Für alle genannten Mitarbeiter galt, dass sie für ihre Tätigkeit räumlich und zeitlich in die Hochschule eingebunden waren, die Dienste in Person zu leisten hatten, kein unternehmerisches Risiko trugen und monatlich ein Honorar erhielten.      

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Der Staat ist durchsetzungsstark beim Eintreiben seiner Forderungen   

Aufgrund der Überprüfung hat die Kunsthochschule zerknirscht eingeräumt, dass in den in Rede stehenden über dreißig Fällen tatsächlich ein Arbeitsverhältnis begründet worden war. Die Hochschule wird in Zukunft vor dem Abschluss entsprechender Verträge sorgfältig prüfen müssen, ob es sich um eine selbständige oder abhängige Beschäftigung handelt. Im Zweifelsfall kann sie auch eine Auskunft bei den Sozialversicherungsträgern oder vom Finanzamt einholen. Nur so kann vermieden werden, dass ggf. nach Jahren Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten sind. Der deutsche Steuer- und Sozialabgabenstaat, liebe Leserinnen und Leser, ist nämlich ausgesprochen durchsetzungsstark, wenn es um das Eintreiben seiner Forderungen geht, sagt nicht ohne Grund

Ihr
Gotthilf Steuerzahler

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar