Grüne: Wahlkampf mit Augenmaß?

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Je weiter die Grünen bezüglich ihres Wahlprogramms die Katze aus dem Sack ließen, desto mehr ging es auch mit ihren Umfragewerten wieder nach unten. Ganz zu schweigen von ihrem – aus grüner Perspektive – enttäuschenden Abschneiden bei der kürzlichen Landtagswahl in Sachsen-Anhalt.

Die Grünen (und, mit Abstrichen, wohl auch die Linkspartei) leiden ganz eindeutig unter einem grundsätzlichen Problem: Fast jedes Versprechen, das die eigenen Anhänger – und damit die bereits gewonnenen Wähler – zufrieden dreinblicken läßt, wird vom überwiegenden Teil der übrigen Wählerschaft geradezu als Drohung empfunden. Es sind Kernpunkte des bisherigen bürgerlichen Lebens, die durch grüne Politik bedroht scheinen.

Eigenheim, Landverbrauch und Flugreisen

Es geht um das beliebte Eigenheim, bei dessen Errichtung sich kein Landverbrauch vermeiden läßt. Es geht um Flugreisen, bei denen – zumindest zur Zeit noch – angebliche Schadstoffe ausgestoßen werden. Und es geht natürlich um die Kraftstoff-, Heizöl-, Erdgas- und Strompreise, die nicht nur für die deutschen Betriebe – und damit alle Arbeitgeber – entscheidend sind, sondern die auch einen maßgeblichen Einfluß auf das Leben jedes „deutschen Michels“ haben. Auf Menschen wie Sie und uns, die morgens aufstehen, um zur Arbeit zu gehen, die ihren Kindern noch Werte vermitteln und die nicht zuletzt brav ihre Sozialabgaben und Steuern bezahlen.

Es ist ein von (glücklicherweise) noch immer vielen Menschen vertretenes Weltbild, in dem grüne Wolkenkuckucksheime genauso wenig Platz finden wie tiefrote Umverteilungsphantasien! Je konkreter Grüne (und auch die SED-Nachfolger) ihre politischen Ziele offenbaren, umso frenetischer werden sie aus den eigenen Reihen bejubelt. Doch umso verschreckter reagiert zugleich ein anderer – und noch weitaus größerer – Teil der Wählerschaft. Das deutliche Sinken der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in der Wählergunst war nach verbreiteter Beobachterauffassung jeden – falls vor allem diesem Umstand geschuldet. Baerbocks zunächst stark geschönter Lebenslauf (um nicht von Fälschungsversuchen zu sprechen) dürfte ihr natürlich auch geschadet haben. Doch maßgeblich war dies wohl nicht.

Deutsche Gesellschaft lässt sich in zwei Gruppen einteilen

Die derzeitige deutsche Gesellschaft läßt sich damit ganz grob in zwei Gruppen einteilen. Es gibt einerseits jene, die ihren oft mit harter Arbeit erkämpften Status quo erhalten möchten und ihn deshalb auch verteidigen. Und es gibt andererseits jene anderen, die aus einer oft recht saturierten Position heraus für politische Experimente geradezu offen sind. Es heißt deshalb oft und nicht zu Unrecht, daß man sich eine extrem grüne oder linke politische Einstellung leisten können muß. Doch so unterschiedlich die Vertreter dieser beiden Gruppen auch sind – in einem sind sich viele gleich: Sie reagieren empfindlich, wenn es an das eigene Portemonnaie gehen soll.

FDP und CDU sagen vergleichsweise wenig

Die gegenwärtige Erfolgswelle von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet und FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner beweist, daß diese beiden und ihre Berater dies alles wissen. Im gegenwärtigen „Vorwahlkampf“ reden natürlich auch diese beiden viel. Doch sie sagen vergleichsweise wenig. Laschet lebt dabei inzwischen im offiziellen „Frieden“ mit seinen bisher konkurrierenden Parteifreunden aus CDU und CSU (z.B. Merz, Söder, Röttgen). Und der frühere „Lautsprecher“ Lindner besinnt sich wieder mehr als bisher auf seine liberalen Wurzeln, zu denen es auch gehört, andere nicht ständig zu übertönen. Weil sie nicht mehr ständig über sich reden und – da kann man natürlich geteilter Meinung sein – allzu schnelle und extreme Festlegungen vermeiden, wurden beide zu aktuell erfolgreichen Wahlkämpfern. Laschet wie Lindner stellen sich als Menschen mit Augenmaß dar.

Sie geben nicht den scharfzüngigen Rhetoriker oder begnadeten Polarisierer. Und sie gerieren sich erst recht nicht als „Überflieger“. Nicht so wie Baerbock, in deren Lebenslauf zunächst manches „Seminar“ als verdienstvolle „Mitgliedschaft“ ausgegeben wurde. Bis zum Bundestags-Wahltag Ende September wird in allen deutschen Flüssen noch sehr viel Wasser hinunterfließen. Doch wenn Laschet und Lindner es schaffen sollten, ihre jetzige Taktik beizubehalten und Baerbock und ihre Grünen nichts dazulernen, dann könnte der Kelch einer grünen Regierungsbeteiligung auf Bundesebene an unserem Land vorübergehen! (tb)


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