Große Schlamperei beim Straßenbau

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Bewegt man sich mit offenen Augen durch unsere Republik, bleibt einem nicht verborgen, dass bei Bau und Betrieb der öffentlichen Straßen vieles im Argen liegt. Mit den zugrundeliegenden Ursachen beschäftigt sich eine gutachtliche Untersuchung in einem westdeutschen Bundesland, deren Ergebnisse vor kurzem bekannt wurden.

In Deutschland sind die Länder für die Planung sowie für Bau, Betrieb und Erhalt der öffentlichen Straßen zuständig. Alle Bundesländer verfügen dementsprechend über eine Straßen- oder Straßenbauverwaltung, häufig in der Rechtsform eines Landesbetriebes. Bis vor kurzem waren die Länder auch für die Bundesautobahnen zuständig. Ab dem 1. Januar 2021 hat diese Aufgabe die Autobahn GmbH des Bundes übernommen.

In dem in Rede stehenden Bundesland nimmt ein Landesbetrieb die Aufgaben der Straßen- und Verkehrsverwaltung wahr. Ein Gutachter hat vor einiger Zeit das Baumanagement des Landesbetriebs bei 68 Baumaßnahmen, davon 46 Landesstraßenprojekte und 22 Kreisstraßenprojekte, mit Gesamtkosten von über 86 Millionen Euro untersucht. Dabei handelte es sich mit Ausnahme von vier Neubauvorhaben um Aus- und Umbaumaßnahmen, die mit Baukosten von jeweils mehr als 500.000 Euro abgerechnet worden waren.

Keine Übersicht über die Projektdaten vorhanden      

Nach den Feststellungen des Gutachters verfügt der Landesbetrieb nicht über einen strukturierten und kurzfristig abrufbaren Datenbestand zu Kosten- und Terminentwicklungen seiner Baumaßnahmen. Eine automatisierte Übernahme und Auswertung dieser Daten aus vorhandenen IT-Systemen ist nicht möglich. Einheitliche Kennungen und Projektidentifikationen in den verschiedenen Datenbanken sind nicht vorhanden. Auch aus Übersichten, die in der Zentrale des Landesbetriebs geführt wurden, konnten die Projektdaten nicht vollständig erhoben werden. Sie mussten bei den regionalen Dienststellen ermittelt und zum Teil händisch zusammengestellt werden. Der Landesbetrieb hat erklärt, er werde ein Projektmanagementsystem einführen, mit dem in Zukunft alle für die Steuerung und Kontrolle erforderlichen Daten in einer zentralen Datenbank projektscharf zusammengeführt würden.

Mängel bei Planung und Bauvorbereitung      

Die abgerechneten Baukosten wichen zum Teil erheblich von den in den Bauprogrammen veranschlagten Ansätzen ab. Hierzu trugen ungenaue Kostenschätzungen sowie Mängel in der Planung und Bauvorbereitung bei, die Änderungen des Leistungsumfangs in der Bauausführung zur Folge hatten. Die den Bauverträgen zugrunde liegenden Leistungsverzeichnisse wiesen oftmals Mängel auf. Teilweise waren zur Vertragserfüllung erforderliche Leistungen nicht erfasst. Bei nahezu der Hälfte der untersuchten Maßnahmen wurde fast ein Viertel aller ausgeschriebenen Positionen nicht ausgeführt. Als Reaktion auf die Kritik des Gutachters hat der Landesbetrieb angekündigt, den Detaillierungsgrad der Planungen und die Kostenstabilität der Baumaßnahmen zu verbessern.     

Zu viele Mängel an fertiggestellten Straßen      

Drei Viertel der fertiggestellten Straßenbaumaßnahmen, bei denen der Gutachter die Ausführungsqualität untersucht hat, wiesen stellenweise Mängel an Fahrbahnen, an Fahrbahnbanketten, bei der Entwässerung und den Markierungen auf. Diese Mängel, die sich nachteilig auf die Verkehrssicherheit und die Lebensdauer der Straßen auswirken können, waren sowohl auf unzureichende Planungen als auch auf nicht fachgerecht ausgeführte Bauleistungen zurückzuführen. Der Gutachter hat den Landesbetrieb aufgefordert, eine systematische Qualitätssicherung zur Verbesserung der Ausführungsqualität von Baumaßnahmen einzuführen.      

Termine zum Teil deutlich überschritten      

Die Bauzeitenpläne des Landesbetriebs wiesen in der Regel die Sollbauzeiten und -termine auf. Terminverschiebungen wurden nicht oder nur unzureichend dokumentiert. Eine systematische und übersichtliche Projektverfolgung war nur eingeschränkt möglich. Bei über der Hälfte der Baumaßnahmen wurden die vereinbarten Ausführungstermine nicht eingehalten. Bei einem Drittel der Projekte wurden die geplanten Bauzeiten um mehr als 25 Prozent überschritten, in fünf Fällen sogar um mehr als das Dreifache. Der Landesbetrieb hat dazu ausgeführt, dass eine Qualitätssicherung auch hinsichtlich der Bauzeiten erst in Zukunft möglich sein werde.     

Typische Fehlerquellen wird nicht systematisch nachgegangen      

Der Landesbetrieb führt nach Abschluss der Projekte keine systematischen Ex-post-Analysen und planmäßigen Erfolgskontrollen durch. Es fehlen daher die Grundlagen, um typische Fehlerquellen und die Ursachen häufig auftretender Mängel umfassend zu identifizieren. Der Landesbetrieb verteidigt sich damit, dass systematische Ex-post-Analysen aufgrund der derzeitigen Personalsituation für eine große Zahl von Baumaßnahmen nicht möglich seien. Nun, liebe Leserinnen und Leser, da wird es noch eine ganze Weile 

Ihr
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar