Als Deutschland im Jahr 2007 turnusmäßig den Vorsitz im Rat der EU-Regierungsvertreter übernahm, erlitt die europäische Integration gerade ihre erste richtig große Schlappe. Es ging um das durchaus umstrittene Vorhaben einer gemeinsamen „EU-Verfassung“, dem sich u.a. die Bürger der Niederlande und Frankreichs mehrheitlich widersetzten.
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Deutschland übernimmt EU-Ratspräsidentschaft
Heraus kam schließlich der – salopp gesagt – abgespeckte „Lissaboner Vertrag“, in dem auch die Möglichkeiten für einen EU-Austritt einzelner Staaten geregelt sind, die jetzt die Grundlage des „Brexit“ darstellen. Nun übernimmt Deutschland wieder einmal turnusgemäß den Ratsvorsitz und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde bereits im Vorfeld nicht müde, den Zusammenhalt der EU-Staaten anzumahnen.
Tatsächlich scheint diese Mahnung gerade angesichts der „Corona-Krise“ angebracht, wo während der „heißen Phase“ alle EU-Staaten agierten, als gäbe es kein Miteinander. Grenzen, auf deren Offenheit man so stolz war und die zu schließen während der „Flüchtlingskrise“ als „unmöglich“ dargestellt wurde, wurden über Nacht und für Monate geschlossen. Das Miteinander wurde immer weniger, das Gegeneinander nahm zu.
Was hält die EU wirklich zusammen?
Dieser Entwicklung möchte Merkel ein Ende bereiten, was vom Grundsatz her gewiß nicht zu kritisieren ist. Dabei stellt sich aber schnell die Frage, was die Europäische Union derzeit überhaupt noch zusammenhält? Die Antwort zu finden ist nicht schwer, es dürfte vor allem das liebe Geld sein. Denn von wenigen Nettozahlern abgesehen (worunter Deutschland der mit Abstand größte ist), erhalten die meisten EU-Staaten aus der Brüsseler Kasse am Ende des Tages mehr ausgezahlt, als sie selbst einzahlen mußten. Nicht zu unterschätzen ist – allerdings nur auf die Euro-Länder bezogen – auch die Funktion der Europäischen Zentralbank (EZB): Sie kauft „großzügig“ Staatsanleihen auch bereits maroder Länder auf und sorgt „zuverlässig“ für ein „Nahezu-Nullzins-Niveau“, was den jeweiligen Finanzministern das Leben ungemein erleichtert.
EU: Geld- bzw. Notenpresse ist der Kitt zwischen allen und allem
Es ist somit in gewisser Weise die Notenpresse, die die derzeitige EU zusammenhält. Es ist Geld, das geschaffen, aber nicht erwirtschaftet wurde und das auch von kommenden Generationen kaum verdient werden kann. In diese Rubrik wird auch das 750 Mrd.-Hilfsprogramm der EU-Kommission fallen. Dabei verwundert weniger die Sorglosigkeit, mit der auch diese Hypothek auf die Zukunft aufgenommen werden soll. Über fremdes Geld zu verfügen, fällt bekanntlich nicht nur in Brüssel leicht. Erstaunlich ist für manche Beobachter vielmehr die fehlende Eile, mit der dieses Programm derzeit vorangebracht wird. Es geht dabei offiziell schließlich um die „Rettung“ akut gefährdeter Wirtschaftsbereiche, wo drohende Insolvenzgefahren eigentlich eine möglichst schnelle Mittelbereitstellung erfordern würden. (tb)
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