Geklaute Zukunft: Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie

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Das Szenario, vor dem im Frühjahr letzten Jahres beständig gewarnt wurde – und das zur Hauptbegründung für alle Lockdown-Maßnahmen herhalten mußte –, war das einer Triage vor den deutschen Intensivstationen. Von einer Triage sprechen Mediziner stets dann, wenn die Zahl der hilfsbedürftigen Patienten die der verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten übersteigt und Ärzte und Pfleger sich gezwungen sehen zu entscheiden, wem man intensiv helfen kann und soll und wem leider nicht. Es ist eine zweifelsohne nicht wünschenswerte Situation, die das medizinische Personal, die Kranken und deren Angehörige gleichermaßen belastet.

Im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) sah man sich Anfang dieses Jahres zur Triage gezwungen. Allerdings nicht in der Intensivstation für schwere Corona-Fälle (diese war dem Vernehmen nach, wie überall in Österreich, zu keinem Zeitpunkt zu mehr als 60 % belegt), sondern in der Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Dies wurde Ende Januar 2021 in einem Beitrag zur ZIB-Nachrichtensendung des öffentlich-rechtlichen österreichischen Fernsehens ganz offen dargestellt. Darin hieß es u.a., daß vor allem Kinder und Jugendliche aus stabilen familiären Verhältnissen betroffen seien. Die jungen Menschen seien vor kurzer Zeit psychisch noch völlig gesund gewesen und litten nun unter Depressionen, akuter Selbstmordgefahr oder schweren Eßstörungen. In der Sendung wurde in diesem Zusammenhang von einer aktuellen Studie gesprochen, laut der inzwischen mehr als die Hälfte der österreichischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen an depressiven Symptomen leide. Die Zahl der schweren Fälle habe sich zudem nahezu verzehnfacht.

Der Leiter der Kinderpsychiatrie am Wiener AKH, Paul Plener, berichtete, daß für eine stationäre Behandlung inzwischen mit einer Wartezeit von bis zu drei Monaten gerechnet werden müsse. Ähnliche Tendenzen waren bzw. sind auch aus Deutschland zu vernehmen. In der Tübinger Kinder- und Jugendpsychiatrie sollen derzeit auf 60 verfügbare Plätze rund 100 Anfragen kommen, wie der Psychotherapeut Gottfried Maria Barth gegenüber dem ebenfalls öffentlich-rechtlichen Südwestfunk (SWR) sagte.

Im Windschatten des anhaltenden Corona-Lockdowns droht damit eine ganze Generation traumatisierter Kinder und Jugendlicher heranzuwachsen. Langfristige Probleme und schwere psychische Schäden drohen in einigen Jahren in einem vorher nicht bekannten Ausmaß zu einem Kennzeichen der angeblichen „neuen Normalität“ zu werden. Es ist eine Generation, die in anderem Zusammenhang vor etwa zwei Jahren von einem leicht autistischen schwedischen Kind (bzw. dessen Hintermännern und -frauen) angestachelt Sprüche von einer „geklauten Zukunft“ skandierte. Jetzt könnte dieser Vorwurf vielleicht zu Recht erhoben werden. Doch nun scheinen fast alle zum Schweigen verdonnert zu sein . . . (tb)


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