Finanzämter und Digitalisierung

von , 02.03.2019, 11:21 Uhr

Die fortschreitende Digitalisierung wird mittelfristig die Aufgabenerledigung in den Finanzämtern tiefgreifend verändern, das zeichnet sich jetzt schon ab. Die Finanzverwaltung verspricht sich von dieser Entwicklung eine Verbesserung der Arbeitsqualität und einen geringeren Ressourceneinsatz.

Derzeit liegt bei der IT-Unterstützung der Finanzämter noch Vieles im Argen. Für eine Reihe von Arbeitsbereichen gibt es nach wie vor keine funktionierenden Programme, um die Sachbearbeiter bei ihrer Arbeit zu entlasten. Anstelle einer durchgängigen IT-Unterstützung der Arbeitsabläufe wird in umständlichen Verfahren häufig weiterhin mit Papier gearbeitet. Dementsprechend sind viele Informationen, die papiergebunden in den Finanzämtern bereits vorliegen, den Sachbearbeitern nicht bekannt und werden bei den zu treffenden Entscheidungen nicht berücksichtigt.

Es gibt allerdings Bereiche, in denen die IT-Unterstützung der Finanzverwaltung funktioniert und die weiter ausgebaut werden sollen. Steuererklärungen beispielsweise können bei den Finanzämtern in Papierform und in elektronischer Form per ELSTER (Elektronische Steuererklärung) abgegeben werden. ELSTER ist ein Projekt der Steuerverwaltungen aller Bundesländer und des Bundes zur Abwicklung der Steuererklärungen und der Steueranmeldungen über das Internet. 

Quote elektronischer Steuererklärungen soll erhöht werden      

Eine vollständig papierlose Steuererklärung über ELSTER ist derzeit jedoch nur bei einer authentifizierten Übermittlung der Steuerdaten möglich. Ansonsten ist zusätzlich zur elektronischen Übersendung der Steuerdaten die Abgabe eines mit Unterschrift versehenen Ausdrucks, der sogenannten komprimierten Steuererklärung, erforderlich. Die Finanzämter lassen die in Papier abgegebenen Steuererklärungen einscannen, damit die Daten anschließend den Sachbearbeitern in elektronischer Form zur Verfügung stehen. 

Trotz aller Bemühungen der Finanzverwaltung, die „ELSTER-Quote“ z. B. durch die Verpflichtung zur elektronischen Abgabe zu erhöhen, lag der Anteil in Papier vorgelegten Steuererklärungen in den letzten Jahren immer noch bei etwa 36 Prozent. Die Finanzverwaltung erhofft sich langfristig Einsparungen in Millionenhöhe, wenn sich die Quote der elektronisch abgegebenen Steuererklärungen weiter erhöht und damit die Kosten für das Einscannen zurückgehen.

Immer mehr Steuerfälle sollen automatisiert bearbeitet werden   

Bei der Veranlagung der Steuerfälle stützen sich die Finanzämter zunehmend auf ein Risikomanagementsystem, das elektronisch gesteuert wird. Das Risikomanagementsystem überprüft die Daten elektronisch auf Steuerausfallrisiken. Gegebenenfalls steuert es den Fall aus und die Sachbearbeiter prüfen punktuell die betreffenden Sachverhalte. Weitergehende steuerfachliche Prüfungen sollen regelmäßig nicht durchgeführt werden. 

Vollumfängliche personelle Prüfungen finden lediglich bei Fällen eines hohen Risikos und einer zufällig ausgewählten Zahl von Steuerfällen statt. Sie stellen mit einem Anteil von 4 Prozent aller Fälle die Ausnahme dar. Erkennt das Risikomanagementsystem bei der elektronischen Veranlagung keinen Fall eines hohen Steuerrisikos und liegt auch keine Zufallsstichprobe vor, wird der Steuerbescheid ohne wesentliche personelle Mitwirkung erstellt und versendet. Dies betraf in den letzten Jahren etwa 7 Prozent aller Einkommen- und über 14 Prozent aller Umsatzsteuererklärungen. Die Steuerverwaltung strebt eine Erhöhung dieser „Autofall-Quoten“ an, indem das Risikomanagementsystem zielgerichteter gestaltet und angewendet werden soll.

Freiwerdendes Personal soll zur Verbesserung der Arbeitsqualität eingesetzt werden

In Zukunft sollen die Steuerfälle konsequenter in Risikoklassen eingeteilt werden. Infolge dieser Entwicklung und der damit eingehenden Konzentration auf die Bearbeitung der risikobehafteten Sachverhalte wird sich der personelle Bearbeitungsaufwand im Veranlagungsbereich mindern. Die entsprechenden Personalressourcen sollen u. a. dafür genutzt werden, die Arbeitsqualität zu verbessern. In der Vergangenheit waren bei Überprüfungen immer wieder hohe Fehlerquoten bei der Sachbearbeitung festgestellt worden, und das bei nahezu allen Steuerarten. Eine Erhöhung der Arbeitsqualität wäre vor diesem Hintergrund insofern höchst wünschenswert und käme auch den Steuerzahlern zugute.      

Entwicklung einer elektronischen Akte

Im Vorhaben Koordinierte Neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung (KONSENS) entwickeln die Bundesländer zusammen mit dem Bund eine einheitliche Software für das Besteuerungsverfahren. Hierzu gehört auch eine elektronische Akte für die Steuerverwaltung. Diese soll nicht auf einzelne Arbeitsbereiche beschränkt sein, sondern grundsätzlich den gesamten Datenbestand zu einem Steuerkonto umfassen. Sie soll sukzessive die Papierakte ersetzen. Bis wann mit ihrem Einsatz zu rechnen ist, ist allerdings derzeit noch nicht absehbar.

Digitalisierung wird flexiblere Arbeitsformen möglich machen

Im Zuge der zunehmenden IT-Unterstützung wird die räumliche Bindung an den Papieraktenbestand in den Finanzämtern nach und nach entfallen. Durch die elektronische Akte wird es den Sachbearbeitern künftig möglich sein, die Daten der Steuerfälle grundsätzlich überall einzusehen und zu bearbeiten. Flexible Arbeitsformen wie Tele- und Heimarbeit können dann umfassender in Anspruch genommen werden. 

Angesichts dieser Entwicklung gehen die Finanzämter davon aus, dass der Bedarf an Büro- und Archivräumen sich in Zukunft mindern wird. Die Finanzverwaltung will zeitnah die sich aus dem wandelnden Arbeitsumfeld erwachsenden organisatorischen Konsequenzen ziehen, um die sich aus der Digitalisierung ergebenden Herausforderungen zu bewältigen. Dem kann man nur zustimmen, liebe Leserinnen und Leser, meint 

Ihr
Gotthilf Steuerzahler
Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.

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