EZB: Zinssenkung steht unmittelbar bevor

von , 29.05.2024, 14:43 Uhr

Zinssenkung steht unmittelbar bevor

von Katharine Neiss, Chief European Economist bei PGIM Fixed Income

Wir halten eine Zinssenkung im Juni für weitgehend „sicher“, da die EZB-Vertreter eine klare Richtung vorgegeben haben. Einige frühere Zinserhöhungen dienten als „Versicherung“, um eine Lohn-Preis-Spirale zu verhindern. Da nun sichergestellt ist, dass die Löhne sinken, kann diese Absicherung entfallen.

Allerdings ist die Datenlage nach wie vor uneindeutig, ob die im Inland generierte Inflation wieder ein Niveau erreicht hat, bei dem die Gesamtinflation dauerhaft bei 2 % liegt. Wir gehen daher davon aus, dass Zinssenkungen zwar unmittelbar bevorstehen, diese aber nur in begrenztem Umfang und schrittweise erfolgen werden.

English version:

We see a June cut as largely ‘in the bag’ given the strong forward guidance from ECB policymakers. Some previous rate rises were ‘insurance hikes’ to stop a wage-price spiral from taking hold. Having been reassured that wages are now easing, that insurance can be removed. That said, the data are still murky as to whether domestically generated inflation has returned to a level that leaves headline inflation sustainably at 2%. So, although we see rate cuts as imminent, we expect these to be limited and gradual thereafter.

Die Prognosen für eine Senkung im Juni sind zu stark, um sie noch zu ändern

von Tomasz Wieladek, Chief European Economist bei T. Rowe Price

Die EZB wird den Zins im Juni sehr wahrscheinlich senken. Obwohl das Lohnwachstum im ersten Quartal 2024 entgegen den Erwartungen auf 4,7 % gestiegen ist, sind die Prognosen für eine Senkung im Juni zu stark, um sie noch zu ändern. Der Indeed-Lohnindex weist auf ein konstantes Lohnwachstum von 3% hin, was einen vorsichtigen Ansatz bei den Zinssenkungen ab Juni bei jeder zweiten Sitzung bedeuten könnten.

Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten der Eurozone unterscheiden sich von den USA. Die VPI in den USA ist durch die expansive Fiskalpolitik nachfragebedingt, während die Inflation im Euroraum auf einen abklingenden Energiepreisschock zurückzuführen ist. Wenn sich die Einzelhandelspreise für Energie dem Marktniveau annähern, wird ein starker disinflationärer Impuls den Inflationsdruck abschwächen und die EZB kann die Zinsen senken.

Trotz dieser makroökonomischen Fundamentaldaten folgten die Zinssenkungserwartungen der EZB denen der USA, was die Gefahr einer übermäßigen Anspannung der Finanzmärkte und einer möglichen Unterschreitung des Inflationsziels der EZB birgt. Die EZB will die Zinserwartungen durch eine Senkung im Juni von der US-Kurve abkoppeln.

English version:

The ECB will certainly cut the policy rate in June. Although negotiated wage growth rose to 4.7% in Q1 2024, against expectations of a decline, forward guidance for a June cut is too strong to change now. Indicators like the Indeed wage index suggest wage growth consistent with 3%, supporting a cautious approach to rate cuts, likely at every other meeting from June onwards. Economic fundamentals in the Euro Area differ from the US. US CPI inflation is demand-driven due to expansive fiscal policy, while Euro Area inflation stems from an energy supply shock, now waning. As retail energy prices converge to market levels, a strong disinflation impulse will weaken inflation pressures, enabling the ECB to cut rates. Despite these macroeconomic fundamentals, ECB rate cut expectations followed the US, risking overly tight financial conditions and potential inflation undershoot below the ECB’s target. Therefore, the ECB aims to decouple Euro Area expectations from the US yield curve by delivering a cut in June.

Redaktion

Die Redaktion von Nachrichten-Fabrik.de veröffentlicht eigene Beiträge zu Finanzen, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Aber auch Gastbeiträge und Pressemitteilungen werden an dieser Stelle veröffentlicht.


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