EZB wird die Turbulenzen im US-Bankenwesen ignorieren und die Zinsen um 50 Basispunkte erhöhen

von , 15.03.2023, 01:10 Uhr

Marktkommentar von Tomasz Wieladek, Chefvolkswirt für Europa bei T. Rowe Price. Trotz der Marktturbulenzen im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der SVB halte ich es für wahrscheinlich, dass auf der EZB-Sitzung in dieser Woche eine Anhebung um 50 Basispunkte angekündigt wird. Die Gründe dafür sind folgende:

Erstens haben die Daten zur Kerninflation nach dem Verbraucherpreisindex deutlich nach oben überrascht. Viele Beobachter gehen nun davon aus, dass die Kerninflation auf dem derzeitigen Niveau verharrt, und einige sind der Meinung, dass sie noch vor dem Sommer 6 % erreichen könnte, woraufhin die VPI-Inflation wahrscheinlich nach unten drehen wird. Diese erhöhten Spot-Inflationsdaten werden die EZB trotz der derzeitigen Marktinstabilität in einer restriktiven Haltung halten.

50 Basispunkte sind ein wichtiges Signal für die Märkte

Es gibt auch wichtige Gründe für die Finanzstabilität, warum die EZB diese Woche an einer Anhebung um 50 Basispunkte festhalten sollte. Präsidentin Lagarde stellte zwar klar, dass die „Absicht“, die Zinsen um 50 Basispunkte anzuheben, keine Vorfestlegung sei, betonte aber auch, dass es ein extremes Szenario erfordern würde, damit die EZB dieser Absicht nicht nachkäme.

Wenn die EZB die Zinsen um 25 Basispunkte anhebt, wäre dies ein Signal an die Finanzmärkte, dass die Banken im Euroraum für ähnliche Risiken anfällig sein könnten wie das US-Bankensystem. Die EZB muss sich an ihr zuvor kommuniziertes Drehbuch halten, wenn sie den Markt nicht verschrecken will.

Marktkommentar zur anstehenden Sitzung der EZB von Tomasz Wieladek, Chefvolkswirt für Europa bei T. Rowe Price
Marktkommentar zur anstehenden Sitzung der EZB von Tomasz Wieladek, Chefvolkswirt für Europa bei T. Rowe Price

Die Aussichten für den Euroraum haben sich jedoch verschoben

Wie so oft gibt es viele komplizierende Faktoren, wenn wir in die Zukunft blicken. Die mittelfristigen Inflationserwartungen sind von 3 % auf 2,5 % gesunken, was die Ansicht der Befürworter stützen wird, dass die Geldpolitik bereits straff genug ist.

Was die Haushalte im Euroraum betrifft, so ist das makrofinanzielle Ökosystem bereits etwas unter Druck geraten. Die Kreditnachfrage und die Kreditkonditionen für Unternehmen haben sich jedoch nicht annähernd so stark verschlechtert wie in früheren Abschwüngen.

Schließlich könnte jede Ansteckung der SVB auf das europäische Bankensystem zu einer Kreditklemme führen, welche die Wirtschaft in eine Rezession stürzen würde. Und schließlich besteht das Risiko eines weiteren Anstiegs der Gaspreise im Sommer, wenn die Länder normalerweise ihre Lager für den Winter auffüllen. Diese Faktoren bedeuten, dass sich die EZB meiner Meinung nach in Bezug auf ihre künftige geldpolitische Ausrichtung deutlich vager ausdrücken wird – sie könnte sogar sagen, dass sie zu einem datengesteuerten Ansatz übergeht (um eine Anleihe aus der Fed-Sprache zu nehmen).

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