Ein Bundesland fördert seit Jahren Forschungs- und Entwicklungsvorhaben von gewerblichen Unternehmen, Hochschulen und sonstigen Forschungseinrichtungen aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE). In dem Zeitraum 2015 bis 2019 wurden in über 400 Förderfällen Zuschüsse in Höhe von insgesamt 146 Millionen Euro bewilligt. Ein Gutachter hat die Innovationsförderung näher untersucht und dabei erhebliche Schwachstellen festgestellt.
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Die für die Förderung geltende Richtlinie sieht Höchstsätze vor, die nicht überschritten werden dürfen. Diese Höchstsätze reichen von 25 Prozent für experimentelle Entwicklung über 50 Prozent für industrielle Forschung bis zu 100 Prozent für Forschungseinrichtungen. In seinen jährlichen Bewirtschaftungserlassen ordnet das Finanzministerium des betreffenden Bundeslandes darüber hinaus für alle Förderbereiche Folgendes an: „Soweit in Förderrichtlinien Höchstsätze festgelegt worden sind, dürfen diese nicht als Regelfördersatz behandelt werden.“
An diese Vorgaben müssen sich die für die Förderung zuständigen Behörden bei der Antragsprüfung und allen folgenden Verfahrensschritten halten. Das Ergebnis der Antragsprüfung ist in einem Vermerk festzuhalten, der auf die Notwendigkeit und Angemessenheit des Zuschusses eingehen soll.
Fast immer wurde der Höchstfördersatz bewilligt
Der Gutachter hat sich 42 der über 400 Förderfälle genauer angesehen. Dabei hat er festgestellt, dass die zuständige Behörde in 41 der 42 näher untersuchten Fälle den Höchstfördersatz bewilligt hatte. Entgegen den Vorgaben des Finanzministeriums hat sie somit den Höchstfördersatz zum Regelfördersatz gemacht. Einzelfallbezogene Entscheidungen über die notwendige Höhe der Fördersätze unterblieben, jedenfalls waren sie nicht dokumentiert. Das für die Innovationsförderung verantwortliche Landeswirtschaftsministerium hat dazu ausgeführt, dass die in der Richtlinie festgelegten Fördersätze halt zu Gunsten der Zuschussempfänger ausgeschöpft worden seien.
Ausnahmen beim Höchstbetrag der Förderung
Die Förderrichtlinie regelt nicht nur die Fördersätze, sondern legt auch Höchstbeträge für die Förderung fest. Allerdings ist es dem Landeswirtschaftsministerium erlaubt, in besonders begründeten Einzelfällen Ausnahmen bei den Förderhöchstbeträgen zuzulassen. Die Ausnahmegründe sind zu dokumentieren. Nach den Feststellungen des Gutachters wurden in fünf Fällen insgesamt 32,4 Millionen Euro statt der nach der Förderrichtlinie höchstens zulässigen 9,5 Millionen Euro im Wege der Ausnahmeentscheidung bewilligt. Begründet wurden die Ausnahmen damit, dass sie aus wirtschafts- und technologiepolitischer Sicht zu befürworten waren. Derlei Allgemeinplätze stellen keine Begründung dar. Damit bleibt unklar, warum einige Zuschussempfänger mehr profitierten als andere. Jede Ausnahme verletzt den Gleichheitsgrundsatz und begünstigt Wettbewerbsverzerrungen.
Unzureichende Korruptionsprävention
Die Arbeitsgebiete der Verwaltung sind unterschiedlich korruptionsgefährdet. Besonders anfällig für Korruption sind Bereiche, in denen Zuschüsse bewilligt werden. Zur Korruptionsprävention ist u. a. das Mehr-Augen-Prinzip anzuwenden. Unerlässlich ist hierbei die Funktionstrennung; die an der Entscheidung beteiligten Bediensteten sollen nicht derselben Arbeitseinheit angehören. Nach den Feststellungen des Gutachters war dies bei der Innovationsförderung nicht durchgängig sichergestellt, da in einigen Fällen die Beteiligten in einem Über-/Unterordnungsverhältnis zueinander standen. Das Bundesland wurde aufgefordert, seine Korruptionsprävention umzustrukturieren, jedenfalls dann, wenn es um Zuschüsse in Millionenhöhe geht.
Ungenügende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
Die haushaltsrechtlichen Vorschriften verlangen, dass für alle finanzwirksamen Maßnahmen angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen sind, und zwar sowohl in der Planungsphase neuer Maßnahmen als auch bei deren Durchführung und schließlich auch nach deren Abschluss. Die für die Innovationsförderung erstellten Unterlagen genügten diesen Anforderungen nicht.
Dies ist nicht verwunderlich, denn Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind in der öffentlichen Verwaltung unbeliebt und werden häufig nur oberflächlich durchgeführt. Das hängt damit zusammen, dass es bei vielen Förderungen keine Ziele gibt, deren Erreichen oder Nichterreichen festgestellt werden kann. Vielfach geht es dem Staat nur darum, einzelnen Bereichen etwas Gutes zu tun. Der „Erfolg“ der Förderung besteht in diesen Fällen darin, dass Geld ausgegeben worden ist, liebe Leserinnen und Leser, sagt bekümmert
Ihr
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com
Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.