Derzeit stellt Deutschland jährlich mehr als zehn Milliarden Euro für Entwicklungshilfe zur Verfügung (politisch korrekt muss man heute „Entwicklungszusammenarbeit“ sagen). Ein Blick auf einzelne Fördermaßnahmen zeigt, dass gelegentlich recht großzügig mit dem vielen Geld umgegangen wird. Dies belegt eine aktuelle Studie, die sich mit der Finanzierung eines Expertendienstes näher befasste.
Inhalt
Der Expertendienst leistet in Partnerländern der Entwicklungszusammenarbeit Hilfe zur Selbsthilfe, indem er deutsche Ruheständler anwirbt und diese auf ehrenamtlicher Basis entsendet. So soll branchenübergreifend die Qualifizierung von Fach- und Führungskräften in kleinen und mittleren Unternehmen sowie in der öffentlichen Verwaltung in den Partnerländern unterstützt werden. Der Expertendienst bezeichnet sich als die größte deutsche Ehrenamts- und Entsendeorganisation für Fach- und Führungskräfte im Ruhestand. Er erhielt in letzter Zeit jährlich mehr als 9 Millionen Euro vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Erhöhungen für die Zukunft sind geplant.
Für jeden Auslandseinsatz der Ruheständler fallen Projektbearbeitungs-, Flug- und lokale Kosten an. Die Kosten vor Ort werden regelmäßig vom ausländischen Partner getragen. Die Projektbearbeitungskosten sowie die internationalen Reisekosten werden hingegen aus den Fördermitteln gedeckt, mit welchen das BMZ den Expertendienst unterstützt.
Aus überschüssigen Mitteln wurden Gewinnrücklagen gebildet
Der Expertendienst finanziert sich größtenteils durch Zuschüsse der öffentlichen Hand. Nach und nach bildete er Gewinnrücklagen, was mit den Förderbedingungen nicht vereinbar war. Die überschüssigen Mittel hätten vorrangig für den Förderzweck eingesetzt werden müssen. Nunmehr verhandelt das BMZ mit dem Expertendienst über eine freiwillige Rückzahlung der überschüssigen Mittel. Mit dem Expertendienst wurde vereinbart, dass dieser im Jahr 2020 freiwillig 500.000 Euro als Eigenmittel einbringen wird. Mit dem Gedanken, die Zuschüsse einfach zu kürzen, bis die Rücklagen aufgebraucht sind, konnte sich das BMZ nicht anfreunden.
Zu viele Regionalbüros des Expertendienstes
Der Expertendienst unterhält zur Erfüllung seiner Aufgaben neben der Hauptstelle 20 regionale Büros in Deutschland. Er gibt an, diese Büros für die Öffentlichkeitsarbeit in der jeweiligen Region zu benötigen. Dazu gehörten die Bekanntmachung des Expertendienstes bei regionalen und überregionalen Akteuren, die Pressearbeit sowie die Gewinnung der Experten. In der erwähnten Studie wird vorgeschlagen, die Regionalbüros aufzulösen oder deren Zahl deutlich zu verringern. Experten könnten auch durch die Hauptstelle angeworben und betreut werden. Das BMZ ist der Auffassung, der regionale Ansatz sei die Grundlage für die erfolgreiche Arbeit des Expertendienstes und deshalb unverzichtbar. Dabei verlieren Regionalbüros im Zeitalter der Digitalisierung und des Einsatzes moderner Kommunikationsmittel zunehmend an Bedeutung.
Die Nebenkostenpauschale war viel zu hoch
Der Expertendienst erhielt in den letzten Jahren über eine Nebenkostenpauschale 2,5 Millionen Euro, denen keine tatsächlichen Ausgaben gegenüberstanden. In der Studie wird kritisiert, dass der Expertendienst es dem BMZ nicht mitgeteilt hat, dass die Pauschale zu hoch angesetzt war, ja sogar für neue Maßnahmen eine Erhöhung der Pauschale gefordert habe. Die Verfasser der Studie schlagen vor, die Nebenkostenpauschale durch eine detaillierte Abrechnung der Nebenkosten zu ersetzen und zu viel gezahlte Nebenkosten von 2,5 Millionen Euro vom Expertendienst zurückfordern. Das BMZ will nicht gegen den Expertendienst vorgehen, es hält die Erfolgsaussichten für eine Rückforderung für gering.
Einige ehrenamtliche Repräsentanten verdienten sich eine goldene Nase
Über 180 Repräsentanten vor Ort unterstützen den Expertendienst in mehr als 90 Ländern. Ihre Hauptaufgabe ist die Vermittlung der Experten in die Unternehmen in den Partnerländern. Die Repräsentanten sind ehrenamtlich tätig und erhalten für jeden Einsatz, an dem sie mitgewirkt haben, eine Pauschale sowie ggf. Reisekosten. Im Durchschnitt beliefen sich die Zahlungen auf 3.300 Euro je Repräsentant. Es gab jedoch auch einzelne Spitzenverdiener unter den Repräsentanten. Der höchstbezahlte Repräsentant, der zugleich die meisten Vermittlungen vornahm, erhielt mit 39 600 Euro insgesamt mehr als das 13-fache des durchschnittlichen Jahreseinkommens im Entsendeland.
In der Studie wird kritisiert, dass einige Repräsentanten ihre ehrenamtliche Tätigkeit zum Beruf gemacht haben. Das System solle auf eine Aufwandsentschädigung umgestellt werden, zusätzlich sollten die Zahlungen je nach Kaufkraft des Einsatzlandes gedeckelt werden. Das BMZ will die Aufwandsentschädigung neu regeln und erbrachte Leistung sowie Länderspezifika berücksichtigen.
Die Ursachen für gelungene Entwicklungen sollten untersucht werden
Spötter sagen, Entwicklungshilfe bestehe darin, das Geld der armen Leute in den reichen Ländern zu nehmen, um es an die reichen Leute in den armen Ländern zu verteilen. Der vorstehend geschilderte Fall der Repräsentanten belegt, dass diese Überspitzung mehr als nur ein Körnchen Wahrheit enthält.
Statt immer mehr Geld für Entwicklungsmaßnahmen zu fordern, sollten die politisch Verantwortlichen in unserem Land lieber einmal untersuchen lassen, weshalb es einzelnen Ländern gelungen ist, fast ohne Entwicklungshilfe das westliche Wohlstandsniveau zu erreichen, während andere kaum Fortschritte bei ihrer Entwicklung gemacht haben. Einige stellen heute Handys und Computer her, andere exportieren nach wie vor nur Kakao und Erdnüsse. Woran das nur liegen kann, fragt sich ratlos
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com
Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.