Deutschland, das Land der Dichter, Denker und Zweifler – Warum in Deutschland so wenig gegründet wird

von , 10.01.2019, 11:17 Uhr

Laut aktuellem Global Entrepreneurship Monitoring Report wird in Deutschland zwar wieder mehr gegründet, allerdings sind wir weiterhin das Schlusslicht Europas – vom Rest der Welt ganz zu schweigen. Gründe für das „Nichtgründen“ sind laut Selbsteinschätzung vieler Deutscher mangelndes Wissen. Besonders für Gründerinnen fehlen laut dem Verband deutscher Unternehmerinnen gute Vorbilder.

Key Findings des aktuellen Global Entreneurship Monitoring Reports

Am aktivsten sind Gründer in Lateinamerika und der Karibik. 18,5 Prozent aller Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter befinden sich in den ersten 3,5 Jahren einer Unternehmensgründung. Im Vergleich dazu sind es in ganz Europa nur 8,1 Prozent aller Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter.

Weltweit gründen immer noch mehr Männer als Frauen. Jedoch haben Frauen im Vergleich zur Vorjahresstudie um 6 Prozent aufgeschlossen – die Lücke schließt sich also langsam. Die Ausnahme bilden Ecuador, Vietnam und Brasilien, denn dort gibt es bereits mehr Gründerinnen als Gründer. In Latein- und Nordamerika ist die Gründerinnenrate mit 16,7 bzw. 12,8 Prozent am höchsten. Im internationalen Vergleich liegt Europa mit einer Gründerinnenquote von nur 6,1 Prozent weit zurück. Mit dem Alter hat eine Firmengründung allerdings nichts zu tun; sowohl die Altersgruppe der 25-34-Jährigen als auch die der 35-44-Jährigen sind gleichermaßen aktiv.

Gründer in Deutschland trotz guter Voraussetzungen noch sehr zaghaft

Seitdem die Studie vor fast 20 Jahren zum ersten Mal erhoben wurde, „glänzt“ Deutschland im internationalen Vergleich mit einer sehr niedrigen Gründungsrate. Dieser „schlafende“ Unternehmergeist wacht nur sehr langsam auf. Während in vergleichbaren Ländern – wie Kanada oder Estland – etwa 20 Prozent aller erwerbstätigen Erwachsenen in Start-ups arbeiten, lag der Anteil 2017 in Deutschland bei weniger als 6 Prozent. Und das, obwohl es im Vergleich zum Vorjahr bereits einen Anstieg von 0,7 Prozent gab. Im Vergleich dazu ist die Rate der Unternehmensgründer im selben Alter in der Bevölkerungsgruppe von in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund deutlich höher (über 6 Prozent).

Obwohl es in Deutschland strukturell sehr gute Voraussetzungen für Unternehmensgründer gibt und deren soziales Ansehen hoch ist, mangelt es laut Selbsteinschätzung der befragten Deutschen an Erfahrung, um ein Unternehmen zu gründen und zu leiten. Gerade einmal 37 Prozent aller Studienteilnehmer glauben, das nötige Wissen zu besitzen. Im Vergleich zu anderen innovationsgetriebenen Ländern ist dieser Wert äußerst niedrig. 

Daraus ist zu schließen, dass deutsche Gründer besonders vorsichtig sind. Haben sie einmal ein Unternehmen gegründet, konzentrieren sie sich fast ausschließlich auf den Binnenmarkt. Nur zwei Prozent aller deutschen Start-ups, die von deutschen Staatsbürgern geführt werden, gehen von Verkaufszahlen im Ausland von mindestens 75 Prozent aus. Von allen innovationsgetriebenen Ländern ist das der niedrigste Wert. 

Wie sieht es mit Gründerinnen aus?

Laut GEM-Report ist der Entrepreneurs-Gap in innovationsgetriebenen Ländern wie Deutschland zwischen Frauen und Männern höher als in weniger entwickelten Ländern. In Deutschland, wo der Unternehmergeist allemal als „vorsichtig“ beschrieben werden kann, fehlen die richtigen Vorbilder für weibliche Unternehmer und erfolgreiche Gründerinnen. Auch mangelt es an Möglichkeiten, ein Start-Up im technischen Bereich zu gründen. 

Der typische deutsche Gründer bleibt daher erst einmal männlich und um die 40 – ein Alter, in dem viele Frauen bedingt durch Familienplanung – wenn überhaupt – nur Teilzeit arbeiten. Um die rückläufige Gründerinnenquote in Deutschland ins Gegenteil zu kehren, fordert der Verband deutscher Unternehmerinnen bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine stärkere Förderung von Frauen als Rollenvorbilder für andere Gründerinnen sowie die Förderungen von Frauen in MINT-Berufen.

Hintergrund zur GEM-Langzeitstudie

Die weltweite Studie befasst sich mit der Fragestellung „Warum es in einigen Ländern einen stärker ausgeprägten Unternehmergeist gibt als in anderen Ländern. Die Langzeitstudie wird seit 19 Jahren durchgeführt und untersucht sowohl die Einstellung zu Unternehmensgründungen sowie den Rahmenbedingungen, die Gründer in ihrem Land vorfinden. 

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