Auf den ersten Blick klingt das Vorhaben der EU-Spitzen, den Mitgliedsstaaten mit einem 1500 Mrd. € starken Förderprogramm unter die Arme zu greifen, recht gut. Doch mancher altgediente EU-Beobachter weist schon jetzt auf die möglichen Tücken dieses Programms hin.
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Green Deal vor Arbeitsplatzsicherung?
Die Verwaltung des Geldes soll nämlich der EU-Kommission unterliegen, die bei dieser Aufgabenstellung nach Auffassung kritischer Stimmen bereits in der Vergangenheit in den meisten Fällen keine gute Figur machte. Die von ihr aufgelegten Förderprogramme zeichneten sich meistens durch eine komplizierte und zeitraubende Abwicklung aus und erreichten nicht zuletzt deshalb in vielen Fällen kaum die angestrebten Ziele.
Bedenklich stimmt manche Brüsseler Beobachter auch die Tatsache, daß sich die EU-Kommission über ihre neue Vorsitzende Ursula von der Leyen (CDU) erst vor kurzem einem ebenfalls Billionen-schweren „Green Deal“ verschrieben hat, mit dem ein – kurz gesagt – „ökologisch-korrekter“ Umbau der Wirtschaft vollzogen werden soll. Nun wächst die Befürchtung, daß auch das zusätzliche „Corona-Hilfsprogramm“ den daraus erwachsenden Forderungen strikt unterstellt werden könnte. „Grüne Aspekte“ könnten dann bei vielen Förderentscheidungen Vorrang vor z.B. Fragen der Arbeitsplatzsicherung haben.
Werden aus der EWG Lehren gezogen?
Wie die von den Kritikern befürchtete Entwicklung aussehen könnte, zeigt ein Blick auf den ehemals eher kleinteilig organisierten landwirtschaftlichen Sektor Frankreichs, der – wie in Deutschland auch – seit dem Start der EWG im Jahr 1958 mit „Geld aus Brüssel“ beglückt wurde. Doch von dem ursprünglichen Ziel einer Erhaltung der bestehenden Strukturen ist in der Grande Nation nichts mehr wahrzunehmen. Seit 1958 ist in Frankreich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von rund 2 Millionen auf nur noch 400 000 gesunken und noch immer schließen wöchentlich 150 bis 200 meist kleinere Bauern ihren Betrieb für immer. Die „Großen“ (die oft in Form von Kapitalgesellschaften organisiert sind) stehen dann bereit für die Übernahme von Flächen und Viehbeständen. Es sind nach modernen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen organisierte und wirtschaftlich kräftige Betriebe, die im Regelfall ohne Subventionen auskommen sollten. Doch gerade sie erhalten diese.
Euro-Bonds rücken wieder in den Fokus
Denn es sind meistens nur die Großbetriebe, die sich auf die Subventionsanträge spezialisierte Mitarbeiter oder entsprechende freie Berater leisten können. Und Genauigkeit fordert man bei der EU: Schon ein teilweise fehlerhaft ausgefülltes Formular kann jede Subventionsaussicht zunichtemachen. Es bleibt die grundsätzliche Frage nach der Finanzierung der „EU-Hilfsbillionen“. Die ins Spiel gebrachte Anleiheherausgabe durch die EU-Kommission selbst scheidet bislang jedenfalls aus, weil diese keine Schulden eingehen darf. Deshalb rücken nun wieder Euro-Bonds in den Fokus, die jetzt zwar „Corona-Bonds“ heißen könnten, die aber das süße Gift einer (laut Maastricht-Verträgen nach wie vor untersagten) Schuldenvergemeinschaftung im Euroraum in sich bergen.
Schuldenunion: Deutschland und Österreich skeptisch
In z.B. Deutschland und Österreich blickt man deshalb mit großer Skepsis auf derartige Pläne. Und wie sollen dann diejenigen EU-Staaten gefördert werden, die sich nicht dem Euro-Verbund angeschlossen haben? Unverdrossen geht währenddessen das EZB-Anleihekaufprogramm voran. Die „Gelddruckmaschine“ läuft auf Höchsttouren und schon bald könnten auch Anleihen angekauft werden, die – wie man sagt – kaum das Papier wert seien, auf dem sie gedruckt sind. Das „Jonglieren mit Milliarden“, fürchten immer mehr Beobachter, ist noch längst nicht beendet. (tb)
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