Die von US-Präsident Donald Trump kürzlich vorgetragene „Kaufabsicht“ für die größte Insel der Erde, dem zu Dänemark gehörenden Grönland, nebst seiner diplomatisch gewiß ungeschickten Reaktion auf Kopenhagens ablehnende Antwort wurde von den im Hinblick auf Trump eindeutig gepolten Medien sogleich als weiteres Indiz für dessen „Unzurechnungsfähigkeit“ gewertet. Gestatten Sie, sehr geehrte Damen und Herren, daß wir nicht in diese Kerbe schlagen, sondern das Thema Grönland einmal aus anderer, geopolitischer Warte betrachten.
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Kauf von Grönland: Im Kern geht es um China
Es geht dabei in letzter Konsequenz um die in vielen Bereichen zunehmende Rivalität zwischen den USA und der Volksrepublik China. Nicht zuletzt deshalb ist man in Peking seit einiger Zeit bemüht, sich einen Stützpunkt in der Arktis zu schaffen. Es geht dabei angesichts einer möglichen (aber wohl in erster Linie nicht menschengemachten) Erderwärmung nicht nur um die damit verbundenen, militärstrategischen Vorteile, sondern auch um die im arktischen Raum vermuteten – und teilweise bereits nachgewiesenen – Bodenschätze. Trumps gegenüber Kopenhagen zum Ausdruck gebrachte Grönland-Kaufabsicht richtete sich deshalb auch nur vordergründig an die dänische Regierung. Sie war und ist in erster Linie an die chinesische Führung gerichtet, als Hinweis, daß die USA fest entschlossen sind, ihre Claims im äußersten Norden abzustecken und daß sie dabei ein Fußfassen Chinas nach Möglichkeit verhindern wollen.
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In Militärkreisen ist die hohe strategische Bedeutung Chinas im übrigen seit Jahren bekannt, und die deutsche Kapitänleutnantin Laura Ohlendorf brachte es bereits vor dreieinhalb Jahren auf den Punkt: „Grönland könnte, neben der geostrategischen Alternative Island, eine mögliche Basis für einen chinesischen Arktis-Stützpunkt sein“. Diese Auffassung teilt man offensichtlich auch im Pentagon, wie in den letzten Jahren vor allem die zahlreichen Manöver von US-U-Booten im nördlichen Eismeer immer wieder zeigten.
China hat besser Beziehungen zu Grönland als die USA
Noch ist Grönland zwar innenpolitisch weitgehend souverän, aber außenpolitisch strikt an Dänemark gebunden. Doch die Geschichte zeigte immer wieder, daß derartige Konstellationen schnell ein Ende haben können und die betreffenden Regionen dann oft in außenpolitisch vollkommen neue Konstellationen und damit andere Abhängigkeiten geraten. Und genau dann könnte Peking seine bereits jetzt guten Beziehungen zu Grönland auch in geostrategischer Hinsicht ausnutzen (zurzeit geht es dem rohstoffhungrigen China vor allem um die Bodenschätze und um eine auch denkbare „polare Seidenstraße“).
Ewige politische Eizeit …
Daß die darob in Washington herrschenden Ängste nicht weit hergeholt sind, zeigt im übrigen auch der Ausgang der letzten Wahlen in Grönland, bei denen die nach völliger Unabhängigkeit strebenden Kräfte eine deutliche Stärkung erfuhren. Noch stoßen die von China angestrebten Investitionen in Grönland oft auf ein dänisches Veto, das dieses Eiland mit jährlich umgerechnet 500 Mio. US-Dollar unterstützt.
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Sollten diese Zahlungen im Zuge einer zunehmenden Unabhängigkeit ausbleiben, stände Peking gewiß bereit, diese für seine Verhältnisse eher kleine Summe zu übernehmen. Unabhängig vom aktuellen Ärger verhandeln die Außenminister Dänemarks und der USA deshalb weiterhin über eine verbesserte Zusammenarbeit im Bereich des (noch) ewigen Eises. Sie haben guten Grund dazu! (tb)
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