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Enteignungen: Was ist der Unterschied zwischen Wohnungs- und Lebensmittelkonzernen?
Die Medien sind in diesen Tagen voll von der aktuellen Enteignungsdebatte. Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen soll nach dem Willen der Berliner Bürgerinitiative dwenteignen.de enteignet werden. Ebenso alle anderen privaten Immobilieninvestoren in der Hauptstadt, wie zum Beispiel Vonovia oder Ado Properties, mit einem Wohnungsbestand von mehr als 3.000 Objekten. Als Grundlage für diese fixe Idee wird das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland angeführt und zitiert, in dem im Artikel 15 Enteignungen explizit erwähnt und vorgesehen sind. Auch die Verfassung von Berlin geht mit Artikel 24 und 28 in diese Richtung. Wohnungskonzerne enteignen? DDR 2.0 lässt grüßen! Kritiker der angedachten und angestrebten Enteignungen bemängeln zu Recht, dass dadurch keine einzige neue Wohnung auf den Markt kommt bzw. neugebaut wird. Des Weiteren müsste der Berliner Senat wegen der hohen Entschädigungszahlungen an die Wohnungkonzerne über viele Jahre hinweg den Gürtel deutlich enger schnallen und wahrscheinlich sogar wieder neue Schulden machen. Denn woher die geschätzten 36 Milliarden Euro für Ausgleichszahlungen an die Konzerne kommen sollen, ist bislang völlig offen. Da muss man nicht großartig rechnen, um zu erkennen dass das Geld dann sehr wahrscheinlich wieder an anderen Stellen fehlen würde. Viele Berliner erinnern sich noch mit Schrecken an die "Sparen-bis-es-quietscht"-Zeiten unter Claus Wowereit (SPD) … Kritiker holen in diesem Zusammenhang mit der Enteignungsdiskussion gerne auch immer wieder die Sozialismuskeule raus und dreschen auf den linken und in ihren Augen unfähigen Senat ein, der doch am liebsten wieder die DDR 2.0 auferstehen lassen würde. Und überhaupt sei Berlin schon seit Jahren ein failed State, in dem kaum etwas richtig funktionieren würde. Und natürlich dürfen bei der laufenden Debatte auch die obligatorischen Vergleiche zu Venezuela, Kuba, zur ehemaligen DDR, China und Russland und last but not least Nordkorea nicht fehlen, um zu argumentieren, dass Enteignungen das falsche Mittel der Wahl sind. Lebensmittelkonzerne enteignen? OK, kein Problem, können wir machen! Doch leider haben Menschen und Medien oftmals ein sehr kurzes Gedächtnis. Denn sonst würde man derzeit auch mehr davon lesen, dass die Bundesregierung Ende 2016 beschlossen hatte Lebensmittelkonzerne im Notfall zu enteignen. Bitte was? Lebensmittelkonzerne können enteignet werden? Nie von gehört! Vergessen? Die Schlagzeile dazu lautete z.B. auf Welt.de so: "Bundesregierung beschließt Enteignungen im Notfall" (30.11.2016). In dem von der CDU angestoßenen Gesetz geht es darum, dass die Bundesregierung in Krisenzeiten, hervorgerufen durch Naturkatastrophen, Kraftwerksunfälle oder militärische Ernstfälle, die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen kann. Dazu können zum Beispiel Bauernhöfe und Lebensmittelbetriebe auf Bundesebene beschlagnahmt werden. Zudem sollen sich die Menschen im Krisenfall nicht auch noch mit bürokratischen Lebensmittelmarken auseinandersetzen müssen. Um das gewährleisten, müssen private Lebensmittelkonzerne hinten anstehen und nicht in ihre eigenen Taschen wirtschaften, sondern vordergründig die Bevölkerung satt machen.  Die Wohnungsnot ist noch nicht groß genug Nahrung ist natürlich eines der Grundbedürfnisse des Menschen. Ohne Nahrung kann ein Mensch – je nach Verfassung und Konstitution – vielleicht 3 bis 6 Wochen überleben. Wohnen ist in dem Sinne auch ein Grundbedürfnis. Doch ohne Wohnung ist man in Westeuropa i.d.R. nicht nach 6 Wochen tot. Im Falle der Lebensmittelkonzerne leuchtet das Konzept der Regierung ein. Sie will schlichtweg Leben retten, wenn es drauf ankommt. Deswegen gab es damals bei der entsprechenden Gesetzesverabschiedung auch keine großartigen Aufschreie in der Bevölkerung. Enteignungen sind in diesem Fall, wenn man so will, eine gute Tat und können im Ernstfall viele Menschleben retten. Im Falle der Wohnungskonzerne ist derzeit einfach die (Wohnungs)Not noch nicht groß genug. Natürlich gibt es Obdachlose, doch die Anzahl ist noch überschaubar und verhältnismäßig klein. Auch auch sonst würgen die Mieten noch nicht den Konsum ab und gefährden auf breiter Front das Wirtschaftswachstum. Die meisten Menschen haben noch immer genug zum Leben und erst recht zum Überleben. Deswegen überwiegt die Skepsis gegenüber Enteignungen aktuell noch. Die Wohnungsnot schlichtweg noch nicht groß genug, um das Thema Enteignungen konkret angehen zu können.