Die Justiz in Deutschland ist von jeher finanziell schlecht ausgestattet. Da fällt es den Rechnungshöfen schwer, Sparvorschläge für diesen Bereich zu entwickeln. Dem niedersächsischen Landesrechnungshof ist es vor kurzem gleichwohl gelungen, ein Einsparpotential bei den Staatsanwaltschaften seines Bundeslandes zu entdecken. Nach Auffassung des Landesrechnungshofs könnten Personalkosten bei den Staatsanwaltschaften dadurch eingespart werden, dass die – etwas kostengünstigeren – Amtsanwälte mehr Verfahren übernehmen. Das niedersächsische Justizministerium prüft jetzt diese Empfehlung.
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Amtsanwälte sind bei den Staatsanwaltschaften tätig und vertreten diese in Hauptverhandlungen bei den Amtsgerichten. Die Amtsanwälte sind vorwiegend zuständig bei Delikten aus Bereichen der sogenannten kleinen und mittleren Kriminalität, wie Diebstahl, Betrug, Beleidigung, Körperverletzung und Verkehrsstraftaten. Durch Übernahme dieser sogenannten „Massenverfahren“ entlasten die Amtsanwälte die Staatsanwaltschaften erheblich.
Die Justizministerien der Bundesländer haben die Zuständigkeiten für die Amtsanwälte unterschiedlich geregelt. Der niedersächsische Rechnungshof hat die Regelungen miteinander verglichen und im Ergebnis festgestellt, dass andere Bundesländer mehr Zuständigkeiten auf die Amtsanwälte übertragen haben als das Land Niedersachsen. Die voneinander abweichenden Regelungen betreffen die Zuständigkeit für 23 Straftatbestände.
Eine zu niedrige Wertgrenze für die Zuständigkeit der Amtsanwälte
Überdies wies der Rechnungshof darauf hin, dass das niedersächsische Justizministerium den Amtsanwälten die Zuständigkeit für die Bearbeitung von neun Straftatbeständen nur insoweit übertragen hat, als der Wert der gestohlenen oder unterschlagenen Sachen oder der verursachte Schaden 1.000 Euro nicht übersteigt. Diese Wertgrenze sei seit dem Jahr 1975 nicht angehoben worden. Den Höchstwert von ehemals 2.000 DM habe das Justizministerium im Zuge der Währungsumstellung lediglich durch den Betrag von 1.000 Euro ersetzt. Kein anderes Bundesland gebe eine niedrigere Wertgrenze vor. Drei Bundesländer hätten die Wertgrenze auf 2.500 Euro festgelegt. Das Land Berlin habe die wertbegrenzte Zuständigkeit bei vier der übertragenen Straftatbestände sogar gänzlich aufgehoben.
Die Amtsanwälte verfügen bundesweit über die gleiche Qualifikation
Der niedersächsische Rechnungshof empfahl dem Justizministerium daher mit Blick auf den gezeigten Ländervergleich, weitere Aufgaben des staatsanwaltschaftlichen Dienstes auf die Amtsanwaltschaft zu übertragen, die Wertgrenze auf 2.500 Euro anzuheben und bei geeigneten Tatbeständen die Wertbegrenzung aufzuheben. Sachliche Gründe für die Einschränkungen in Niedersachsen vermochte der Rechnungshof nicht zu erkennen, da er von der grundsätzlich gleichen Qualifizierung des Amtsanwaltsdienstes in den Bundesländern ausging. Denn die Amtsanwälte fast aller Bundesländer werden zentral an einer Fachhochschule für Rechtspflege ausgebildet und geprüft.
Personalkosten von über 300.000 Euro könnten eingespart werden
Der Rechnungshof nahm die anderen Länderregelungen als Maßstab und ermittelte, dass in Niedersachsen im Jahr 2017 rund 47.000 zusätzliche Verfahren auf die Amtsanwaltschaft übertragbar gewesen wären. Ausgehend vom damaligen durchschnittlichen Bearbeitungsumfang pro Person entsprach dies einem Bedarf von 23 Vollzeitkräften. Der Rechnungshof kam zu dem Ergebnis, dass eine entsprechende Entlastung im staatsanwaltlichen Dienst zukünftig Personalkosten von über 300.000 Euro einsparen würde. Dabei legte er die Personalkostendifferenz zwischen dem Amtsanwaltsdienst und dem staatsanwaltlichen Dienst zugrunde.
Die meisten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren werden eingestellt
Das niedersächsische Justizministerium teilte dazu mit, es werde zunächst die Erfahrungen und die Übertragungspraxis der anderen Bundesländer im Rahmen einer Evaluation untersuchen, bevor es dem Vorbild anderer Bundesländer folgen werde. Zur staatsanwaltlichen Ermittlungstätigkeit in Deutschland ist Folgendes zu sagen: Weit mehr als die Hälfte aller staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren wird mit oder ohne Auflagen eingestellt, nur in etwa 10 Prozent aller Verfahren wird Anklage vor einem Gericht erhoben.
Wenn sowieso die meisten Verfahren eingestellt werden, liebe Leserinnen und Leser, muss das nicht unbedingt durch ebenso hochqualifizierte wie teure Juristen in den Staatsanwaltschaften erfolgen. Die Verfahrenseinstellungen könnten in weit größerem Umfang als vom niedersächsischen Rechnungshof vorgeschlagen durch die billigeren Kräfte in den Amtsanwaltschaften erledigt werden, meint ketzerisch
Ihr
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com
Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.