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Wenn Lehrer wenig Lust auf Fortbildung haben
Die Corona-Pandemie hat viele Schwächen unseres Gemeinwesens sichtbar werden lassen. Im Schulbereich beispielsweise zeigte sich, dass die Bereitschaft vieler Lehrerinnen und Lehrer, sich den Herausforderungen des digitalen Unterrichts zu stellen, nicht sehr ausgeprägt war. Nun ist es kein neues Phänomen, dass viele Pädagogen wenig Interesse daran haben, etwas dazu zu lernen. Eine jetzt bekannt gewordene Untersuchung aus einem Stadtstaat belegt, wie gering das Interesse der Lehrerschaft an ihnen angebotenen Fortbildungsmaßnahmen auch in früheren Jahren schon war. In dem Stadtstaat gibt es ein Landesinstitut, das für die Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer zuständig ist. Das pädagogische Personal der Schulen ist verpflichtet, sich in der unterrichtsfreien Zeit zur Erhaltung und weiteren Entwicklung der Unterrichts- und Erziehungsfähigkeit fortzubilden und dies nachzuweisen. Die Verpflichtung umfasst bei den Lehrkräften allgemeinbildender Schulen 30 Zeitstunden, für diejenigen beruflicher Schulen 45 Zeitstunden. Hierfür organisiert das Landesinstitut umfangreiche Fortbildungs- und Beratungsangebote. Die Lehrkräfte sind aber nicht verpflichtet, sich an dem Landesinstitut fortzubilden. Sie können ihrer Verpflichtung auch in jeder anderen Bildungsinstitution nachkommen. Ein breites Angebot an Fortbildungsmöglichkeiten Die Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen des Landesinstituts umfassen neben klassischen Schulfächern wie Mathematik und Naturwissenschaften auch Lernbereiche wie Umwelterziehung und Klimaschutz sowie übergreifende Themen wie Medienpädagogik oder organisatorische Themen wie Personalentwicklung. Die Programmgestaltung erfolgt sowohl angebots- als auch nachfrageorientiert. Darüber hinaus unterstützt das Landesinstitut die Schulen bei der Umsetzung der regelmäßig anzupassenden Bildungsaufgaben sowie bei der Verbesserung der schulischen Unterrichtsqualität. Es werden nur wenige Fortbildungsstunden geleistet Bei einer Überprüfung wurde vor einiger Zeit festgestellt, dass von dem Personal, das Fortbildungsaufgaben unmittelbar durchführt, jeder Mitarbeiter im Schuljahr 2017/2018 durchschnittlich lediglich rund 274 Fortbildungsstunden leistete. Das sind rund 15 Prozent der Jahresarbeitszeit. Im Schuljahr 2018/2019 wurden durchschnittlich sogar nur rund 244 Fortbildungsstunden erbracht, rund 14 Prozent der Jahresarbeitszeit. Bei einer früheren Prüfung im Jahr 2006 hatte der Anteil der geleisteten Fortbildungsstunden an der Jahresarbeitszeit noch rund 29 Prozent betragen. Der Anteil der Fortbildungsstunden soll erhöht werden Als Ergebnis der Überprüfung wurde das Landesinstitut aufgefordert, entweder die Anzahl der Fortbildungsstunden zu erhöhen, gegebenenfalls auch auf die Nachfrage der Schulen nach Fortbildungsstunden Einfluss zu nehmen. Falls die Zahlen nicht besser würden, müssten die für die Lehrerfortbildung vorgehaltenen personellen Ressourcen reduziert werden. Die Schulverwaltung des Stadtstaates hat sich damit verteidigt, dass die Mitarbeiter des Landesinstituts neben den reinen Fortbildungsstunden und den dafür notwendigen Vor- und Nachbereitungszeiten eine Vielzahl von Tätigkeiten leisteten, die für die Schulen wichtig seien. Im Ergebnis hat die Schulverwaltung jedoch zugesagt, den Anteil für Fortbildungsstunden zu erhöhen. Vielfach sehr niedrige Teilnehmerzahlen Im Jahr 2006 hatte eine Untersuchung ergeben, dass das Landesinstitut häufig Fortbildungen mit unwirtschaftlich niedrigen Teilnehmerzahlen durchgeführt hatte. Die Schulverwaltung und das Landesinstitut hatten sich damals verpflichtet, Veranstaltungen mit weniger als 15 Teilnehmern nur noch in begründeten Ausnahmefällen und in höchstens 5 Prozent der Kurse durchzuführen. Bei der Überprüfung der Zahlen für das Schuljahr 2018/2019 stellte sich heraus, dass sich der Gesamtanteil von Fortbildungsveranstaltungen mit weniger als 15 Teilnehmern auf 42 Prozent belief. Das Landesinstitut teilte hierzu mit, dass eine reduzierte Teilnehmerzahl oft erst am Tag der Veranstaltung festzustellen sei. Teilnehmer blieben der Veranstaltung trotz fester Buchung häufig unentschuldigt fern. Ursächlich ist die geringe Fortbildungsbereitschaft der Lehrerschaft Schulverwaltung und Landesinstitut haben somit ihre seinerzeitige Zusage nicht eingehalten. Nunmehr soll der Prozess zur Einhaltung der Mindestzahl von 15 Teilnehmern optimiert werden, um künftig sicherzustellen, dass Fortbildungsveranstaltungen mit wenigen Teilnehmern wirklich nur in begründeten Ausnahmefällen stattfinden. Die geringe Auslastung des Landesinstituts geht natürlich auf die fehlende Bereitschaft der Lehrerschaft zurück, sich fortzubilden. Dabei müssten doch die Pädagogen, die tagtäglich mit der Wissensvermittlung beschäftigt sind, ganz besonders daran interessiert sein, ihre Kenntnisse aufzufrischen oder neue Kompetenzen zu erwerben. Vielleicht glauben viele Lehrerinnen und Lehrer, dass sie schon alles wüssten, sagt zynisch Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
13.03.2021
Große Schlamperei beim Straßenbau
Bewegt man sich mit offenen Augen durch unsere Republik, bleibt einem nicht verborgen, dass bei Bau und Betrieb der öffentlichen Straßen vieles im Argen liegt. Mit den zugrundeliegenden Ursachen beschäftigt sich eine gutachtliche Untersuchung in einem westdeutschen Bundesland, deren Ergebnisse vor kurzem bekannt wurden. In Deutschland sind die Länder für die Planung sowie für Bau, Betrieb und Erhalt der öffentlichen Straßen zuständig. Alle Bundesländer verfügen dementsprechend über eine Straßen- oder Straßenbauverwaltung, häufig in der Rechtsform eines Landesbetriebes. Bis vor kurzem waren die Länder auch für die Bundesautobahnen zuständig. Ab dem 1. Januar 2021 hat diese Aufgabe die Autobahn GmbH des Bundes übernommen. In dem in Rede stehenden Bundesland nimmt ein Landesbetrieb die Aufgaben der Straßen- und Verkehrsverwaltung wahr. Ein Gutachter hat vor einiger Zeit das Baumanagement des Landesbetriebs bei 68 Baumaßnahmen, davon 46 Landesstraßenprojekte und 22 Kreisstraßenprojekte, mit Gesamtkosten von über 86 Millionen Euro untersucht. Dabei handelte es sich mit Ausnahme von vier Neubauvorhaben um Aus- und Umbaumaßnahmen, die mit Baukosten von jeweils mehr als 500.000 Euro abgerechnet worden waren. Keine Übersicht über die Projektdaten vorhanden Nach den Feststellungen des Gutachters verfügt der Landesbetrieb nicht über einen strukturierten und kurzfristig abrufbaren Datenbestand zu Kosten- und Terminentwicklungen seiner Baumaßnahmen. Eine automatisierte Übernahme und Auswertung dieser Daten aus vorhandenen IT-Systemen ist nicht möglich. Einheitliche Kennungen und Projektidentifikationen in den verschiedenen Datenbanken sind nicht vorhanden. Auch aus Übersichten, die in der Zentrale des Landesbetriebs geführt wurden, konnten die Projektdaten nicht vollständig erhoben werden. Sie mussten bei den regionalen Dienststellen ermittelt und zum Teil händisch zusammengestellt werden. Der Landesbetrieb hat erklärt, er werde ein Projektmanagementsystem einführen, mit dem in Zukunft alle für die Steuerung und Kontrolle erforderlichen Daten in einer zentralen Datenbank projektscharf zusammengeführt würden. Mängel bei Planung und Bauvorbereitung Die abgerechneten Baukosten wichen zum Teil erheblich von den in den Bauprogrammen veranschlagten Ansätzen ab. Hierzu trugen ungenaue Kostenschätzungen sowie Mängel in der Planung und Bauvorbereitung bei, die Änderungen des Leistungsumfangs in der Bauausführung zur Folge hatten. Die den Bauverträgen zugrunde liegenden Leistungsverzeichnisse wiesen oftmals Mängel auf. Teilweise waren zur Vertragserfüllung erforderliche Leistungen nicht erfasst. Bei nahezu der Hälfte der untersuchten Maßnahmen wurde fast ein Viertel aller ausgeschriebenen Positionen nicht ausgeführt. Als Reaktion auf die Kritik des Gutachters hat der Landesbetrieb angekündigt, den Detaillierungsgrad der Planungen und die Kostenstabilität der Baumaßnahmen zu verbessern. Zu viele Mängel an fertiggestellten Straßen Drei Viertel der fertiggestellten Straßenbaumaßnahmen, bei denen der Gutachter die Ausführungsqualität untersucht hat, wiesen stellenweise Mängel an Fahrbahnen, an Fahrbahnbanketten, bei der Entwässerung und den Markierungen auf. Diese Mängel, die sich nachteilig auf die Verkehrssicherheit und die Lebensdauer der Straßen auswirken können, waren sowohl auf unzureichende Planungen als auch auf nicht fachgerecht ausgeführte Bauleistungen zurückzuführen. Der Gutachter hat den Landesbetrieb aufgefordert, eine systematische Qualitätssicherung zur Verbesserung der Ausführungsqualität von Baumaßnahmen einzuführen. Termine zum Teil deutlich überschritten Die Bauzeitenpläne des Landesbetriebs wiesen in der Regel die Sollbauzeiten und -termine auf. Terminverschiebungen wurden nicht oder nur unzureichend dokumentiert. Eine systematische und übersichtliche Projektverfolgung war nur eingeschränkt möglich. Bei über der Hälfte der Baumaßnahmen wurden die vereinbarten Ausführungstermine nicht eingehalten. Bei einem Drittel der Projekte wurden die geplanten Bauzeiten um mehr als 25 Prozent überschritten, in fünf Fällen sogar um mehr als das Dreifache. Der Landesbetrieb hat dazu ausgeführt, dass eine Qualitätssicherung auch hinsichtlich der Bauzeiten erst in Zukunft möglich sein werde. Typische Fehlerquellen wird nicht systematisch nachgegangen Der Landesbetrieb führt nach Abschluss der Projekte keine systematischen Ex-post-Analysen und planmäßigen Erfolgskontrollen durch. Es fehlen daher die Grundlagen, um typische Fehlerquellen und die Ursachen häufig auftretender Mängel umfassend zu identifizieren. Der Landesbetrieb verteidigt sich damit, dass systematische Ex-post-Analysen aufgrund der derzeitigen Personalsituation für eine große Zahl von Baumaßnahmen nicht möglich seien. Nun, liebe Leserinnen und Leser, da wird es noch eine ganze Weile Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
09.03.2021
Bei einer Lottogesellschaft hat das sorgenfreie Leben bald ein Ende
Der staatlich kontrollierte Glücksspielmarkt in Deutschland setzt jährlich 35 Milliarden Euro um und erwirtschaftet Bruttospielerträge – die Spieleinsätze abzüglich der an die Spieler ausgezahlten Gewinne – von gut 10 Milliarden Euro. Zudem werden mehr als fünf Milliarden Euro Steuereinnahmen durch das Glücksspiel generiert. Alle sechzehn Bundesländer verfügen über eine staatliche Lottogesellschaft, welche in ihrem Bundesland das Monopol für die Veranstaltung von Glücksspielen hat. Zwar ist der Staat der Hauptprofiteur des Glückspielwesens, aber auch den Lottogesellschaften und deren Beschäftigten geht es prächtig. Die belegt ein Bericht aus einem westdeutschen Bundesland, der jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die in Rede stehende Lottogesellschaft mbH ist mit einem Stammkapital von drei Millionen Euro ausgestattet. Das Land ist mit 51 Prozent an der Gesellschaft beteiligt. Mitgesellschafter sind die drei Sportbünde des Bundeslandes. Aufgabe der Lottogesellschaft ist die Durchführung von Wetten, Lotterien und Ausspielungen im Auftrag des Landes. Dabei hat die Gesellschaft darauf zu achten, dass der natürliche Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen gelenkt wird, wie es der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen vorschreibt. Die Lottogesellschaft erhält vom Land eine Geschäftsbesorgungsvergütung. Deutlich bessere Bezahlung vieler Mitarbeiter als im öffentlichen Dienst Bei der Lottogesellschaft bestehen drei unterschiedliche Tarifgefüge: Neueinstellungen ab Juli 2017 unterliegen dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Vor Juli 2017 eingestellte Beschäftigte vergütet die Lottogesellschaft nach einem hauseigenen Tarif. Beschäftigte, die bereits vor 2006 unbefristet beschäftigt waren, erhalten zusätzlich zu dem hauseigenen Tarif Leistungen als Besitzstandswahrung. Die durchschnittlichen Monatsentgelte der beiden letztgenannten Beschäftigungsgruppen lagen 2019 im Durchschnitt um drei bzw. vier Entgeltgruppen über dem Niveau des Tarifvertrags für die Länder. Bei einer Vergütung aller tariflich Beschäftigten nach dem TV-L ließe sich der Personalaufwand der Gesellschaft um mindestens zwei Millionen Euro jährlich verringern. Das Land will auf eine Angleichung der Tarifstruktur hinwirken. Völlig überbesetzte Führungsebene Der Stellenplan der Lottogesellschaft für das Jahr 2020 wies 21 Stellen für Geschäftsführer, Prokuristen, Abteilungsleiter und leitende Mitarbeiter aus, die außertariflich vergütet wurden. Gegenüber 1993 erhöhte sich der Anteil der Führungspositionen am Personalstand von 3 Prozent auf mehr als 12 Prozent. Die Höhe der außertariflichen Vergütung der Führungskräfte lag im Vergleich mit den Besoldungsstrukturen im öffentlichen Dienst überwiegend in der Spanne der Besoldungsgruppen B 2 bis B 9. Das zuständige Finanzministerium des Landes hat erklärt, die Leitungs- und Vergütungsstruktur werde Gegenstand eines Gutachtens zur Personalwirtschaft sein. Das Land werde auf ein angemessenes Gehaltsniveau hinwirken, das insbesondere den Vergleich mit den Besoldungsstrukturen des öffentlichen Dienstes gewährleiste. Zu viele Bezirksdirektionen Die Gesellschaft unterhält acht Bezirksdirektionen. Deren Hauptaufgabe ist der Ausbau und die Weiterentwicklung des Netzes der Lottoannahmestellen. Die Bezirke, für welche die Bezirksdirektionen zuständig sind, unterschieden sich hinsichtlich ihrer Größe und der Zahl der zu betreuenden Lottoannahmestellen sowie ihrer Umsätze und Personalkosten. Die 2014 im Aufsichtsrat der Lotteriegesellschaft erörterte Verringerung der Zahl der Bezirksdirektionen auf sechs wurde nicht umgesetzt. Nunmehr beabsichtigt die Lottogesellschaft, die Anzahl der Bezirksdirektionen auf sieben zu verringern. Durch Verringerung auf zwei Bezirksdirektionen ließen sich Personalkosten von 200.000 Euro jährlich einsparen. Eintrittskarten für VIP-Logen und Tribünenplätze In den Sponsoringverträgen mit Fußballvereinen vereinbart die Lotteriegesellschaft Gegenleistungen der Partner vor allem in Form von Werbung (z.B. Trikot- und Bandenwerbung). Darüber hinaus stellen die Partner ihr bei Heimspielen Eintrittskarten für VIP-Logen und Tribünenplätze im Gegenwert von durchschnittlich 500.000 Euro jährlich zur Verfügung. Die Lotteriegesellschaft gibt die Eintrittskarten an Externe und Interne weiter. Nachvollziehbare schriftliche Kriterien hierfür existieren nicht. Darüber hinaus übernimmt die Lottogesellschaft Steuern von regelmäßig über 100.000 Euro jährlich, um die Empfänger der Karten bezüglich der Besteuerung eines geldwerten Vorteils steuerfrei zu stellen. Tickets in Zukunft nur noch an karitative Organisationen Das Finanzministerium des Landes hat erklärt, die Geschäftsführung der Lottogesellschaft werde den Gremien empfehlen, das bisherige Logenkonzept nicht beizubehalten. Die künftige Ausgestaltung der Vergabe von Tribünenkarten werde in einer Richtlinie geregelt. Ticketkontingente sollten im Wesentlichen nur noch an karitative Organisationen vergeben werden. Die Neukonzeption soll mit dem Ziel einer deutlichen Minimierung des bisherigen Steueraufwands einhergehen. Alles in allem wird sich einiges ändern in der sorgenfreien Welt der Lottogesellschaft. Dies erscheint auch bitter nötig, liebe Leserinnen und Leser, sagt missmutig Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
27.02.2021
Zweckwidrige Verwendung von Fraktionsgeldern
Die Fraktionen des Deutschen Bundestages erhalten jährlich viele Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt. Diese Mittel sind zweckgebunden für die Aufgaben der Fraktionen, werden jedoch nicht selten in unzulässiger Weise für die Parteiarbeit verwendet. Dies bleibt ohne Folgen, weil entsprechende Sanktionen nicht vorgesehen sind. Die Fraktionen des Deutschen Bundestages sind für innerparlamentarische Abläufe zuständig, sie organisieren eine Arbeitsteilung unter ihren Mitgliedern, bereiten gemeinsame Initiativen vor, stimmen diese aufeinander ab und unterstützen eine umfassende Information ihrer Mitglieder. Dafür erhalten sie erhebliche Geld- und Sachleistungen aus dem Bundeshaushalt. Die Fraktionen dürfen sie ausschließlich für Fraktionsaufgaben einsetzen. Dazu gehört auch, die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit zu unterrichten. Ausdrücklich verboten ist den Fraktionen dagegen, Parteiaufgaben wahrzunehmen. Der Präsident des Deutschen Bundestages unterbreitet jährlich im Benehmen mit dem Ältestenrat einen Vorschlag zur Anpassung der Geldleistungen, die den Fraktionen zufließen sollen. Die abschließende Entscheidung trifft dann der Deutsche Bundestag. Im Bundeshaushalt 2020 waren für die Fraktionen 119,4 Millionen Euro vorgesehen. Hinzu kommen Sachleistungen, insbesondere Räume im Reichstagsgebäude und anderen Liegenschaften des Deutschen Bundestages einschließlich der Einrichtung und technischen Ausstattung. Keine konkreten Vorgaben für die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen Die Fraktionen und ihre Mitglieder können nach den Bestimmungen des Abgeordnetengesetzes die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit unterrichten. In welcher Art und in welchem Umfang diese Unterrichtung zulässig ist, ist jedoch weder gesetzlich noch durch sonstige Regelungen näher bestimmt. Konkretisierungsbedürftig wäre insbesondere die Abgrenzung zwischen zulässiger Unterrichtung der Öffentlichkeit und unzulässiger Parteiwerbung. Die Öffentlichkeitsarbeit über die sozialen Medien hat zugenommen Die Frage, wie weit die Befugnis der Fraktionen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit reicht, hat durch die dynamische Entwicklung der sozialen Medien zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Fraktionen kommunizieren über die sozialen Medien täglich und direkt mit Bürgerinnen und Bürgern. Ihre Beiträge erzielen teilweise erhebliche Reichweiten, in Einzelfällen werden bis zu einer Million Menschen erreicht. Viele Beiträge der Fraktionen lassen den erforderlichen eindeutigen Bezug zur Tätigkeit der Fraktion, über die unterrichtet werden soll, nicht erkennen. Keine Rechtsgrundlage für Rückforderungen bei Verstößen In der Vergangenheit war immer wieder festzustellen, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen mit weiteren politischen Botschaften aufgeladen wurde, wie es für die parteipolitische Tätigkeit typisch ist. Die Bundestagsverwaltung vertritt in Bezug auf Verstöße gegen den Bezug zur Fraktionsarbeit die Auffassung, dass das Abgeordnetengesetz – im Gegensatz zu einigen Landesgesetzen – keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Rückforderungen enthält. Auch andere Sanktionen haben die Fraktionen nicht zu befürchten, wenn sie die ihnen zugewiesenen Mittel zweckwidrig verwenden. So fehlt z. B. eine Pflicht, unzulässige Beiträge in den sozialen Medien zu löschen. Allenfalls prüft die Bundestagsverwaltung, ob in der zweckwidrigen Verwendung der Fraktionsmittel eine unzulässige Spendenannahme durch die jeweilige Partei zu sehen ist. Die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen sollte deutlich reduziert werden Kritiker des geschilderten Zustandes fordern deshalb, Art und Umfang einer zulässigen Unterrichtung der Öffentlichkeit durch die Fraktionen verbindlich zu regeln und die gesetzlichen Grundlagen für eine Rückforderung zweckwidrig verwendeter Fraktionsmittel sowie weitere Sanktionsmöglichkeiten zu schaffen. Man könnte an das Ganze auch viel radikaler herangehen: Das abgelaufene Jahr hat gezeigt, dass die Parlamente von Bund und Ländern in einer Krise eine absolute Nebenrolle spielen, dass es auf sie offensichtlich nicht wirklich ankommt. Vor diesem Hintergrund sollte der aufgeblähte deutsche Parlamentarismus einer Generalrevision unterzogen und auf seine Kernfunktion zurückgeführt werden, nämlich dass die richtungsweisenden Entscheidungen in den Parlamenten getroffen werden. Die völlig aus dem Ruder gelaufene Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen sollte bei dieser Gelegenheit deutlich reduziert werden, fordert mit Entschiedenheit Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
20.02.2021
Besserstellungen bei der Künstlersozialversicherung – bei der Einkommensschätzung wird gerne gemogelt
Die Versicherten in der Künstlersozialversicherung genießen, verglichen mit anderen sozialversicherungspflichtigen Gruppen, eine Reihe von Vorteilen, die sachlich nicht gerechtfertigt sind. Das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales zeigt wenig Neigung, hieran etwas zu ändern. Im Jahr 1983 wurde die Künstlersozialversicherung geschaffen, durch die selbständige Künstler und Publizisten in die gesetzliche Sozialversicherung einbezogen wurden. Voraussetzung ist, dass das jährliche Einkommen aus künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit die Versicherungspflichtgrenze von aktuell 3.900 Euro überschreitet. Maßgeblich ist das voraussichtliche Einkommen des Folgejahres. Die Versicherten der Künstlersozialversicherung schätzen ihr voraussichtliches Einkommen selbst und melden es der Künstlersozialkasse. Das voraussichtliche Einkommen ist die Grundlage für die jährlichen Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Die Versicherten leisten den halben Beitrag. Die andere Beitragshälfte wird über die Künstlersozialabgabe (30 %), die überwiegend Verlage leisten, und durch einen Zuschuss des Bundes (20 %) erbracht. Im Jahr 2020 beträgt der Mindestbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung insgesamt 93,70 Euro. Als eigenen Anteil haben die Versicherten davon 46,85 Euro zu zahlen. Die Versicherungspflicht endet, wenn die Versicherten ihre künstlerische oder publizistische Tätigkeit aufgegeben haben oder ihr selbst geschätztes Arbeitseinkommen innerhalb von sechs Jahren mehr als zweimal unterhalb der Versicherungspflichtgrenze von 3.900 Euro liegt. Andere finanzschwache Versicherte zahlen einen höheren Mindestbeitrag Seit Jahren weisen Fachleute darauf hin, dass das Mindesteinkommen für Versicherte der Künstlersozialversicherung zu niedrig sei. Für diese Versicherten fällt ein geringerer Mindestbeitrag an als für andere versicherungspflichtige Beitragszahler mit geringem Einkommen, zum Beispiel Studierende, die nicht familienversichert sind. Diese zahlen einen monatlichen Mindestbeitrag von 98,73 Euro, den sie aber vollständig selbst zu tragen haben. Ihre finanzielle Belastung ist damit mehr als doppelt so hoch wie die der Versicherten in der Künstlersozialversicherung, welche ohne sachlichen Grund besser behandelt werden. Das zuständige Ministerium will keine Erhöhung der Pflichtgrenze Das für den Sozialbereich zuständige Bundesministerium argumentiert, dass die Künstlersozialversicherung dem verfassungsrechtlichen Auftrag diene, Kunst und Kultur angemessen zu schützen und zu fördern. Durch eine Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze würden diese besonders schutzbedürftigen Versicherten vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Das Sozialministerium will also die Eintrittsschwelle für die Künstler bewusst niedrig halten, damit diese in den Genuss einer Krankenversicherung kommen (darum geht es im Wesentlichen, die zu erwerbenden Rentenansprüche sind bei niedrigen Beiträgen denkbar gering). Das wirkliche Einkommen liegt häufig unter der Pflichtgrenze Die Künstlersozialkasse kann von ihren Versicherten Angaben und Nachweise über die tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen in den vergangenen vier Kalenderjahren verlangen. Diese Angaben erhebt sie durch eine wechselnde jährliche Stichprobe. In ihr werden jeweils 5 Prozent der Versicherten erfasst. Im Jahr 2016 waren etwas mehr als 2.000 Versicherte in der Stichprobe enthalten, die ein voraussichtliches Arbeitseinkommen von bis zu 150 Prozent der Versicherungspflichtgrenze gemeldet hatten. Bei rund einem Drittel dieser Versicherten, die Unterlagen einreichten, unterschritt ihr tatsächliches Arbeitseinkommen gleichwohl in mindestens drei der vier geprüften Jahre die Versicherungspflichtgrenze. Rund 4 Prozent dieser Versicherten erzielten in allen vier geprüften Jahren lediglich 0 bzw. 1 Euro. Kein ausreichendes Kontrollsystem Überhöhte Schätzungen des voraussichtlichen Arbeitseinkommens des Folgejahres führen nach den geltenden Bestimmungen weder zu finanziellen Folgen noch zur Beendigung der Versicherung. Auch insoweit werden Versicherte der Künstlersozialversicherung mit sehr niedrigem Einkommen gegenüber vergleichbaren Versichertengruppen ungerechtfertigt begünstigt. Ein Kontroll- und Sanktionssystem, das dem ausreichend entgegenwirkt, steht der Künstlersozialkasse bisher nicht zur Verfügung. Das Ministerium hält die Einkommensüberprüfung für ausreichend Der Anreiz für schlechtverdienende Künstler und Publizisten, bei der Einkommensschätzung zu mogeln, ist beträchtlich. Erhalten sie sich doch auf diese Weise einen vollwertigen Krankenversicherungsschutz, den sie sich ansonsten kaum leisten könnten. Dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales dürfte dieser Zusammenhang bekannt sein. Gleichwohl hält das Ministerium die derzeitige Einkommensüberprüfung für ausreichend und will vorerst nichts ändern. Offensichtlich, liebe Leserinnen und Leser, will man den Künstlern und Publizisten den Zugang zur Künstlersozialversicherung unbedingt erhalten, auch wenn häufig falsche Angaben gemacht werden. Dafür hat wenig Verständnis Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
13.02.2021
Überflüssige Zertifizierung eines Staatswaldes
Ein Bundesland ist Eigentümer von rund 340.000 Hektar Staatswald, welcher von einem Landesbetrieb betreut wird. Die Erlöse des Holzverkaufs lagen in den Jahren 2016 bis 2018 bei rund 115 Millionen Euro, bei Kosten von rund 112 Millionen Euro jährlich. Produkte der Forstwirtschaft, die wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltig erzeugt wurden, können ein Nachhaltigkeitszertifikat erhalten. Es dokumentiert dem Nutzer eines solchen Produkts dessen naturverträgliche Erzeugung. Seit 2001 wurde der Staatswald nach und nach auf der gesamten Fläche entsprechend den Vorgaben eines bestimmt Programms zertifiziert. Die durchgängige Erteilung des Zertifikats wurde ermöglicht durch eine umweltverträgliche Forstwirtschaft auf hohem technischen Niveau unter Beachtung ökologischer, sozialer und ökonomischer Ziele. Zahlreiche Gesetze, Verordnungen, Erlasse und betriebsinterne Regelungen bilden die Rahmenbedingungen für die nachhaltige Bewirtschaftung des Staatswaldes. Im Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode 2014 bis 2019 in diesem Bundesland wurde vereinbart, dass der Staatswald schrittweise noch einmal, und zwar nach den Kriterien eines bestimmten Vereins, zertifiziert werden sollte. Dem Verein gehören u.a. Vertreter von Umweltverbänden sowie Nicht-Regierungsorganisationen an. Die Standards für die Zertifizierung werden vereinsintern festgelegt. Das Zertifikat erhalten Forstbetriebe, deren Bewirtschaftungsmethoden diesen Standards entsprechen. Ertragseinbußen durch die Vorgaben der Zweit-Zertifizierung Während der schrittweisen Zweit-Zertifizierung des Staatswaldes ließ das Umweltministerium die ökonomischen und ökologischen Auswirkungen intern von dem Landesbetrieb und extern durch einen Gutachter evaluieren. Sowohl der Landesbetriebs als auch der Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass die Umsetzung der Zweit-Zertifizierung dauerhaft zu Ertragseinbußen von mindestens 10 Millionen Euro jährlich führen werde. Die Zusammensetzung der Baumarten im Wald ändere sich, es werde weniger wirtschaftlich vorteilhafte Nadelbäume geben, die Kosten für den Schutz gegen Schädlinge stiegen, die Holzernte werde erschwert und auf größerer Fläche werde die Waldnutzung komplett eingestellt. Dazu kämen die Kosten von rund 1,2 Millionen Euro für die Zertifizierung und die jährlichen Kontrollen. Keine messbaren ökologischen Vorteile der Zweit-Zertifizierung Ein Siegel über die Zweit-Zertifizierung sollte nach den Vorstellungen des Umweltministeriums der Vermarktung dienen. Höhere Holzpreise wurden jedoch im Wesentlichen nicht erzielt. Ökologische Vorteile der veränderten Bewirtschaftung als Ergebnis der Zweit-Zertifizierung waren nicht messbar. So wurde beispielsweise nicht – wie in einer Pressemitteilung des Umweltministeriums angeführt – auf Pflanzenschutzmittel verzichtet. Es wurden weiterhin chemische Pflanzenschutzmittel in ähnlich geringer Menge wie vor der Zertifizierung verwendet. Erhöhter waldbaulicher Aufwand ist zu erwarten Die Vorgaben der Zweit-Zertifizierung sind in der Praxis zwar grundsätzlich umsetzbar. In vielen Fällen ist dies jedoch nur mit einem erhöhten und fachlich unnötigen konzeptionellen und waldbaulichen Aufwand verbunden. Als Folge steigen das Bewirtschaftungsrisiko und die Gefahr teurer Fehlinvestitionen. Die Einschränkungen bei der Auswahl von Baumarten und bei der Anwendung erprobter waldbaulicher Verfahren wirken sich nicht allein ökonomisch aus. Zusätzlich werden auch die Handlungsoptionen, den Folgen von Extremwetterereignissen im Wald zu begegnen, unnötig eingeschränkt. Das Ministerium sollte sich an die nachhaltige Praxis seines Landesbetriebs halten Das Umweltministerium des in Rede stehenden Bundeslandes hält die Zweit-Zertifizierung weiterhin in jeder Hinsicht für vorteilhaft. Mit ihr werde dem hohen Standard der Bewirtschaftung des Staatswaldes ein nach außen sichtbarer Ausdruck gegeben. Das Umweltministerium wäre gut beraten, auf seinen Landesbetrieb zu hören und es bei dessen bewährter Praxis der nachhaltigen Waldbewirtschaftung zu belassen. Aber wenn Umweltverbände und Nicht-Regierungsorganisationen beim Umweltschutz ins Spiel kommen, liebe Leserinnen und Leser, sind deren Vorschläge ja Gesetz, sagt resignierend Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
09.02.2021
Verzicht auf Gebühreneinnahmen bei Rüstungsfirmen
In seinem jüngsten Jahresbericht kritisiert der Bundesrechnungshof das Bundeswirtschaftsministerium dafür, dass es seit Jahren versäumt hat, die vorgeschriebenen Gebühren im Zusammenhang mit dem Export von Rüstungsgütern zu erheben. Aus dem mitgeteilten Schriftwechsel gewinnt man den Eindruck, dass das Wirtschaftsministerium trotz eindeutiger Rechtslage die Rüstungswirtschaft nur sehr ungern – aus welchen Gründen auch immer – mit Gebühren belasten möchte. Gebühren sind Geldleistungen, die als Gegenleistung für eine Amtshandlung oder eine sonstige Tätigkeit der Verwaltung oder für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden. Gebühren verlangt der Staat zum Beispiel für die Ausstellung eines Passes oder eines Führerscheins. Es handelt sich also um eine Art Preis für die konkrete Inanspruchnahme von Leistungen der öffentlichen Hand. Gebühren sind dazu bestimmt, die Kosten der öffentlichen Dienstleistung ganz oder teilweise zu decken. Weiterhin ist anerkannt, dass neben dem berechtigten Interesse der Allgemeinheit auf Kostenerstattung für individuell abgegebene staatliche Leistungen auch der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen, den der Leistungsempfänger erhält, in angemessener Weise berücksichtigt werden kann. Zwischen beiden Interessen ist ein ausgewogenes Verhältnis herzustellen. Die Ausfuhr von Rüstungsgütern muss genehmigt werden Nach dem Grundgesetz dürfen zur Kriegführung bestimmte Waffen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, transportiert und exportiert werden. Entsprechende Genehmigungen müssen Unternehmen vorab beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle beantragen. Das Bundesamt untersteht dem Bundeswirtschaftsministerium. Im Jahr 2018 gingen 14.300 Anträge auf Export von Rüstungsgütern bei dem Bundesamt ein. Für Genehmigungen sind kostendeckende Gebühren zu erheben Seit dem Jahr 2013 regelt das Bundesgebührengesetz, dass die Verwaltungsbehörden des Bundes für ihre individuell zurechenbaren Leistungen grundsätzlich kostendeckende Gebühren erheben müssen. Dazu erließ die Bundesregierung im Jahr 2015 die Allgemeine Gebührenverordnung. Sie gibt vor, wie Gebühren kostendeckend zu kalkulieren sind. Das Antragsverfahren beim Export von Rüstungsgütern, in dem Unternehmen für den Export ihrer Kriegswaffen eine Genehmigung erhalten wollen, ist eine individuell den jeweiligen Antragstellern zurechenbare öffentliche Leistung. Einnahmen von bis zu 10 Millionen Euro hätten erzielt werden können Dem Wirtschaftsministerium war es natürlich bekannt, dass für die Exportgenehmigungen das Bundesgebührengesetz gilt. Im Jahr 2016 erwog das Ministerium, Gebühren bei der Rüstungsexportkontrolle einzuführen. Dabei hielt es Einnahmen zwischen 5 und 10 Millionen Euro pro Jahr für möglich. Letztlich vertagte es aber die Entscheidung. Entsprechende Gebühren erhebt es bis heute nicht. Das Ministerium hätte seinerzeit einen verbindlichen Katalog der gebührenpflichtigen Leistungen bei der Rüstungsexportkontrolle erstellen und die jeweiligen Gebührensätze kalkulieren müssen, damit das Bundesamt entsprechende Gebühren festsetzen und erheben konnte. Der Rechnungshof hat dieses Versäumnis als pflichtwidrig gerügt. Das Ministerium will nun eine Gebührenregelung schaffen Das Wirtschaftsministerium führte im Schriftwechsel mit dem Rechnungshof aus, dass zwar seit dem Jahr 2013 mit dem Bundesgebührengesetz der Rahmen geschaffen sei, um Gebühren zu erheben. Da erst später weitere gesetzliche Konkretisierungen hinzugekommen seien, nehme es aber noch eine gewisse Zeit in Anspruch, die Regelungen des Bundesgebührengesetzes umzusetzen. Bis zum 1. Oktober 2021 werde es den Erlass einer Gebührenverordnung für die Antragsbearbeitung zum Rüstungsexport prüfen und umsetzen. Dabei werde das Ministerium auch berücksichtigen, welche wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Herausforderungen die betroffenen Unternehmen infolge der Corona-Politik zu bewältigen haben. Eine Ausnahme von der Gebührenpflicht? Im Wirtschaftsministerium wurde auch erwogen, an den Gesetzgeber heranzutreten, um eine Ausnahme von der Gebührenpflicht für die Rüstungsexportkontrolle zu erwirken. Man kann sich nur darüber wundern, wie stark sich das Ministerium für die Belange der Rüstungswirtschaft einsetzt. Die Gebühren werden ja schließlich auf die Käufer der Rüstungsgüter überwälzt. Und bekanntlich geht ein großer Teil unserer Rüstungsexporte in ölreiche Länder, die gerne bereit sind, für hochwertige Waffen ein wenig mehr zu zahlen. Aber wer kennt schon alle Zusammenhänge des Rüstungsgeschäfts, liebe Leserinnen und Leser, sagt verunsichert Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
30.01.2021
Unnötige Bürokratie beim Katastrophenschutz
Bei der finanziellen Unterstützung von Kommunen und privaten Hilfsorganisationen, die beim Katastrophenschutz mitwirken, praktiziert ein Bundesland ein aufwendiges Verfahren ohne erkennbaren Mehrwert. Nachdem Kritik laut wurde, will das betreffende Bundesland das Verfahren überprüfen. Beim Katastrophenschutz geht es um den Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen oder den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen oder bedeutender Sachwerte. Gedacht ist dabei insbesondere an Naturkatastrophen wie extremer Schneefall oder große Hochwasser, aber auch schwere Verkehrsunfälle oder kerntechnische Unfälle können den Katastrophenfall auslösen. Gefahrenabwehr im Katastrophenfall ist Aufgabe der Länder, die dabei die Kommunen sowie private Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz oder den Malteser Hilfsdienst einbeziehen. Einzelheiten der Aufgabenverteilung und der Finanzierung werden in Ländergesetzen geregelt. Im Katastrophenschutzgesetz des hier in Rede stehenden Bundeslandes wird ausgeführt, dass die beim Katastrophenschutz mitwirkenden privaten Hilfsorganisationen sowie die staatlichen und kommunalen Aufgabenträger die Kosten, die ihnen durch die Aufgabenerfüllung entstehen, grundsätzlich selbst zu tragen haben. Durch zahlreiche in dem genannten Gesetz selbst normierte Ausnahmen und durch zusätzlich geschaffenen Fördertatbestände läuft dieser Grundsatz jedoch weitgehend leer. Das Land stellt Fahrzeuge und Ausrüstung bereit In dem betreffenden Bundesland hat das Landesinnenministerium die Aufgabe, Fahrzeuge, Geräte und Spezialausrüstung für den Katastrophenschutz zu beschaffen und bereitzustellen. Im Fall der Überlassung ist die Unterbringung und Unterhaltung angemessen zu unterstützen. Soweit Gemeinden, Landkreise, Kreisfreie Städte und private Hilfsorganisationen Träger von Katastrophenschutzeinheiten sind, übernehmen sie die bereitgestellte Ausstattung auf der Grundlage von Überlassungsvereinbarungen. Zuschüsse für vom Land bereitgestellte Fahrzeuge Für die Unterbringung und Unterhaltung der Fahrzeuge und Geräte bewilligt das Land den Kommunen und privaten Hilfsorganisationen pauschalierte Zuschüsse. Jährlich werden dementsprechend rund 300 Förderverfahren durchgeführt. Das heißt, dass von Seiten der betreffenden Gemeinden, Landkreise, Kreisfreien Städte und Hilfsorganisationen entsprechende Anträge gestellt und die erforderlichen Unterlagen eingereicht werden müssen. Da dem Land jedoch bekannt ist, welchen Kommunen oder Hilfsorganisationen es Fahrzeuge und Geräte überlassen hat, fragt man sich, welche Mehrinformationen das aufwendige Antragsverfahren erbringen soll. Richtigerweise sollte die Unterstützung durch das Land bei der Überlassung mitgeregelt werden. Zuschüsse an die Träger von Katastrophenschutzeinheiten Weiterhin gewährt das Land den Kommunen sowie den Hilfsorganisationen jedes Jahr auf Antrag pauschalierte Zuschüsse für die Trägerschaft von insgesamt 144 Katastrophenschutzeinheiten. Durch die Förderung sollen die ehrenamtliche Mitwirkung im Katastrophenschutz, die Helferwerbung und Helferausbildung unterstützt werden. Dabei kennt das Land doch die in Frage kommenden Katastrophenschutzeinheiten, da das Innenministerium sowohl deren Anzahl als auch deren Ausstattung generell festlegt. Anstelle von aufwendigen Zuschussverfahren sollten auch hier einfachere und wirtschaftlichere Wege zur finanziellen Unterstützung der Träger gefunden werden, so dass eine jährliche Antragstellung nicht mehr erforderlich wäre. Nachweise über die Verwendung der Fördermittel wurden nicht ausgewertet Dass das Land die Informationen aus dem Zuschussverfahren gar nicht braucht, zeigt auch folgender Befund: Bei Zuschüssen ist vorgeschrieben, dass die Empfänger die Mittelverwendung nachweisen müssen. Die zuschussgewährenden Dienststellen haben die Nachweise über die Mittelverwendung dann auszuwerten. Bei den hier in Rede stehenden Fördermaßnahmen ist die Auswertung teilweise jedoch erst mit jahrelanger Verspätung durchgeführt worden. Auch fiel es nicht auf, wenn die Nachweise über die Mittelverwendung verspätet oder gar nicht vorlegt wurden. Das Land will die Finanzierung überprüfen Das Innenministerium des betreffenden Bundeslandes räumt ein, dass es bei der Prüfung der Verwendungsnachweise in den letzten Jahren zu längeren Verzögerungen gekommen sei. Der Abbau bestehender Rückstände erfolge nunmehr planmäßig. Im Übrigen will das Innenministerium das Verfahren zur Finanzierung der Kommunen und Hilfsorganisationen grundlegend überprüfen. Mal sehen, liebe Leserinnen und Leser, ob das Bundesland sich wirklich zu neuen Fördermodalitäten durchringen kann, die für alle Beteiligten weniger Aufwand mit sich bringen. Aber bekanntlich fällt es Bürokraten ja äußerst schwer, sich von bürokratischen Verfahren zu trennen, sagt skeptisch Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
24.01.2021
Veraltete Tanker der Bundeswehr
Seit Jahren gelingt es den Verantwortlichen im Bundesverteidigungsministerium nicht, die Ausrüstung der Bundeswehr zu modernisieren. Vor kurzem wurde ein Bericht bekannt, der wieder einmal belegt, wie unwirtschaftlich der Betrieb von veralteten Systemen ist und wie schleppend Ersatzbeschaffungen vonstattengehen. In den Jahren 1974/75 kaufte die Bundeswehr zwei zivile Tanker und ließ sie für militärische Zwecke umbauen. Die Tanker sollen Schiffe und Boote der Marine mit Betriebsstoffen versorgen und so deren Mobilität weltweit erhöhen. Sie nehmen für die Bundeswehr auch internationale Verpflichtungen wahr, u. a. in Einsatzverbänden der NATO. Für die Tanker war ursprünglich eine Nutzungsdauer von 30 Jahren vorgesehen. Nach über 40 Jahren Betrieb zeigte die Schiffstechnik der Tanker, insbesondere die Antriebsmaschinen, viele Mängel und häufige Ausfälle. Daher musste die Marine Manöver wegen Motorschäden abbrechen und die Tanker zurückschleppen. In den letzten Jahren hat die Häufigkeit von Schäden zugenommen. Die Instandsetzung ist meist schwierig, weil viele Ersatzteile nicht mehr erhältlich sind und daher neu gefertigt werden müssen. Die Dauer von Instandsetzungsarbeiten und die Ausgaben hierfür stiegen in den vergangenen Jahren deutlich an. Mangelnde Zuverlässigkeit und Unwirtschaftlichkeit im Betrieb Die Tanker haben die für sie vorgesehene Nutzungsdauer von 30 Jahren weit überschritten. Ihre überalterten Anlagen verursachten häufig Ausfälle. Dies machte eine verlässliche Einsatzplanung immer schwieriger. Selbst zugesagte internationale Verpflichtungen waren nicht immer aufrechtzuerhalten. Durch den sich weiter verschlechternden Zustand der alten Tanker und die sehr schwierige Ersatzteilsituation verlängern und verteuern sich die Instandhaltungsmaßnahmen. Auch wenn die Verfügbarkeitsprobleme gelöst werden könnten, wäre ein Weiterbetrieb der alten Tanker unwirtschaftlich, wie die zuständigen Stellen der Bundeswehr selbst einräumen. Internationale Einsatzfähigkeit gefährdet Im Jahr 1973 wurde ein internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung geschlossen. Das Übereinkommen verlangt für zivile Öltanker älterer Bauart seit dem Jahr 2005 grundsätzlich zwei (Außen-)Hüllen. Sonst dürfen diese nicht mehr fahren. Für Militärschiffe soll durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass sie in Übereinstimmung mit dem internationalen Übereinkommen betrieben werden. Im Januar 2016 legte das Verteidigungsministerium fest, dass die Vorgaben des Übereinkommens auch für Schiffe der Bundeswehr grundsätzlich verbindlich sind. Die beiden hier in Rede stehenden Tanker haben nur eine Hülle. Die Bundeswehr betreibt sie aufgrund einer Ausnahmeregelung dennoch weiter. Verschiedene Staaten verbieten den Verkehr von Tankern mit nur einer Hülle in ihren Hoheitsgewässern, auch wenn sie als Militärschiffe Ausnahmen in Anspruch nehmen. Die beiden Tanker können somit international nicht mehr überall eingesetzt werden. Schleppende Nachfolgeplanung Im Jahr 2014 startete das Marinekommando eine Initiative, die alten Tanker durch zwei neue abzulösen. Im April 2016 wies das Verteidigungsministerium das Planungsamt der Bundeswehr an, die Anforderungen an die neuen Tanker zu erarbeiten. Um das Vorhaben zu beschleunigen und kostengünstig zu gestalten, sollten auch marktverfügbare Lösungen ─ ggf. mit notwendigen Anpassungen ─ berücksichtigt werden. Im Juli 2019 traf der Generalinspekteur der Bundeswehr die Auswahlentscheidung zu den ihm vorgelegten Lösungsvorschlägen. Darunter waren keine Vorschläge, vorhandene Tanker zu kaufen und ggf. für militärische Zwecke umzubauen. Vielmehr sollen neue Tanker entwickelt und gebaut werden. Der Zeitplan sieht so aus, dass ein Vertragsschluss für 2021 angestrebt wird, der erste der neuen Tanker soll dann im Jahr 2024 geliefert werden. Ein Kauf handelsüblicher Tanker wäre billiger gewesen Die technischen Probleme, der unwirtschaftliche Betrieb und die Umweltrisiken der alten Tanker sind der Bundeswehr seit langem bekannt. Dennoch begann sie mit der Nachfolgeplanung erst mehrere Jahre nach dem Ende der ursprünglich vorgesehenen Nutzungsdauer. Dann vergingen nochmals fünf Jahre bis zur Auswahlentscheidung. Sofern der Zeitplan eingehalten werden kann, werden die alten Tanker bereits 47 Jahre im Dienst sein, wenn der erste neue Tanker einsatzbereit ist. Die Bundeswehr hätte Zeit gewinnen und Geld sparen können, wenn sie an Stelle einer Neuentwicklung vorhandene Tanker gekauft und an den militärischen Bedarf angepasst hätte. Auch mehrere ausländische Marinestreitkräfte haben sich in jüngster Zeit für den Kauf handelsüblicher Tanker entschieden, die anschließend an den militärischen Bedarf angepasst wurden. Das Verteidigungsministerium will die alten Tanker weiterbetreiben Die alten Tanker will das Verteidigungsministerium trotz allem weiterhin in Betrieb halten, sie müssten halt immer wieder instandgesetzt werden. Ihr Zustand sei nicht bedenklich, ein sicherer bestimmungsgemäßer Gebrauch sei unverändert möglich. Nur mit einem Weiterbetrieb der alten Tanker könne die Betriebsstoffversorgung auf See sichergestellt werden, bis die neuen Tanker zur Verfügung stünden. Auch die Verpflichtungen gegenüber der NATO könnten nur so eingehalten werden. Der geschilderte Fall schließt sich nahtlos an viele ähnlich schief gelaufene Beschaffungsvorhaben des Verteidigungsministeriums an. Vor diesem Hintergrund, liebe Leserinnen und Leser, bleibt uns nur die Hoffnung, dass die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr nie ernsthaft auf die Probe gestellt wird, sagt kopfschüttelnd Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
20.01.2021
Ein teurer Spaß für uns Steuerzahler: Wenn ein Bundesland ein Schloss kauft
Im Jahr 2005 erwarb ein westdeutsches Bundesland einen Miteigentumsanteil von rund drei Vierteln an einem Schloss zusammen mit den im Schloss befindlichen Sammlungen für insgesamt 13,3 Millionen Euro. Vor dem Erwerb von Schloss und Sammlungen wurde keine umfassende Untersuchung durchgeführt, um die Höhe der voraussichtlichen Sanierungskosten des Schlosses zu ermitteln. Zum Zeitpunkt des Kaufs wurde der Sanierungsaufwand auf rund 560.000 Euro geschätzt. Schon vor Abschluss des Kaufvertrags gab es Hinweise auf weiteren Untersuchungsbedarf am Schloss. Der Kaufvertrag wurde abgeschlossen, ohne diesen Hinweisen nachzugehen. Seit dem Kauf investierte das Land insgesamt rund 3 Millionen Euro für die Unterhaltung bzw. Instandsetzung des Schlossgebäudes. Von diesem Geld wurden verschiedene Einzelmaßnahmen durchgeführt, u. a. eine provisorische brandschutztechnische Ertüchtigung. Eine grundlegende Sanierung, insbesondere zur Behebung der statischen Probleme und zur endgültigen Verbesserung des Brandschutzes, steht auch 15 Jahre nach dem Kauf noch aus. Inzwischen wurde der Sanierungsbedarf des Schlosses umfassend ermittelt. Es zeichnet sich ein erheblicher Bedarf ab. Nach einem Gutachten vom Herbst 2019 werden die Kosten für die Sanierung voraussichtlich rund 20 Millionen Euro betragen. Das Land muss die Sanierung des Schlosses fast allein bezahlen Ein Miteigentumsanteil von rund einem Viertel der Liegenschaft verbunden mit dem Sondereigentum an einer Eigentumswohnung im Obergeschoss des Schlosses verblieb bei dem Verkäufer. Abweichend von der üblichen Aufteilung der Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung nach den Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes wurde vereinbart, dass der Miteigentümer lediglich einen Pauschalbetrag für die Instandhaltung von 12.000 Euro pro Jahr zu zahlen hat. Von den zu erwartenden Sanierungskosten von 20 Millionen Euro hätte der Miteigentümer somit nach der getroffenen Pauschalvereinbarung bei einer Sanierungsdauer von fünf Jahren nicht rund ein Viertel, sondern weniger als ein halbes Prozent zu tragen. Der Miteigentümer profitiert vom Wertzuwachs nach der Sanierung Die geplanten Sanierungsarbeiten im Schloss führen zu einer Wertsteigerung des Schlosses, von der auch die dem Miteigentümer verbliebene Eigentumswohnung profitieren würde. Im Falle eines Verkaufs der Wohnung und des Miteigentumsanteils steht dem Land ein dinglich gesichertes Vorkaufsrecht zu. Macht das Land von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch, müsste es für die nach der Sanierung wertvollere Eigentumswohnung einen voraussichtlich deutlich höheren Kaufpreis zahlen. Im Ergebnis würde das Land in diesem Fall für die Sanierung doppelt zahlen. Alternative Lösungen wurden nicht geprüft Um die Sammlungen im Schloss der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, gründete das Land zusammen mit der Stadt, in der sich das Schloss befindet, und dem Landkreis im Jahr 2005 eine Gesellschaft zum Betrieb des Museums. Die haushaltsrechtlich vorgeschriebene Prüfung, ob das Museum nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise als durch eine Gesellschaft betrieben werden könnte, erfolgte nicht. Dabei hätte es nahegelegen zu untersuchen, ob die Staatliche Schlösserverwaltung des Landes diese Aufgabe übernehmen könnte. Die Staatliche Schlösserverwaltung betreut 50 historische Stätten in diesem Bundesland. Das Land zahlt auch für den Museumsbetrieb Nach der ursprünglichen Konzeption waren Zahlungen des Landes für den Museumsbetrieb nicht vorgesehen. Vielmehr sollten diese Ausgaben, soweit sie nicht durch Ticketverkäufe und Einnahmen aus dem Museumsshop finanziert werden konnten, durch die Stadt und den Kreis abgedeckt werden. Die jährlichen Besucherzahlen blieben mit durchschnittlich 21.000 jedoch deutlich hinter den erwarteten 100.000 Besuchern zurück. Die Betriebsgesellschaft war von Anfang an nicht in der Lage, ihre Ausgaben selbst zu decken. Entgegen den vertraglichen Verpflichtungen leisteten die Stadt und der Kreis keine Zahlungen zur Sicherstellung des Museumsbetriebs. Vielmehr unterstützte das Land die Gesellschaft zwischen den Jahren 2008 und 2019 durch stetig steigende Zuschüsse mit insgesamt rund 1,9 Millionen Euro. Fehler wie beim Ankauf des Schlosses sollen nicht wieder vorkommen Als Kritik am Ankauf des Schlosses laut wurde, hat das Land sich einsichtig gezeigt. In Zukunft werde in vergleichbaren Fällen im Vorfeld eine Gesamtbestandsanalyse durchgeführt werden. Durch eine Anpassung der bestehenden Vereinbarung soll sichergestellt werden, dass ein etwaiger Wertzuwachs im Falle des Verkaufs der Eigentumswohnung dem Land zufließt. Eine Überführung der Betriebsgesellschaft in die Staatliche Schlösserverwaltung wird erwogen. Nicht bekannt wurde, ob das Land mit dem Miteigentümer verhandelt, um eine geänderte Aufteilung des Sanierungsaufwands zu erreichen. Auch war nichts davon zu hören, dass die Verantwortlichen, welche die für das Land so überaus nachteiligen Verträge abgeschlossen haben, in irgendeiner Form zur Rechenschaft gezogen werden. Sind ja alles nur Steuergelder, mögen sich die Verantwortlichen gedacht haben, liebe Leserinnen und Leser, sagt erbost Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
16.01.2021
Digitalisierung bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten
Beim Einsatz elektronischer Medien in der öffentlichen Verwaltung hinkt Deutschland hinter anderen Nationen her. Da ist man froh, wenn man ab und zu auf ein gelungenes Beispiel für den Einsatz moderner Technik stößt, selbst wenn es sich dabei um das Thema Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr durch die Polizei handelt. Sowohl der Bund als auch die Bundesländer haben in den letzten Jahren Gesetze zur Förderung der elektronischen Verwaltung in Kraft gesetzt. In den Gesetzen wird u.a. der elektronische Zugang zur Verwaltung, die Bereitstellung von Informationen über das Internet oder die Einrichtung von elektronischen Bezahlmöglichkeiten geregelt. Der rechtliche Rahmen für den Einsatz elektronischer Medien in der öffentlichen Verwaltung ist somit vorhanden. Im internationalen Vergleich steht Deutschland bei der tatsächlichen Nutzung moderner Medien durch die öffentliche Verwaltung jedoch schlecht da. Nur einige ost- und südeuropäische Länder schneiden noch schlechter ab. Laut einem Bericht der EU-Kommission ist Deutschland eines der EU-Länder mit der niedrigsten Online-Interaktion zwischen Behörden und Bürgern. Auch sei in den letzten Jahren so gut wie kein Fortschritt festzustellen gewesen. Einsatz einer „App“ bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten In einem westdeutschen Bundesland ist seit 2013 eine „App“ auf den dienstlichen Smartphones der Polizisten installiert. Damit können Verkehrsordnungswidrigkeiten gegebenenfalls mit Beweisfoto digital vor Ort erfasst und direkt an die Zentrale Bußgeldstelle des Bundeslandes übermittelt werden. Die Nutzung dieser „App“ ist nicht verpflichtend, allerdings soll sie nach geltender Erlasslage aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und einer gesteigerten Datenqualität bevorzugt eingesetzt werden. In den letzten Jahren war eine steigende Nutzerzahl festzustellen. Derzeit werden neue Smartphones für die Polizisten beschafft, welche ältere Smartphone-Modelle ersetzen sollen. Das Innenministerium will die verpflichtende Nutzung der „App“ nicht anordnen Der Einsatz der „App“ bietet viele Vorteile und beschleunigt das Verwaltungsverfahren. Sobald der Austausch der Smartphones abgeschlossen ist, sollten nach Ansicht von Fachleuten die Polizisten zur ausschließlichen Nutzung der „App“ verpflichtet werden. Das Innenministerium des betreffenden Bundeslandes hat darauf hingewiesen, dass der Austausch der Smartphones voraussichtlich im Jahr 2023 abgeschlossen sein wird, erst dann seien alle Polizisten mit dem neuen Modell ausgestattet. Fachliche Einwendungen sprächen allerdings gegen eine verpflichtende Nutzung der „App“. Über die Haltung des Innenministeriums kann man sich nur wundern. Man hat eine funktionierende und erprobte Technik, will es aber doch dem einzelnen Polizeibeamten überlassen, ob er die „App“ auch im polizeilichen Alltag einsetzt. Bezahlung von „Knöllchen“ per Kreditkarte Im September 2018 hatte die Polizei des betreffenden Bundeslandes mit dem Probebetrieb des bargeldlosen Bezahlens von Verwarnungsgeldern begonnen. Durch den Einsatz bargeldloser Bezahlterminals können seitdem Verkehrsordnungswidrigkeiten bis zur Höhe von 55 Euro direkt vor Ort mit EC- oder Kreditkarte gezahlt werden. Bisher waren Fälle, in denen verwarnte Personen mit der erhaltenen Verwarnung zwar einverstanden waren, sie jedoch nicht sofort zahlen konnten, verwaltungsaufwändig und mussten schriftlich von den Polizeibehörden über die zentrale Bußgeldstelle abgewickelt werden. Die Einführung der bargeldlosen Zahlungsmöglichkeit von Verwarnungsgeldern ist zu begrüßen. Es bleibt zu hoffen, dass das Verfahren sobald als möglich flächendeckend eingesetzt wird. Der Stellenwert der Digitalisierung nimmt zu Die geschilderten Beispiele belegen, wie der Einsatz moderner Technik die Arbeit der Polizei vereinfachen und beschleunigen kann. Zugleich wird aber auch deutlich, wie zögerlich die Verantwortlichen die zur Verfügung stehenden Potentiale ausschöpfen. Bei dieser Zurückhaltung spielen sicherlich die übertrieben hohen Anforderungen des Datenschutzes eine große Rolle. Allerdings muss man fairerweise zugeben, dass auch die Bürger die digitalen Angebote der öffentlichen Verwaltung kaum nutzen, u.a. wegen der hierzulande weit verbreiteten Skepsis dem technischen Fortschritt gegenüber. Es ist zu erwarten, liebe Leserinnen und Leser, dass im Gefolge der aktuellen Coronakrise der Stellenwert der Digitalisierung von der Bevölkerung zunehmend erkannt wird und Maßnahmen der elektronischen Verwaltung in Deutschland an Boden gewinnen, sagt nachdenklich Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
28.12.2020
Wenn ein Ministerium unnötige Belastungen der Rentenkasse nicht beseitigt
Nicht selten lassen sich Ministerien in unserem Land viel zu lange Zeit, um einen erkannten Missstand abzustellen. So zum Beispiel das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das seit Jahren aus unerfindlichen Gründen nichts unternimmt, um eine Schwachstelle im Rentenrecht zu beheben. Das Zögern des Ministeriums kostet die Rentenkasse Jahr für Jahr viele Millionen. Es gibt um das Fremdrentengesetz. Dieses regelt die Rentenansprüche von Vertriebenen und Spätaussiedlern, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus den früheren deutschen Ostgebieten und den Staaten Osteuropas nach Deutschland zugezogen sind. Es integriert rentenrechtlich bedeutsame Zeiten, die die Berechtigten in ihren Herkunftsstaaten zurückgelegt haben, in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland. Das Fremdrentengesetz ist geprägt vom Eingliederungsgedanken, d. h. die Berechtigten werden so behandelt, als hätten sie ihr Versicherungsleben nicht im Herkunftsland, sondern in Deutschland verbracht. Ausgehend von diesem Grundsatz enthält das Fremdrentengesetz in erster Linie Regelungen, ob und ggf. welche fremden Zeiten in der deutschen Rentenversicherung gleichgestellt und wie diese bewertet werden. Typische Länder, aus den Fremdrenten-Berechtigte kommen, sind Polen, Jugoslawien, Ungarn, Rumänien oder die Sowjetunion bzw. deren Nachfolgestaaten. Doppelzahlungen sollen vermieden werden Beziehen Berechtigte eine Rente oder eine vergleichbare Leistung aus einem Herkunftsstaat für Zeiten, die nach dem Fremdrentengesetz auch in Deutschland anerkannt wurden, müssen sie dies der deutschen Rentenversicherung anzeigen. Die deutsche Rente ruht dann in Höhe dieser Leistung. Dadurch sollen Doppelleistungen vermieden werden. Verzichten Berechtigte auf eine bereits bewilligte Rente ihres Herkunftsstaates oder beantragen diese nicht, zahlt die Rentenversicherung die deutsche Rente in voller Höhe aus. Berechtigte, deren Herkunftsstaat Mitglied der Europäischen Union ist oder mit dem Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, können ihre dortigen Rentenansprüche auch von Deutschland aus geltend machen. Mit der Erweiterung der Europäischen Union um Staaten Mittel- und Osteuropas und der steigenden Zahl von Sozialversicherungsabkommen ist dieser Personenkreis erheblich gewachsen. Verzicht auf Renten der Herkunftsstaaten belastet die deutschen Rentenkassen Renten der Herkunftsstaaten werden also nur dann angerechnet, wenn die Berechtigten diese Leistungen tatsächlich in Anspruch nehmen. Machen sie hiervon keinen Gebrauch, zahlt ihnen die Rentenversicherung die deutsche Rente in voller Höhe aus. Für die Berechtigten verringert sich dadurch nicht nur ihr Aufwand, weil ihnen nur ein Leistungsträger gegenübersteht. Sie können auch finanzielle Nachteile vermeiden, die z. B. durch Wechselkursschwankungen entstehen können. So hatten beispielsweise bis zum Jahr 2016 mehr als 40 Prozent der Berechtigten auf ihre Renten aus Rumänien verzichtet, wie eine Überprüfung ergab. Die daraus entstehenden Belastungen für die Versichertengemeinschaft beliefen sich auf 10 Millionen Euro jährlich. Verstöße gegen die Mitteilungspflicht Für die Träger der Rentenversicherung ist es nur dann möglich, ein Ruhen der deutschen Rente nach dem Fremdrentengesetz zu prüfen, wenn die Berechtigten sie über den Bezug einer Rente ihres Herkunftsstaates informieren. Kommen die Berechtigten dieser Pflicht nicht nach, kann dies zu Doppelleistungen zulasten der Versichertengemeinschaft führen. Die Rentenversicherungsträger befragten im Jahr 2018 eine Vielzahl von Berechtigten nach Renteneinkünften aus ihren Herkunftsstaaten der ehemaligen Sowjetunion. Dabei ergab sich, dass durch unterbliebene Mitteilungen seit dem Jahr 2014 vermeidbare Zahlungen von 14 Millionen Euro entstanden waren. Eine Änderung des Fremdrentengesetzes sollte schnellstens erfolgen Im Jahr 2014 hatten sich die Träger der Rentenversicherung mit der Bitte um Änderung des Fremdrentengesetzes an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gewandt. Auch der Bundesrechnungshof hatte Ende 2017 das Ministerium aufgefordert, für eine Neuregelung des Fremdrentengesetzes zu sorgen. Ein Verzicht auf die Rente des Herkunftsstaates dürfe nicht zulasten der Versichertengemeinschaft in Deutschland gehen. Seit nunmehr sechs Jahren ist dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales somit die geschilderte Problematik bekannt, geschehen ist bisher nichts. Es wird allerhöchste Zeit, dass das Ministerium mit einem Änderungsvorschlag an den Gesetzgeber herantritt, liebe Leserinnen und Leser, um weitere Belastungen der deutschen Rentenkassen zu verhindern, sagt verärgert Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
19.12.2020
Unzureichende Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs
Systematischer Steuerbetrug und Steuervermeidung bei der Umsatzsteuer führen seit Jahren zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe. Dies belastet nicht nur die Haushalte von Bund und Ländern, sondern benachteiligt auch steuerehrliche Unternehmer. Trotz der bisherigen Anstrengungen des Gesetzgebers und der Verwaltung bei der Betrugsbekämpfung ist bis heute keine Trendwende erkennbar. Die Umsatzsteuer ist eine der aufkommensstärksten Steuern in Deutschland. Gleichzeitig ist sie aber auch sehr betrugsanfällig. Diese Betrugsanfälligkeit basiert auf dem System der Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug. Danach fällt die Umsatzsteuer auf jeder Handelsstufe auf den Nettobetrag des Entgelts an und ist an das Finanzamt zu zahlen. Zugleich kann der Unternehmer die an seine Vorlieferanten gezahlte Umsatzsteuer für Einkäufe von Waren und Dienstleistungen oder Investitionen als Vorsteuer davon abziehen, soweit diese in einer Rechnung ausgewiesen ist. Im Ergebnis ist nur die Differenz an das Finanzamt zu überweisen. Sind die Vorsteuerbeträge höher als die zu zahlende Umsatzsteuer, erhält der Unternehmer vom Finanzamt das Guthaben erstattet. Das Wechselspiel aus Umsatzsteuer und Vorsteuer birgt aus Sicht des Fiskus zwei Ansatzpunkte für betrügerische Steuerausfälle: zum einen durch nicht abgeführte Umsatzsteuerbeträge, zum anderen durch zu Unrecht vergütete Vorsteuerbeträge. Unrechtmäßige Erstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle Ein klassisches Betrugsmodell ist das sogenannte Umsatzsteuerkarussell. Seit der Einführung des europäischen Binnenmarktes im Jahr 1993 spielt vor allem die grenzüberschreitende Variante eine große Rolle. Bei dieser Betrugsmasche täuschen organisierte Banden grenzüberschreitende Warenverkäufe vor, um sich Vorsteuern vom Finanzamt erstatten zu lassen, ohne dass die entsprechende Umsatzsteuer gezahlt wird. Die erschlichenen Erstattungen behalten die Beteiligten teilweise für sich, teilweise setzen sie sie ein, um die Endverbrauchspreise zu reduzieren. Zusätzlich zum Steuerschaden entsteht so eine Wettbewerbsverzerrung zulasten steuerehrlicher Unternehmer. Maßnahmen des Gesetzgebers brachten nicht den gewünschten Erfolg Der Gesetzgeber verabschiedete im Jahr 2002 ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs, insbesondere durch grenzüberschreitende Karussellgeschäfte. Wesentliche Instrumente dieses Paketes brachten bis heute nicht den gewünschten Erfolg. Sie wurden von den Finanzbehörden nicht oder nicht gezielt angewendet. Selbst wenn sie teilweise eine gewisse präventive Bedeutung erlangt haben, erfüllten sie nicht ihren eigentlichen Zweck, Steuerbetrug wirksam zu bekämpfen. Der Gesetzgeber schärfte einzelne Regelungen nach, eine deutliche Verbesserung blieb aber aus. Es gibt Rückschläge bei der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs Die ebenfalls im Jahr 2002 eingeführte monatliche Erklärungspflicht für Unternehmensgründer und der Einsatz der Umsatzsteuer-Sonderprüfung haben sich zwar als effektive Instrumente zur Betrugsbekämpfung bewährt. Jedoch hat der Gesetzgeber die monatliche Erklärungspflicht für mehrere Jahre ausgesetzt. Darüber hinaus weist die Umsatzsteuer-Sonderprüfung seit Jahren kontinuierlich sinkende Prüfquoten auf. Beides bewerten Kritiker als Rückschritt im Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug. Verlagerungstendenzen bei den kriminellen Aktivitäten Auch das Reverse-Charge-Verfahren, das die Umsatzsteuerschuld auf den Empfänger der Leistung verlagert, ist ein grundsätzlich wirksames Instrument zur Betrugsbekämpfung. Da es allerdings nur auf bestimmte Umsätze anwendbar ist, verschieben sich die kriminellen Aktivitäten in andere Bereiche. Zwar hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens mehrfach erweitert, löste damit jedoch neue Verlagerungstendenzen aus. Hinzu kamen grenzüberschreitende Ausweichbewegungen und Betrugsmodelle im Dienstleistungssektor. Diese Lücken müssten schnellstens geschlossen werden. Unzulängliche IT-Ausstattung der Finanzverwaltung Die IT-Unterstützung bei der Betrugsbekämpfung reicht nicht aus. Zentrale nationale Systeme für die umsatzsteuerliche Kontrolle sind veraltet. Ein nationales IT-Tool für das europäische Frühwarnsystem EUROFISC ist noch nicht entwickelt. Die Bundesländer haben seit einigen Jahren spezielle Sondereinheiten eingerichtet, die sich mit der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges befassen (Zentralstellen). Diese Zentralstellen sind überwiegend im Bereich der Steuerfahndung angesiedelt. Für die Betrugsbekämpfung fehlt den Zentralstellen die technische Infrastruktur für einen automatisierten Datenaustausch. Dies behindert eine effiziente Zusammenarbeit der Zentralstellen. Das Bundesfinanzministerium weist die Kritik zurück Fachleute sind der Auffassung, dass die Finanzbehörden mit den vorhandenen Instrumenten und einer veralteten technischen Infrastruktur weder dem „klassischen“ Umsatzsteuerbetrug noch den neuen „digitalen“ Betrugsmodellen die Stirn bieten können. Deshalb müssten die analogen Instrumente verbessert werden und neue Technologien und Methoden zum Einsatz kommen. Das Bundesfinanzministerium weist die Kritik zurück, dass bei der Betrugsbekämpfung bis heute keine Trendwende erkennbar sei. Gesetzgeber und Finanzverwaltung hätten in den vergangenen Jahren zahlreiche gesetzliche und organisatorische Maßnahmen eingeführt, die für die Betrugsbekämpfung geeignet und erforderlich gewesen seien. Eine Neuausrichtung der Betrugsbekämpfung ist erforderlich Es war zu erwarten, dass das Bundesfinanzministerium die Kritik aus der Fachwelt zurückweist. Aber festzuhalten bleibt, dass die vorhandenen Instrumente verbessert werden müssen und die Finanzverwaltung digital aufgerüstet werden muss. Die geforderte Neuausrichtung der Betrugsbekämpfung ist sicher nicht von heute auf morgen realisierbar. Aufgrund des hohen Schadens, den Betrug und Hinterziehung für den Fiskus und für steuerehrliche Unternehmer verursachen, duldet ihre Umsetzung aber keinen weiteren Aufschub. Das Bundesfinanzministerium sollte die Chancen der Digitalisierung nutzen, liebe Leserinnen und Lesern, und gemeinsam mit den Ländern die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs zukunftsfähig machen, sagt mit Entschiedenheit Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
12.12.2020
Instandhaltung bei öffentlichen Gebäuden wird vernachlässigt
Viele Gebäude der öffentlichen Hand sind erkennbar in einem schlechten Zustand. Vielfach wurden in der Vergangenheit Ersatz- und Wartungsaufgaben wegen begrenzter Finanzmittel oder auf Grund niedriger Dringlichkeit verschoben. Derartige Unterlassungen bei der Instandhaltung führen zu einem vermehrten Auftreten von Baumängeln und technischen Störungen und verkürzen die Restnutzungsdauer der Gebäude. Der gesamte Immobilienbestand eines westdeutschen Bundeslandes wurde vor kurzem gutachtlich darauf untersucht, wie es um die Instandhaltung der Landesbauten bestellt ist. Wenig überraschend kam der Gutachter zu dem Befund, dass ein funktionierendes Instandhaltungsmanagement für das Immobilienvermögens des Landes nicht vorhanden ist. Seit seiner Gründung im Jahr 2001 bewirtschaftet ein im Eigentum des Landes stehender Liegenschaftsbetrieb die Immobilien des Landes nach kaufmännischen Grundsätzen. Mehr als 2000 Menschen sind in dem Betrieb beschäftigt, sie betreuen über 1200 Grundstücke mit knapp 4300 Gebäuden. Das Immobilienmanagement des Landes basiert auf dem Mieter-Vermieter-Modell. Der Liegenschaftsbetrieb vermietet die Gebäude an Hochschulen, Justiz, Justizvollzug, Polizei, Finanzverwaltung, Ministerien und weitere Landesbehörden, die ihm dafür eine Miete bezahlen. Durch das landesinterne Mietverhältnis soll die jährliche Immobiliennutzung des Landes bezifferbar und transparent werden. Der Liegenschaftsbetrieb reagiert nur auf auftretende Mängel Die Gebäude des Landes weisen ein hohes Durchschnittsalter mit einer Spanne von rund 30 bis rund 100 Jahren auf. Für den Werterhalt dieses Immobilienvermögens ist es unerlässlich, dass regelmäßig eine Instandhaltung vorgenommen wird. Tatsächlich aber verfährt der Liegenschaftsbetrieb bei der Instandhaltung nach der Strategie „Inspektion und Ausfall“. Das bedeutet, dass das Handeln des Liegenschaftsbetriebs nicht auf den Erhalt der baulichen Substanz, sondern erst bei auftretenden Mängeln oder Ausfällen auf eine Schadensbeseitigung gerichtet ist. Nach Auffassung des Gutachters führt diese Art des Instandhaltungsmanagements zu einem Werteverzehr des Immobilienvermögens und einem Instandhaltungsstau. Der Gutachter hat eine ganzheitliche, langfristig angelegte Instandhaltungsstrategie empfohlen. In dieser sind sowohl administrative als auch technische Maßnahmen der Instandhaltung frühzeitig und fortlaufend zu planen und durchzuführen. Keine realistische Ermittlung des Instandhaltungsbedarfs Das Instandhaltungsbudget des Liegenschaftsbetriebs wurde aus Vergangenheitswerten und aus der voraussichtlichen jährlichen Gewinn- und Verlustrechnung abgeleitet und bildete somit nicht den wirklichen Instandhaltungsbedarf ab. Diese Vorgehensweise hatte z. B. im Jahr 2014, als der Betrieb in seiner Planung mit einem Verlust rechnete, zur Folge, dass von den geplanten Instandhaltungsaufwendungen in Höhe von rund 525 Millionen Euro nur rund 291 Millionen Euro zur Auszahlung gelangten. Der Betrieb vertrat die Auffassung, dass die Instandhaltungsplanung die einzige gestalterische Größe sei, um einem Verlust entgegenwirken zu können. Ein ggf. höherer Instandhaltungsbedarf hätte sich dem Jahresabschlussergebnis unterzuordnen. Der Gutachter hat dies kritisiert, diese Praxis müsse dringend geändert werden. Geplante Instandhaltungsmaßnahmen wurden in großem Umfang nicht ausgeführt Der Gutachter stellte für den Zeitraum 2010 bis 2017 eine Abweichung von rund 535 Millionen Euro zwischen den geplanten und den tatsächlich verausgabten Aufwendungen für Instandhaltungsmaßnahmen fest Der Gutachter sah darin ein Anzeichen für einen Instandhaltungsstau in dem untersuchten Achtjahreszeitraum. Der Liegenschaftsbetrieb beruft sich darauf, dass für ihn neben der Verpflichtung zur Instandhaltung der Immobilien auch die Verpflichtung zum wirtschaftlichen Handeln bestehe. Daher habe die Zentrale des Betriebs den Niederlassungen im Hinblick auf das finanzielle Gesamtergebnis Maßnahmen zur Kostensenkung vorgegeben. So wurden die Niederlassungen beispielsweise in einem Jahr angewiesen, nur begonnene Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben sowie zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften umzusetzen. Der Gutachter hat den Liegenschaftsbetrieb gebeten darzulegen, was er bisher im Einzelnen unternommen habe, um einen objektiven Bedarf von Instandhaltungsmaßnahmen benennen zu können. Alles soll besser werden, aber wann? Die Rechts- und Fachaufsicht über den Liegenschaftsbetrieb führt das Finanzministerium des betreffenden Bundeslandes. Auf die geäußerte Kritik hat es ausgeführt, es teile die Zielsetzung, bei dem Liegenschaftsbetrieb ein funktionierendes Instandhaltungsmanagement zur Wertsicherung des Immobilienvermögens einzuführen bzw. voranzutreiben. Im Übrigen befinde sich der Liegenschaftsbetrieb noch in einer Phase der Konzeptionierung und Neugestaltung seiner Prozesse und Grundlagen. Das Finanzministerium als Fachaufsicht werde die vom Gutachter geäußerte Kritik aufnehmen und bei der Bewertung der entsprechenden Konzepte als Maßstab anlegen. Vor dem Hintergrund, dass es den Liegenschaftsbetrieb schon seit 20 Jahren gibt, liebe Leserinnen und Leser, wird es langsam Zeit, ein funktionierendes Instandhaltungsmanagement für die Immobilien des in Rede stehenden Bundeslandes aufzubauen, sagt verärgert Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
05.12.2020
Unnötige Fördermaßnahmen im Bereich der Tierzucht
In Deutschland werden auch die abseitigsten Dinge vom Staat finanziell gefördert. Wussten Sie beispielsweise, dass es für die Zucht und Haltung bestimmter Pferde- und Schweinerassen staatliche Fördergelder gibt? Ob die finanzielle Unterstützung wirklich notwendig ist, interessiert die fördernden Stellen häufig nicht sonderlich, wie im Rahmen einer Überprüfung in einem Bundesland festgestellt wurde. In Ausführung von Vorgaben der EU zur gemeinsamen Agrarpolitik hat ein großes Bundesland die Förderung von als bedroht eingestuften Haus- und Nutztierrassen in sein Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums aufgenommen. In dem Programm heißt es, dass die fehlende Wirtschaftlichkeit der Haltung dieser Tiere der Grund für die Förderung sei. Gegenüber Tierhaltern, die nicht an der Erhaltungszucht teilnähmen, ergäben sich regelmäßig bestimmte zusätzliche Kosten bzw. Nachteile, zum Beispiel Mehrkosten durch die Haltung in kleinen Bestandsgrößen. Die Förderung decke zumindest einen Teil der Kosten ab, die mit der Teilnahme an einem Zucht- und Reproduktionsprogramm verbunden seien. Tierhalter mit einem ideellen Interesse an dem Erhalt alter Rassen könnten so motiviert werden, sich längerfristig zu engagieren. Die Förderung durch Kleinbeträge hätte unterbleiben müssen Für die Umsetzung der Fördermaßnahmen hat das Landwirtschaftsministerium des betreffenden Bundeslandes Förderrichtlinien erlassen. Die Höhe des Zuschusses hängt danach von der Haus- und Nutztierrasse ab und liegt zwischen 30 Euro und 200 Euro pro Tier und Jahr. Bei der erwähnten Untersuchung wurde festgestellt, dass die allermeisten Empfänger im Ergebnis Förderbeträge zwischen 500 und einigen Tausend Euro erhielten. Nur wenige Züchter erhielten Zuschüsse, die sich auf mehrere 10.000 Euro beliefen. Bei den kleinen Zuschüssen von wenigen Hundert Euro stellt sich die Frage, ob sich derart geringe Förderbeträge wirklich entscheidend auf die Motivation und das Engagement der Tierhalter auswirken. An und für sich gilt im öffentlichen Haushaltsrecht der Grundsatz, dass Bagatellförderungen zu unterbleiben haben, da die administrativen Kosten der Förderung hoch sind und die Wirksamkeit zweifelhaft ist. Dieser Grundsatz hätte hier zur Anwendung kommen müssen. Eine Großförderung entsprach nicht dem Förderprogramm Es gab jedoch einige Großförderungen, die ebenfalls, wenn auch aus anderen Gründen nicht erforderlich waren. In einem finanziell bedeutsamen Förderfall beispielsweise erhielt ein Tierhalter rund 90.000 Euro jährlich für einen Tierbestand von knapp 500 freilebenden Pferden. Der Zuschussempfänger vermarktete seinen Tierbestand im Rahmen einer jährlich stattfindenden Veranstaltung und erzielte hieraus beträchtliche Einnahmen. Hier erscheint überaus zweifelhaft, ob die Förderung mit dem Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums vereinbar war. Bei knapp 500 Tieren ging es nicht um einen kleinen Bestand, bei dem es unter Umständen zu Mehrkosten kommen kann. Die Förderung hätte nicht erfolgen dürfen. Ein großer Zuchtbetrieb wurde zu Unrecht gefördert In einem weiteren finanziell bedeutsamen Fall wurde die Zucht von zwei bestimmten Schweinerassen gefördert. Der Zuschussempfänger erhielt eine Zuwendung von rund 120.000 Euro jährlich für einen Tierbestand von über 1.200 Tieren. Auch hier war die Förderung nicht gerechtfertigt. Nach dem Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums sollten mit der Förderung vornehmlich Tierhalter mit kleineren Tierzahlen und keine Großzuchtbetriebe wie der vorliegende unterstützt werden. Der Betrieb produzierte jährlich immerhin rund 34.000 Ferkel. Das Ziel der Förderung, die bedrohten Schweinerassen zu erhalten, stand hier nicht im Vordergrund. Einnahmen der Züchter werden künftig bei der Förderung berücksichtigt Als Kritik an den aufgeführten Förderfällen laut wurde, hat sich das Landwirtschaftsministerium des in Rede stehenden Bundeslandes einsichtig gezeigt. Das Ministerium will die Förderung in den finanziell bedeutsamen Förderfällen künftig betragsmäßig beschränken bzw. die Förderung von den Einkommensverhältnissen der Tierhalter abhängig machen. Etwaige mit der Haltung der bedrohten Haus- und Nutztierrassen erwirtschaftete Einnahmen dürften bei der Förderung nicht unberücksichtigt bleiben. An der Förderung durch Kleinbeträge will das Ministerium hingegen festhalten. So werden unsere Steuergelder auch weiterhin in diesen der Öffentlichkeit kaum bekannten Bereich fließen. Gespeist von dem unbändigen Willen der Politik, liebe Leserinnen und Leser, auch kleinste Interessengruppen zu beglücken, sagt resigniert Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
28.11.2020
Fernuniversität: Nordrhein-westfälische Steuergelder für alle und jeden
Die nordrhein-westfälische Fernuniversität betreut überwiegend Studenten, die in anderen Bundesländern wohnhaft sind. Die anderen Bundesländer beteiligen sich aber – mit einer Ausnahme – nicht an der Finanzierung der Hochschule. Auch für Studenten im Ausland entstehen der Fernuniversität Kosten, für die letztlich der nordrhein-westfälische Steuerzahler aufkommen muss. Die 1974 gegründete Fernuniversität in Hagen ermöglicht ein Studium mit regulärem akademischen Abschluss im Wege des Fernstudiums. Das Studienangebot umfasst Bachelor-und Masterstudiengänge. Die Fernuniversität hat fünf Fakultäten, die größte ist die Fakultät für Wirtschaftswissenschaft. An der Anzahl der Studenten gemessen, ist die Fernuniversität mit derzeit über 75.000 Studenten die größte Hochschule Deutschlands. Bei der Fernuniversität handelt es sich um eine öffentlich-rechtlich verfasste Universität, die den Regelungen des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes unterliegt. Ihre Finanzierung erfolgt überwiegend durch Zuschüsse des Landes sowie in geringem Umfang aus Entgelten und Gebühren. Im Jahr 2019 beliefen sich die vom Land Nordrhein-Westfalen bereitgestellten Mittel auf 86 Millionen Euro. Die Kosten der Fernuniversität pro Student in Deutschland liegen bei rund 63 Euro, für Studenten im Ausland sind sie deutlich höher. Nur 30 Prozent der Studenten wohnen in Nordrhein-Westfalen Die Fakultäten stellen den Studenten Studieninhalte in vielfältiger Form zur Verfügung. Neben den gedruckten und digitalen Lehrmaterialien können die Studenten Lehrveranstaltungen in den 13 Regionalzentren nutzen. Bei den Regionalzentren handelt es sich um Kontaktstellen zwischen der Hochschule und den Studenten, die an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb Nordrhein-Westfalens unterhalten werden. Von den über 75.000 Studenten sind nur 30 Prozent den Regionalzentren in Nordrhein-Westfalen zugeordnet. Über 60 Prozent werden durch Regionalzentren in anderen Bundesländern betreut, für den Rest sind Regionalzentren außerhalb Deutschlands zuständig. Für ihre Regionalzentren entstehen der Fernuniversität Kosten in Höhe von mehr als 4,7 Millionen Euro pro Jahr. Die anderen Bundesländer profitieren von der Fernuniversität Ein Gutachter hat jetzt darauf hingewiesen, dass die anderen Bundesländer durch die Angebote der Fernuniversität finanziell entlastet werden; sie müssen weniger Studienplätze in ihren eigenen Hochschulen vorhalten. Anders als bei Präsenzhochschulen, die Studenten aus anderen Bundesländern aufnehmen, besteht insoweit kein Gegenseitigkeitsverhältnis. Mit Ausnahme von Bayern leisten die anderen Bundesländer keinen finanziellen Beitrag zum Betrieb der Fernuniversität oder ihrer Regionalzentren. Bayern stellte die Infrastruktur für das Regionalzentrum München kostenlos zur Verfügung und zahlte einen Betrag von 110.000 Euro. Auch der Bund trägt zur Finanzierung der Fernuniversität trotz deren bundesweiten Wirkens nichts bei. Schließung der Regionalzentren außerhalb Nordrhein-Westfalens? Der Gutachter hat daher empfohlen, gegenüber den anderen Ländern und dem Bund eine Beteiligung an der Finanzierung der Fernuniversität einzufordern. Soweit eine derartige Mitfinanzierung in absehbarer Zeit nicht realisiert werden kann, sollten die Regionalzentren außerhalb von Nordrhein-Westfalen geschlossen werden. Die Fernuniversität hat darauf hingewiesen, dass es seit kurzem rechtlich möglich sei, eine Gebühr für die Kosten der Regionalzentren von den Studenten zu erheben. Diese Gebühreneinnahmen würden die Kosten der Regionalzentren jedoch voraussichtlich nicht in Gänze decken. Die Fernuniversität hat der Einschätzung des Gutachters zugestimmt, dass insoweit die Finanzierung der Regionalzentren durch den Bund und die Länder anzustreben sei. Eine Schließung der Regionalzentren sei für die Fernuniversität hingegen keine Option. Regionalzentren in Österreich und in der Schweiz Außerhalb Deutschlands hat die Fernuniversität ein Regionalzentrum in Österreich eingerichtet. Die Kosten für dieses Zentrum werden weitestgehend durch österreichische Stellen getragen. Weiterhin unterhält die Fernuniversität für die Betreuung von rund 900 Studierenden in der Schweiz ein Regionalzentrum in Zürich. Die Kosten der Fernuniversität pro Student in der Schweiz liegen bei rund 141 Euro pro Jahr. Der Gutachter hat darauf hingewiesen, dass die Schweiz vor einiger Zeit eine eigene Fernuniversität errichtet habe, das Regionalzentrum in Zürich sollte daher geschlossen werden. Die Fernuniversität verteidigt sich damit, dass sie die Kosten des Regionalzentrums in Zürich bereits auf ein Minimum reduziert habe. Der nordrhein-westfälische Landtag muss jetzt entscheiden Die Finanzierung der Regionalzentren in der Schweiz und in Ungarn durch das Land Nordrhein-Westfalen fügt sich nahtlos ein in die weitverbreitete Tendenz der deutschen Politik, im Ausland Gutes zu tun, zulasten der heimischen Steuerzahler. Besonders absurd erscheint im vorliegenden Fall die Finanzierung des Regionalzentrums in Zürich, da die Schweiz ja deutlich wohlhabender ist als das von Strukturschwäche geplagte Bundesland Nordrhein-Westfalen. Der Landtag in Düsseldorf ist jetzt mit dem Thema Fernuniversität befasst. Es bleibt zu hoffen, dass die Parlamentarier sich wenigstens den Schließungsvorschlägen für die ausländischen Regionalzentren anschließen werden. Aber Deutschland rettet bekanntlich ja die ganze Welt, da kommt es wahrscheinlich auf die hier in Rede stehenden Ausgaben auch nicht mehr an, sagt verzweifelt Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
21.11.2020
Zu wenig Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit
Im Jahr 2019 betrug der durch die Zollbehörden festgestellte Schaden durch Schwarzarbeit nach Angaben der Bundesregierung über 750 Millionen Euro. Die tatsächlichen Schäden dürften weit darüber hinausgehen. Wissenschaftliche Studien schätzen den Umfang der Schattenwirtschaft in Deutschland auf über 300 Milliarden Euro. In den letzten Jahren hat sich deutlich eine Entwicklung zu organisierten Formen der Schwarzarbeit gezeigt. Die Tätergruppen agieren national und international mit immer komplexeren Methoden, um ihre kriminellen Geschäftsmodelle trotz der Verfolgung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung fortzusetzen. Die Ermittlungen stellen aufgrund von sich stetig verändernden und komplexen Verschleierungsformen bis zu einem gerichtsfesten Tatnachweis hohe personelle und sachliche Anforderungen an die zuständigen Behörden. Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Steuerhinterziehung fallen häufig zusammen und können von den zuständigen Behörden nur gemeinsam bekämpft werden. Zu diesem Zweck ist seit dem Jahr 2004 das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung in Kraft. Es verpflichtet die Zollbehörden, mit einer Vielzahl von Behörden des Bundes, der Länder und der Kommunen zusammenzuarbeiten. Die Zoll- und die übrigen Behörden haben dazu die erforderlichen Informationen – einschließlich personenbezogener Daten und Ergebnisse der Prüfungen – auszutauschen. Zoll- und Finanzbehörden geben ihre Erkenntnisse nicht weiter In der Zollverwaltung ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit für die Schwarzarbeitsbekämpfung zuständig. Vor kurzem hat der Bundesrechnungshof untersucht, wie die Finanzkontrolle Schwarzarbeit und die Steuerbehörden bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit zusammenarbeiten. Der Rechnungshof kam zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Praxis der Zusammenarbeit der Rechtslage nicht gerecht wird. Zoll- wie Steuerbehörden bestehen auf ihre jeweilige Datenhoheit und geben Daten untereinander oder an andere Behörden nur unzureichend weiter. Diese Verfahrensweise behindert eine erfolgreiche Bekämpfung der Schwarzarbeit. Sie widerspricht der Intention des Gesetzgebers, der die Zoll- und Steuerbehörden zu einer offenen und konstruktiven Zusammenarbeit verpflichtet hat. Scheinrechnungen für nicht geleistete Arbeit Beispielsweise führt die Generalzolldirektion seit dem Jahr 2014 eine Datei mit den Namen von über 5.000 Scheinunternehmen, die sie auch als „Servicefirmen“ bezeichnet. Diese Scheinunternehmen stellen an gewerbliche Unternehmer Scheinrechnungen für nicht geleistete Arbeiten aus. Die gewerblichen Unternehmer bezahlen die Rechnung und erhalten im Gegenzug das Geld abzüglich einer Provision von den Servicefirmen in bar zurück. Hierdurch erzeugen sie für den gewerblichen Unternehmer Schwarzgeld, mit dem dann Beschäftigte bar bezahlt werden können. Scheinrechnungen werden in erheblichem Umfang wie eine Ware am Markt gehandelt und in den Wirtschaftskreislauf eingebracht. Bereits nach einigen Monaten werden bestehende Scheinfirmen durch neue Scheinfirmen ersetzt. Die Zollbehörden geben die Namen der Scheinunternehmen nicht heraus Obwohl die Zollbehörden verpflichtet sind, die Steuerbehörden über Anhaltspunkte für Steuerhinterziehung zu unterrichten, wenn sich Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Steuergesetze ergeben, verweigern sie die Herausgabe der Liste von Scheinunternehmen. Das Bundesfinanzministerium hat Bedenken, die Datei den Steuerbehörden zur Verfügung zu stellen, da diese permanent von den Zollbehörden verändert wird, weil neue verdächtige Personen und Unternehmen hinzukommen bzw. alte gestrichen werden, bei denen sich der Verdacht als nicht begründet erwiesen hat. Aufgrund der ständigen Veränderung sei es schwierig, das datenschutzrechtliche Gebot nach sachlich richtigen und auf dem neuesten Stand befindlichen Daten zu erfüllen. Wieder einmal eine absurde Folge von übertriebenem Datenschutz, der ja hierzulande hoch im Kurs steht! Steuerbehörden verweigern Zollbehörden Akteneinsicht Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit erhält häufig Hinweise auf Schwarzarbeit. Zu Beginn der Ermittlungen trägt sie Informationen zusammen, die diese Hinweise bestätigen oder redliche Personen entlasten können. In vielen Fällen ist die Finanzkontrolle dabei auf steuerliche Daten angewiesen. Im Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ist vorgesehen, dass die Zollbehörden die Daten erhalten, die für die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung und des Leistungsmissbrauchs erforderlich sind. Die Abgabenordnung lässt in diesen Fällen grundsätzlich eine Datenweitergabe zu. Da der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Inhalt der Steuerakten nicht bekannt ist, kann sie an die Steuerbehörden keine gezielten Fragen richten. Unzureichende technische Infrastruktur Der vom Gesetzgeber angestrebte Informationsverbund zwischen den Zoll- und den übrigen Behörden wird nicht nur durch eine restriktive Haltung beim Datenaustausch behindert, es fehlt auch an der erforderlichen technischen Infrastruktur. Es besteht keine gemeinsame Plattform, um Daten unterschiedlicher Behörden auszutauschen, zusammenzufügen und zu nutzen. So ist es Bund und Ländern bisher nicht möglich, sensible Daten sicher per E-Mail auszutauschen. Sie verwenden unterschiedliche Verschlüsselungssysteme, die nicht miteinander kommunizieren können. In der Praxis behelfen sich einige Zoll- und Steuerbehörden, indem sie die Daten auf einem externen Speichermedium persönlich übergeben. Teilweise werden die Daten beim Absender ausgedruckt, in Papierform übersandt und von den Empfängern erneut erfasst. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Behinderungen dazu führen, dass in vielen Fällen auf den notwendigen Datenaustausch verzichtet wird. Das Bundesfinanzministerium hat Schritte in die richtige Richtung eingeleitet Angesichts zunehmend organisierter Formen der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung mit Schäden in Milliarden-Euro-Höhe erfordert der Schutz des Fiskus, der Sozialsysteme sowie der redlichen Unternehmen und deren Beschäftigten eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Der Gesetzgeber hat hierzu die rechtlichen Voraussetzungen für einen Informationsverbund geschaffen. Die Zoll- und Steuerbehörden sollten ihre Ermächtigung für einen umfassenden Datenaustausch auch ausschöpfen. Das Bundesfinanzministerium sollte die bestehenden Barrieren zügig abbauen. Es sollte besonders die technischen Voraussetzungen für einen sicheren elektronischen Datenaustausch der Zoll- und der übrigen Behörden schaffen. Inzwischen hat das Bundesfinanzministerium die Notwendigkeit dazu erkannt und einzelne Schritte in die richtige Richtung eingeleitet. Es steht zu hoffen, dass die Bekämpfung der Schwarzarbeit dadurch intensiviert wird, sagt mit Nachdruck Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
17.11.2020
Überflüssiger Einsatz von Beratern in der öffentlichen Verwaltung
Einem Beratungsunternehmen den Auftrag, ein Konzept zur Errichtung eines Zentrums für Ernährung und Landwirtschaft zu entwickeln. Dabei hätte das Ministerium für die zu entscheidenden organisatorischen Fragestellungen ohne weiteres selbst eine Lösung entwickeln können. Seit vielen Jahren wird kritisiert, dass sich Ministerien und andere Dienststellen der öffentlichen Verwaltung in großem Umfang durch externe Dienstleister beraten lassen. Beratungen von Behörden durch externe Dienstleister gibt es zu den unterschiedlichsten Themen. Häufig werden Externe damit beauftragt, ein Gutachten zu speziellen Fachfragen der jeweiligen Behörde zu erstellen. Rechtsanwälte und Steuerberater werden zur Beratung in Rechts- und Steuerangelegenheiten herangezogen. Gar nicht selten führen Unternehmensberater Organisationsuntersuchungen in der öffentlichen Verwaltung durch, wobei sich das Honorar für eine größere Organisationsuntersuchung auf einige Hunderttausend Euro und mehr belaufen kann. Bisweilen lassen sich Behörden auch in betriebswirtschaftlichen und personalwirtschaftlichen Fragen unterstützen. Auch bei IT-Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung wird gerne der Sachverstand von Externen hinzugezogen. Begründet wird die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen mit mangelndem Fachwissen oder nicht ausreichenden Personalressourcen. Besteht wirklich ein entsprechender Beratungsbedarf? Als Außenstehender fragt man sich natürlich, warum die öffentliche Verwaltung bei Fach- und Rechtsfragen einen so großen Beratungsbedarf hat. Können die in den Behörden reichlich vorhandenen Fachleute und Juristen die auftretenden Probleme nicht selber lösen, müssen sie sich wirklich in Kernbereichen ihrer Tätigkeiten von Externen beraten lassen? Haben die Verantwortlichen möglicherweise wenig Lust, sich ernsthaft mit den zu beantwortenden Fragen zu beschäftigen, oder wollen sie sich hinter der Autorität der Berater verstecken? Bei einigen bekannt gewordenen Fällen kann man vermuten, dass nicht nur fachliche Gründe hinter dem Ruf nach Beratung standen. Für das Ernährungszentrum sind 3,64 Millionen Euro vorgesehen Aus einem norddeutschen Bundesland wurde jetzt ein Fall bekannt, in dem den es um Einsatz externer Berater im Zusammenhang mit der Errichtung eines Zentrums für Ernährung und Hauswirtschaft ging. Das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft des in Rede stehenden Bundeslandes begann im Jahr 2018 mit den Planungen für die Einrichtung dieses Zentrums. Für die Einrichtung sowie für den Betrieb des Zentrums sind im Rahmen der mittelfristigen Planung für die Jahre 2019 bis 2023 insgesamt 3,64 Millionen Euro vorgesehen. Ursprünglich sollten eigene Kräfte ein Konzept erarbeiten Eine ressortübergreifende Projektgruppe sollte ein Konzept zur Errichtung und fachlichen Ausgestaltung des Zentrums entwickeln. Absicht des Ministeriums war es von vornherein, die organisatorische Anbindung des Zentrums an die Landwirtschaftskammer des Bundeslandes vorzusehen. Die Erarbeitung des Konzepts durch die Projektgruppe sollte haushaltsneutral realisiert werden. Ein Konzept wurde jedoch nicht erarbeitet. Vielmehr kam die Projektgruppe zu der Einschätzung, dass wegen der Vielzahl der zu beteiligenden Organisationseinheiten und der teilweise unterschiedlichen Interessen der Ministerien eine externe Beratung erforderlich sei. Die Berater sollten verschiedene Organisationsmodelle untersuchen Ende 2018 beauftragte das Ministerium daher ein externes Beratungsunternehmen. Für die Beratung mussten zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von knapp 120.00 Euro aufgewendet werden. Das Beratungsunternehmen sollte die Vorteilhaftigkeit verschiedener Organisationsmodelle im Rahmen einer Nutzwertanalyse gegeneinander abwägen, daraus einen Entscheidungsvorschlag ableiten und die Kernaufgaben des Zentrums definieren. Im Ergebnis empfahl das Beratungsunternehmen, die Einrichtung und den Betrieb des Zentrums an die Landwirtschaftskammer zu übertragen. Dieses Ergebnis entsprach – welch ein Zufall – genau der schon von Anfang an bekundeten Absicht des Ministeriums, das Zentrum bei der Landwirtschaftskammer anzusiedeln. Kein Mehrwert für das Land durch die Untersuchung Das Ministerium hätte das Konzept zur organisatorischen Anbindung und fachlichen Ausgestaltung des Zentrums selbst entwickeln können. Die Entwicklung eines strategischen Konzepts, die Einbindung der Interessen anderer Ressorts und die Berücksichtigung der Interessen nichtstaatlicher Akteure sind nach der Geschäftsordnung für die Ministerien des betreffenden Bundeslandes klassische ministerielle Kernaufgaben. Eine besondere Komplexität des Vorhabens lag nicht vor. Den zusätzlichen Ausgaben für die Beratungsleistung stand im Ergebnis kein erkennbarer Mehrwert für das Land gegenüber. Einige Parlamente lassen sich über den Einsatz von Beratern berichten Als Kritik an den Ausgaben für das Beratungsunternehmen laut wurde, hat das Ministerium argumentiert, es habe sich von der Einbindung einer externen Beratung wertvolle Beiträge versprochen. Die mit der Beauftragung des Beratungsunternehmens verbundenen Erwartungen hätten sich jedoch nicht in vollem Umfang erfüllt. In Zukunft will das Ministerium zurückhaltender beim Einsatz von Beratern sein. Der Deutsche Bundestag und einige Landesparlamente lassen sich seit einigen Jahren Übersichten über die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen vorlegen. Das hat sicherlich einen dämpfenden Einfluss auf den Einsatz von Beratern in der öffentlichen Verwaltung, liebe Leserinnen und Leser, sagt zustimmend Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
07.11.2020
Verfassungswidrigkeit der nordrhein-westfälischen Reitabgabe
Der deutsche Staat finanziert sich ganz überwiegend aus Steuern. Daneben hat der Staat sich jedoch noch weitere Instrumente zur Deckung seines Finanzbedarfs geschaffen, nämlich Gebühren, Beiträge und Sonderabgaben. Gebühren verlangt der Staat zum Beispiel für die Ausstellung eines Passes oder eines Führerscheins sowie für die Benutzung von öffentlichen Einrichtungen. Es handelt sich also um eine Art „Preis“ für die konkrete Inanspruchnahme von Leistungen der öffentlichen Hand. Bei Beiträgen genügt schon die Möglichkeit der Inanspruchnahme von öffentlichen Leistungen, auf die tatsächliche Inanspruchnahme kommt es dagegen nicht an. Bekanntestes Beispiel ist der zu Recht umstrittene Rundfunkbeitrag, den seit 2013 jeder Haushalt zahlen muss, ob er die Angebote des öffentlich- rechtlichen Rundfunks nutzt oder nicht. Sonderabgaben werden abgegrenzten Gruppen der Bevölkerung auferlegt, welche dem mit der Abgabe verfolgten Zweck deutlich näher stehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit. Beispiele sind die von der Kino- und Videowirtschaft zu zahlende Filmabgabe, die zur Förderung der Filmwirtschaft bestimmt ist, oder die zur Verbesserung der Gewässergüte dienende Abwasserabgabe, die von Abwässer einleitenden Betrieben erhoben wird. Für die zahlungspflichtigen Gruppen stellen Sonderabgaben eine zusätzliche Belastung und häufig auch ein Ärgernis dar. Die Reiter müssen eine Reitabgabe zahlen Einige Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen, haben eine Reitabgabe eingeführt, eine jährlich erhobene Sonderabgabe. Das Aufkommen der Reitabgabe dient zur Errichtung und Unterhaltung von Reitwegen sowie als Ersatzleistung zugunsten der Grundstückseigentümer, deren Wege durch Reitnutzung beschädigt werden. Zur Zahlung der Reitabgabe sind alle Reiter verpflichtet, die ihre Pferde im Gelände (d.h. außerhalb geschlossener Ortschaften und Reitanlagen) reiten. Die Reitabgabe wird in Verbindung mit der Ausgabe eines Reitkennzeichens bzw. einer Reitplakette erhoben. Ohne ein solches Reitkennzeichen im Gelände zu reiten, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. In NRW werden jährlich 1,3 Millionen aus der Reitabgabe eingenommen Im Land Nordrhein-Westfalen sind die Kreise und kreisfreien Städte für die Ausgabe der Kennzeichen und die Erhebung der Reitabgabe zuständig. Sie führen die Reitabgabe an das Land ab. In den Jahren 2015 bis 2017 lag das Aufkommen der Reitabgabe bei rund 1,3 Millionen Euro jährlich. Vor kurzem hat ein Gutachter untersucht, ob Nordrhein-Westfalen die Schuldner der Reitabgabe gleichmäßig in Anspruch nimmt oder ob bei der Erhebung der Reitabgabe ein strukturelles Vollzugsdefizit besteht. Ein strukturelles Vollzugsdefizit kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungswidrigkeit einer Abgabe nach sich ziehen mit der Folge, dass die Abgabe nicht mehr erhoben werden darf. Nur 50 Prozent der Reiter zahlen die Reitabgabe Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass eine Kontrolle, ob Pferde, die in der freien Landschaft und im Wald geritten werden, mit einem gültigen Kennzeichen ausgestattet sind, auf Landesebene nicht vorgeschrieben ist und auch weitgehend nicht stattfindet. Eine beim Landwirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen angesiedelte Arbeitsgruppe war bereits im Jahr 2012 zu der Erkenntnis gelangt, dass nur rund 50 Prozent der im Gelände Reitenden die Reitabgabe entrichten. Vor-Ort-Kontrollen sind zu aufwendig Auf die Kritik des Gutachters hat das zuständige Landesministerium entgegnet, die vorgeschlagenen Vor-Ort-Kontrollen seien personell und faktisch nicht leistbar. Eine wirksame Kontrolle setze voraus, dass nicht nur landesweit kontrolliert werde, sondern vor allem auch an Wochenenden, an denen das Reitaufkommen am größten sei. Der entstehende Verwaltungsaufwand stehe in keinem Verhältnis zum möglichen Erfolg. Stattdessen werde laut Ministerium in Gesprächen mit den Reiterverbänden sowie in Presseaufrufen auf die Pflicht zur Entrichtung der Reitabgabe hingewiesen. In Einzelfällen würden auch stichprobenweise Kontrollen durchgeführt. Im Übrigen vertraue das Land auf die abschreckende Wirkung des drohenden Bußgeldes bei einem fehlenden Kennzeichen. Die Erhebung der Reitabgabe hängt von der Zahlungsmoral ab Der Gutachter hat darauf hingewiesen, dass Steuer- bzw. Abgabepflichtige rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden müssen. Wird die Gleichheit der Belastung durch die Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung nach sich ziehen. Wenn das Land bei der Reitabgabe im Wesentlichen darauf vertraue, dass bloße Hinweise auf das Bestehen der Abgabenpflicht ausreichten, hänge die Erhebung der Reitabgabe nahezu ausschließlich von der Zahlungsmoral der Abgabenpflichtigen ab. Jetzt muss der nordrhein-westfälische Landtag entscheiden Nach Auffassung des Gutachters könne die drohende Geldbuße eine abschreckende Wirkung überhaupt nur dann entfalten, wenn die betreffenden Personen mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit damit rechnen müssten, dass ihr pflichtwidriges Verhalten zur Kenntnis der zuständigen Behörde gelangt. Dies sei beim Reiten im Wald und in der freien Landschaft nicht zu erwarten. Die Reitabgabe werde damit zu einer „freiwilligen“ Leistung. Die Problematik der Reitabgabe wird in Kürze den nordrhein-westfälischen Landtag beschäftigen. Man kann überaus gespannt sein, liebe Leserinnen und Leser, ob der Landtag die Reitabgabe abschaffen und damit auf die 1,3 Millionen Euro im Jahr verzichten wird, sagt wenig hoffnungsvoll Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
01.11.2020
Die Abrechnung von Reisekosten muss dringend reformiert werden
Die öffentliche Verwaltung tut sich häufig schwer mit naheliegenden Reformen, wie eine aktuelle Untersuchung aus einem großen Bundesland wieder einmal belegt. Obwohl seit zehn Jahren Verbesserungsvorschläge auf dem Tisch liegen, hat sich bei der Abrechnung der Reisekosten nicht viel getan. Das Reisekostenmanagement gehört zu den klassischen Querschnittsaufgaben von Behörden. Müssen Beschäftigte aus dienstlichen Gründen reisen oder umziehen, werden ihnen die notwendigen Auslagen (Reise- bzw. Umzugskosten) erstattet. Trennungsentschädigung wird bei Versetzungen oder Abordnungen gewährt. Die Reisekostenstellen in den Behörden sind in der Regel für alle drei Aufgaben zuständig. Bereits im Jahr 2009 hatte ein Gutachter festgestellt, dass die Bearbeitungskosten für das Reisekostenmanagement in keinem angemessenen Verhältnis zu den Einsparungen stehen, die durch die Prüfung der Erstattungsanträge erzielt werden. Der Gutachter hatte daher die Optimierung der Organisation und des Verfahrens empfohlen sowie eine risikoorientierte Prüfung der Erstattungsanträge angeregt. Die Landesregierung des betreffenden Bundeslandes beschloss daraufhin, die Abrechnungsprozesse zu verschlanken und die Zahl der Reisekostenstellen zu reduzieren. Weiterhin sah die Landesregierung eine umfassende IT-Unterstützung für die Erreichung der vorgenannten Ziele als notwendig an. Bei den Abrechnungsstellen hat sich kaum etwas verändert Im Rahmen einer erneuten Untersuchung wurde festgestellt, dass die Anzahl der Reisekostenstellen weitgehend unverändert geblieben ist. Ebenso hat sich die Anzahl der Behörden kaum verringert, in denen nur ein geringer Stellenanteil mit der Abrechnung von Reisekosten befasst ist. Die aktuelle Untersuchung ergab, dass in 31 Prozent aller befragten Reisekostenstellen Beschäftigte mit Stellenanteilen von unter 0,2 Vollzeitäquivalenten für die Bearbeitung von Reisekosten zuständig waren. Außerdem verbuchten 60 Prozent der befragten Reisekostenstellen weniger als 500 jährliche Zahlfälle. Dies entspricht nur gut zwei Zahlfällen pro Arbeitstag. Die Abrechnungen sollten in Dienstleistungszentren gebündelt werden Die höchste durchschnittliche Bearbeitungsquote hatten die acht Dienststellen mit mehr als 5.000 Zahlfällen im Jahr. Das Benchmarking belegte somit einen positiven Skaleneffekt, der sich nach Auffassung des Gutachters durch die Bündelung von Aufgaben des Reisekostenmanagements in Dienstleistungszentren realisieren ließe. Denn diese gewährleisteten eine Professionalisierung der Abrechnungen durch einen hohen Spezialisierungsgrad, einheitliche Qualitätsstandards und gleichmäßige Rechtsanwendung. Gleichzeitig hätten Dienstleistungszentren häufig eine stärker kundenorientierte Ausrichtung. Darüber hinaus könnten sich Ministerien und Behörden auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Eine leistungsfähige IT-Unterstützung ist kurzfristig nicht zu erwarten In dem Gutachten wird kritisiert, dass das Finanzministerium die Einführung einer IT-Unterstützung für das Reisekostenmanagement und damit mögliche Optimierungen bzw. Einsparungen ohne erkennbaren Grund seit Jahren nicht forciert hat. Eine zentrale IT-Unterstützung sei bis heute nicht eingeführt worden. Im Rahmen des E-Government-Programms des Landes wurde allerdings zwischenzeitlich ein Projekt beschlossen, dessen Ziel der Aufbau eines Beschäftigtenportals ist. Über dieses Portal haben alle Beschäftigten einen einheitlichen Zugang zu den sie betreffenden Personalprozessen. Es ist beabsichtigt, auch die Querschnittsprozesse Reisekosten und Trennungsentschädigung zu standardisieren und in ein landesweit einheitliches System zu überführen. Die gesamte Prozesskette von der Antragstellung über die Genehmigung bis zur Abrechnung soll darin elektronisch abgebildet werden. Die Umsetzung des neuen Verfahrens ist allerdings erst mittelfristig zu erwarten. Eine Vereinfachung des Reisekostenrechts steht weiterhin aus Auch die Empfehlung aus der früheren Untersuchung, das Reisekostenrecht so zu gestalten, dass sich die Reisekostenvergütung nahezu ohne ergänzende Prüfung aus dem Gesetzestext ergibt, wurde bisher nicht umgesetzt. Damit korrespondiert, dass in der aktuellen Untersuchung 72 Prozent der befragten Reisekostenstellen eine Novellierung des Reisekostenrechts befürworteten, wobei der Wunsch nach generellen Vereinfachungen an erster Stelle stand. Der Gutachter hat die Novellierungsansätze aus der Praxis aufgenommen und das zuständige Finanzministerium gebeten, die Weiterentwicklung des Reisekostenrechts mit dem Ziel der Vereinfachung in die Wege zu leiten. Eine risikoorientierte Bearbeitung sollte eingeführt werden Eine Analyse der Abrechnungsdaten aus dem Jahr 2017 ergab, dass die geringwertigen Auszahlungsfälle (kleiner als 100 Euro) zwar 68 Prozent der gesamten Zahlfälle, aber nur 18 Prozent des Auszahlungsvolumens ausmachten. Im Sinne einer risikoorientierten Arbeitsweise wäre es aus der Sicht des Gutachters daher sachgerecht, die vorgenannten Zahlfälle unter 100 Euro nur noch eingeschränkt zu prüfen und lediglich Stichproben einer Vollprüfung zu unterziehen. Dementsprechend hat der Gutachter konkrete Vorschläge für die Implementierung eines Risikomanagements gemacht. Dessen Umsetzung wäre bereits jetzt möglich und würde den Prüfaufwand für die Reisekostenstellen deutlich minimieren. Das Finanzministerium will die Mängel beheben Das Finanzministerium des betreffenden Bundeslandes hat zu den Empfehlungen des Gutachters wie folgt Stellung genommen: Eine Zentralisierung von Aufgaben des Reisekostenmanagements sei beabsichtigt. Eine zentrale IT-Unterstützung werde alsbald in einzelnen Dienststellen pilotiert werden. Vorschläge für Rechtsvereinfachungen im Landesreisekostenrecht würden zurzeit erarbeitet. Die empfohlenen Maßnahmen für eine risikoorientierte Bearbeitungsweise würden befürwortet, deren vollständige Umsetzung sei jedoch erst mit einer automationsgestützten Bearbeitung sinnvoll. Nun, da wird ja langsam alles gut, wenngleich mit einer Verspätung von zehn Jahren, sagt spöttisch Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
17.10.2020
Amtsanwälte könnten mehr Aufgaben übernehmen – bei geringeren Kosten
Die Justiz in Deutschland ist von jeher finanziell schlecht ausgestattet. Da fällt es den Rechnungshöfen schwer, Sparvorschläge für diesen Bereich zu entwickeln. Dem niedersächsischen Landesrechnungshof ist es vor kurzem gleichwohl gelungen, ein Einsparpotential bei den Staatsanwaltschaften seines Bundeslandes zu entdecken. Nach Auffassung des Landesrechnungshofs könnten Personalkosten bei den Staatsanwaltschaften dadurch eingespart werden, dass die – etwas kostengünstigeren – Amtsanwälte mehr Verfahren übernehmen. Das niedersächsische Justizministerium prüft jetzt diese Empfehlung. Amtsanwälte sind bei den Staatsanwaltschaften tätig und vertreten diese in Hauptverhandlungen bei den Amtsgerichten. Die Amtsanwälte sind vorwiegend zuständig bei Delikten aus Bereichen der sogenannten kleinen und mittleren Kriminalität, wie Diebstahl, Betrug, Beleidigung, Körperverletzung und Verkehrsstraftaten. Durch Übernahme dieser sogenannten „Massenverfahren“ entlasten die Amtsanwälte die Staatsanwaltschaften erheblich. Die Justizministerien der Bundesländer haben die Zuständigkeiten für die Amtsanwälte unterschiedlich geregelt. Der niedersächsische Rechnungshof hat die Regelungen miteinander verglichen und im Ergebnis festgestellt, dass andere Bundesländer mehr Zuständigkeiten auf die Amtsanwälte übertragen haben als das Land Niedersachsen. Die voneinander abweichenden Regelungen betreffen die Zuständigkeit für 23 Straftatbestände. Eine zu niedrige Wertgrenze für die Zuständigkeit der Amtsanwälte Überdies wies der Rechnungshof darauf hin, dass das niedersächsische Justizministerium den Amtsanwälten die Zuständigkeit für die Bearbeitung von neun Straftatbeständen nur insoweit übertragen hat, als der Wert der gestohlenen oder unterschlagenen Sachen oder der verursachte Schaden 1.000 Euro nicht übersteigt. Diese Wertgrenze sei seit dem Jahr 1975 nicht angehoben worden. Den Höchstwert von ehemals 2.000 DM habe das Justizministerium im Zuge der Währungsumstellung lediglich durch den Betrag von 1.000 Euro ersetzt. Kein anderes Bundesland gebe eine niedrigere Wertgrenze vor. Drei Bundesländer hätten die Wertgrenze auf 2.500 Euro festgelegt. Das Land Berlin habe die wertbegrenzte Zuständigkeit bei vier der übertragenen Straftatbestände sogar gänzlich aufgehoben. Die Amtsanwälte verfügen bundesweit über die gleiche Qualifikation Der niedersächsische Rechnungshof empfahl dem Justizministerium daher mit Blick auf den gezeigten Ländervergleich, weitere Aufgaben des staatsanwaltschaftlichen Dienstes auf die Amtsanwaltschaft zu übertragen, die Wertgrenze auf 2.500 Euro anzuheben und bei geeigneten Tatbeständen die Wertbegrenzung aufzuheben. Sachliche Gründe für die Einschränkungen in Niedersachsen vermochte der Rechnungshof nicht zu erkennen, da er von der grundsätzlich gleichen Qualifizierung des Amtsanwaltsdienstes in den Bundesländern ausging. Denn die Amtsanwälte fast aller Bundesländer werden zentral an einer Fachhochschule für Rechtspflege ausgebildet und geprüft. Personalkosten von über 300.000 Euro könnten eingespart werden Der Rechnungshof nahm die anderen Länderregelungen als Maßstab und ermittelte, dass in Niedersachsen im Jahr 2017 rund 47.000 zusätzliche Verfahren auf die Amtsanwaltschaft übertragbar gewesen wären. Ausgehend vom damaligen durchschnittlichen Bearbeitungsumfang pro Person entsprach dies einem Bedarf von 23 Vollzeitkräften. Der Rechnungshof kam zu dem Ergebnis, dass eine entsprechende Entlastung im staatsanwaltlichen Dienst zukünftig Personalkosten von über 300.000 Euro einsparen würde. Dabei legte er die Personalkostendifferenz zwischen dem Amtsanwaltsdienst und dem staatsanwaltlichen Dienst zugrunde. Die meisten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren werden eingestellt Das niedersächsische Justizministerium teilte dazu mit, es werde zunächst die Erfahrungen und die Übertragungspraxis der anderen Bundesländer im Rahmen einer Evaluation untersuchen, bevor es dem Vorbild anderer Bundesländer folgen werde. Zur staatsanwaltlichen Ermittlungstätigkeit in Deutschland ist Folgendes zu sagen: Weit mehr als die Hälfte aller staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren wird mit oder ohne Auflagen eingestellt, nur in etwa 10 Prozent aller Verfahren wird Anklage vor einem Gericht erhoben. Wenn sowieso die meisten Verfahren eingestellt werden, liebe Leserinnen und Leser, muss das nicht unbedingt durch ebenso hochqualifizierte wie teure Juristen in den Staatsanwaltschaften erfolgen. Die Verfahrenseinstellungen könnten in weit größerem Umfang als vom niedersächsischen Rechnungshof vorgeschlagen durch die billigeren Kräfte in den Amtsanwaltschaften erledigt werden, meint ketzerisch Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
11.10.2020
Wenn Stiftungen ihre Obliegenheiten nicht ausreichend erfüllen
Im Geschäftsbereich des Sozialministeriums eines westdeutschen Bundeslandes gibt es eine Reihe von Stiftungen. Sieben dieser Stiftungen, die das Land entweder selbst errichtet oder in seinen Verantwortungsbereich aufgenommen hatte, wurden vor kurzem gutachtlich untersucht. Dabei wurden erhebliche Defizite bei der Aufgabenerfüllung festgestellt. Das Land übt die Rechtsaufsicht über diese Stiftungen aus. Daneben hat das Land bei dem überwiegenden Teil der Stiftungen besondere Rechte. Beispielsweise sehen die Satzungen vor, dass die Mehrheit der Mitglieder des wichtigsten Stiftungsorgans durch das Land bestimmt wird oder dass das Land den Geschäftsführer einsetzt. Bei zwei der untersuchten Stiftungen finanziert das Land das Personal. Eine dieser Stiftungen erhält zusätzlich jährlich eine Finanzhilfe in sechsstelliger Höhe. Maßgeblicher Existenzgrund für Stiftungen ist die Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Aufgaben, die bei den untersuchten Stiftungen überwiegend im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe liegen. Mehrere Stiftungen hatten Schwierigkeiten, ausreichend förderwürdige Einzelpersonen, Institutionen und Projekte zu finden. Es gingen nur wenige Förderanträge ein und die Förderungen kamen immer wieder denselben Empfängern zugute. Die Fördersummen waren nur gering, lagen teilweise erheblich unterhalb der Planungen und unter den finanziellen Möglichkeiten der Stiftungen. Zu wenig Geld für den Stiftungszweck eingesetzt Eine Stiftung verwendete in den Jahren 2008 bis 2018 nur etwas über die Hälfte ihrer Einnahmen von rund 185.000 Euro für die Verfolgung des Stiftungszwecks. Bei einer anderen Stiftung kam mehr als die Hälfte der Förderungen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe der Stadt zugute, in der die Stiftung beheimatet ist. Es wurden damit Aufgaben gefördert, die von der Stadt wahrzunehmen sind. Bei dieser Stiftung kam hinzu, dass nur ein Bruchteil der Erträge (im Jahr 2017: rund 600.000 Euro) für Förderungen zur Verfügung standen. Im Jahr 2017 waren hierfür 15.000 Euro geplant. Grund hierfür waren hohe Pensionslasten. Die Stiftung stellte sich dadurch als Vermögensverwaltung dar, deren Hauptzweck die Bedienung von Pensionsansprüchen ehemaliger Mitarbeiter war. Wertverluste des Stiftungsvermögens wurden nicht ausgeglichen Die Stiftungen sind Träger von erheblichen Vermögenswerten, die von mehreren hunderttausend Euro bis in zweistellige Millionenhöhe reichen. Das Stiftungsvermögen (Grundstockvermögen) ist nach den Stiftungssatzungen und gemäß dem Stiftungsgesetz des Landes in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten. Damit das Stiftungsvermögen seine Finanzierungsfunktion dauerhalt erfüllen kann, ist es erforderlich, inflationsbedingte Werteverluste angemessen auszugleichen. Ein Teil der untersuchten Stiftungen verfolgte das Ziel der realen Kapitalerhaltung nicht ausreichend. Einige Stiftungen stellten keine Überlegungen hierzu an. Aber auch wenn die Stiftungsorgane die Erforderlichkeit erkannten, setzten sie nicht immer ausreichend Mittel für die reale Kapitalerhaltung ein. Unwirtschaftliche Verwaltung des Stiftungsvermögens Zwei der Stiftungen erzielten den Hauptteil ihrer Einnahmen aus der Überlassung von Erbbaurechten. Die Verwaltung der Erbbaurechtsverhältnisse war nach den Feststellungen des Gutachters verbesserungsbedürftig. Es wurde mehrfach versäumt, Erbpachtzinsen rechtzeitig zu erhöhen. Soweit Stiftungen Geldvermögen besitzen, legten sie dies teilweise nicht vernünftig an. In der schon seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase gingen die Einnahmen aus Geldvermögen deutlich zurück und es gelang nur selten, hieraus auskömmliche Erträge zu erwirtschaften. Daneben wurde festgestellt, dass über den Liquiditätsbedarf hinaus teilweise sehr hohe Bankeinlagen bestanden. Eine der Stiftungen musste für die Verwahrung sogar Negativzinsen bezahlen. Kosten der Stiftungsverwaltung Das Land übernahm bei zwei Stiftungen die Verwaltungskosten. Bei einer Stiftung entstanden dem Land im Jahr 2018 Personalkosten in Höhe von 224.000 Euro. Schon in der Stiftungsurkunde hatte das Land ausdrücklich auf die Erstattung solcher Geschäftsführungskosten verzichtet. Die Erträge der Stiftung beliefen sich im selben Jahr auf 230.000 Euro, wovon 181.000 Euro aus einer Finanzhilfe des Landes stammten. Ohne die Übernahme der Personalkosten hätten keine Mittel zur Verfolgung des Stiftungszwecks zur Verfügung gestanden. Die Rechtsaufsicht hätte längst eingreifen müssen Der Gutachter hat empfohlen, Zweckänderungen oder Zusammenlegungen zu prüfen, da es teilweise nicht gelingt, Erträge in nennenswertem Umfang auszuschütten. Das Sozialministerium und einzelne Stiftungen haben bereits zugesagt, Stiftungszwecke sowie die Art und Weise ihrer Umsetzung zu hinterfragen. Weiterhin hat der Gutachter gefordert, dass die Stiftungen sich mehr Mühe geben müssen, ihr Grundstockvermögen real zu erhalten. Das Sozialministerium sagte zu, die Stiftungen auf eine stärkere Verfolgung dieses Ziels zu verpflichten. Hätte das Land seine Rechtsaufsicht in all den Jahren wie vorgeschrieben ausgeübt, liebe Leserinnen und Leser, wäre es erst gar nicht zu den aufgezeigten Defiziten gekommen, sagt verärgert Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
04.10.2020
Patentverwertung durch eine Universität
Patentverwertung durch staatliche Hochschulen ist eine sinnvolle Sache, auch wenn die dabei erzielten Einnahmen zumeist nicht sonderlich hoch sind. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Bestehen Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung, wie es bei einer großen Universität in Norddeutschland seit Jahren der Fall ist, muss eine kostengünstigere Lösung erwogen werden. Die Patentverwertung an Hochschulen gehört zum Bereich des Wissens- und Technologietransfers. Zur Bewältigung dieser komplexen Materien greifen in einem norddeutschen Bundesland nahezu alle Hochschulen auf externe Patentverwertungsagenturen zurück. Nur eine große Universität gründete zu diesem Zweck eine eigene Verwertungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Das hierfür erforderliche Stammkapital in Höhe von 50.000 Euro brachten die Universität und die Universitätsmedizin jeweils zur Hälfte auf. Die GmbH betreut insbesondere die Universität, aber auch Dritte bei der rechtlichen Sicherung und Verwertung von Erfindungen und sonstigem geistigem Eigentum. Sie untersucht, ob Erfindungen schutzrechtsfähig und wirtschaftlich nutzbar sind. Im Übrigen obliegt ihr – bei Bedarf auch in Kooperation mit Patentanwälten – die Realisierung dieser gewerblichen Schutzrechte zum Beispiel durch Anmeldung von Patenten und Abschluss von Verwertungsverträgen. Die wirtschaftliche Situation der Verwertungsgesellschaft Seit ihrer Gründung im Jahr 2004 erzielte die Gesellschaft bis zum Ende des Jahres 2011 durchgängig Verluste. Um ihre Überschuldung zu vermeiden, verstärkte die Universität in diesem Zeitraum die Kapitalrücklage der Gesellschaft durch laufende Einzahlungen in Höhe von insgesamt über 1,3 Millionen Euro. Von diesem Betrag wurden bezogen auf den Bilanzstichtag 31. 12. 2018 rund 715.000 Euro aufgezehrt. Die seit dem Jahr 2012 erzielten positiven Jahresergebnisse sind in erster Linie auf eine Anpassung des mit der Universität geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags zurückzuführen. Die Beteiligten änderten die Vergütungsmodalitäten dahingehend, dass die Gesellschaft von der Universität statt bislang 30 Prozent nunmehr 50 Prozent der aus Verwertungserlösen erzielten Einnahmen erhält. Für die Universität entstanden erhebliche Kosten Ein Gutachter hält die Patent- und Schutzrechtsabwicklung über die hochschuleigene Gesellschaft für unwirtschaftlich. Die Universität müsse das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten, das für alle Einrichtungen der öffentlichen Hand Geltung habe. Die Vorhaltung einer privatrechtlichen Gesellschaft für Zwecke der Sicherung und Verwertung von Patenten und sonstigen gewerblichen Schutzrechten sei für die Universität bislang mit erheblichen Kosten verbunden gewesen. Die Insolvenz der Verwertungsgesellschaft habe nur durch Kapitalzuführungen und eine signifikante Erhöhung der Vergütung vermieden werden können. Der Gutachter empfiehlt die Auflösung der Verwertungsgesellschaft Hinzu komme, dass eine Organisationsprivatisierung in der Rechtsform einer GmbH strukturell mit Fixkosten verbunden sei. Als Beispiele seien die Gehälter der Geschäftsführung, die Aufwendungen für die laufende Buchführung, Versicherungsprämien und die Kosten der Jahresabschlüsse zu nennen. Überdies trage die Universität das inhärente Risiko als Gesellschafterin, das sich bereits im partiellen Verzehr der Kapitalrücklage und einer für die Hochschule ungünstigen Vergütungsabrede verwirklicht habe. Der Gutachter hat eine Prüfung empfohlen, ob die bisherigen Dienstleistungen der Gesellschaft nicht besser in die Stabsstelle Kooperation und Innovation der Universität eingegliedert werden sollten. Anschließend könne die Verwertungsgesellschaft aufgelöst werden. Ein umfassender Kostenvergleich der beiden Lösungen ist erforderlich Das Wissenschaftsministerium des Bundeslandes ist der Auffassung, dass sich die von der Hochschule gewählte Konstruktion als wirtschaftlich tragfähig erwiesen habe. Dies werde durch die seit dem Jahr 2012 positiven Jahresergebnisse der GmbH belegt. Mit dieser Auffassung verkennt das Wissenschaftsministerium allerdings, dass die seit 2012 erzielten positiven Jahresergebnisse der Gesellschaft maßgeblich auf die Ausweitung der Vergütungsanteile an den Verwertungserlösen beruhten, was letztlich zu Lasten der Universität ging. Zu dem Vorschlag des Gutachters, die Aufgaben der Gesellschaft in die Hochschule zurückzuholen, ist Folgendes zu sagen: Natürlich ist auch die Wahrnehmung der Verwertungsaufgaben durch hochschuleigene Kräfte in Zusammenarbeit mit externen Patentverwertungsagenturen mit erheblichen Kosten verbunden. Erforderlich ist deshalb ein umfassender Kostenvergleich zwischen der bisherigen Lösung und einer eventuellen Erledigung durch die Hochschule selbst. Die wichtige Aufgabe der Patentverwertung, liebe Leserinnen und Leser, darf jedenfalls durch diese Diskussion nicht beeinträchtigt werden, meint voller Überzeugung Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com
19.09.2020
Die Finanzämter und die Veräußerung von Grundstücken
In vielen Fällen unterliefen den Finanzämtern bei Einkünften aus der Veräußerung von privaten Grundstücken Fehler, wie eine Untersuchung ergab. Dadurch blieben private Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken teilweise unversteuert. Dabei liegen den Finanzämtern ausreichende Informationen über Grundstücksveräußerungen vor, sie müssen ihre Erkenntnismöglichkeiten nur besser nutzen. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften unterliegen als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 2 der Einkommensteuer. Bei Grundstücken liegen private Veräußerungsgeschäfte vor, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Der Gesetzgeber ließ jedoch folgende wichtige Ausnahme zu: Die Veräußerung von Grundstücken, die der Steuerpflichtige im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken nutzte, ist von der Besteuerung ausgenommen. Die Notare müssen dem zuständigen Finanzamt jede Grundstücksveräußerung innerhalb von zwei Wochen schriftlich nach amtlichem Vordruck anzeigen. Die Finanzverwaltung hat den Finanzämtern umfangreiche Regelungen an die Hand gegeben, wie Veräußerungsanzeigen zu bearbeiten und auszuwerten sind. Die Veräußerungsanzeigen sind ein wichtiges Kontrollinstrument, damit die Finanzämter die Besteuerung von Grundstücksveräußerungen überwachen und erkennen können. Gerade Steuerpflichtige, die nicht von einem Steuerberater vertreten werden, vergessen schon mal, Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen zu deklarieren. Viele Veräußerungsfälle wurden nicht zutreffend bearbeitet Vor einiger Zeit fand bei mehreren Finanzämtern in einem norddeutschen Bundesland eine Überprüfung der vorliegenden Veränderungsanzeigen statt. Die Überprüfung ergab, dass zwischen 19 und 28 Prozent der Veräußerungsfälle nicht zutreffend bearbeitet worden waren. Insbesondere gingen die Finanzämter bei einer Übereinstimmung der Anschrift des betreffenden Grundstücks mit der des Veräußerers häufig zu Unrecht von einer Selbstnutzung aus. Dies hatte zur Folge, dass in mehreren Fällen die Besteuerung unterblieb. Auch ging ein Finanzamt bei einer Veräußerungsanzeige über einen Veräußerungserlös von 275.000 Euro von einer Eigennutzung aus. Aus anderen steuerlichen Zusammenhängen war dem Finanzamt jedoch bekannt, dass der Steuerpflichtige zuvor 36 Prozent des veräußerten Hauses vermietet hatte. Für diesen Anteil hätte die Besteuerung erfolgen müssen. Häufig wurden Angaben der Steuerpflichtigen ungeprüft übernommen Weiterhin wurde im Zuge der Überprüfung festgestellt, dass die Finanzämter vielfach die Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht überprüften oder die Veräußerungserlöse ungeprüft übernahmen. Auch wurden steuerlich in Anspruch genommene Abschreibungen bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns nicht oder in unzutreffender Höhe berücksichtigt. Gelegentlich wurde auch die Veräußerungsfrist unzutreffend berechnet, indem als Veräußerungstag derjenige des Übergangs von Nutzen und Lasten und nicht derjenige des Kaufvertrags angesetzt wurde. In anderen Fällen erkannten die Finanzämter nicht, dass für ein Arbeitszimmer, das für eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit genutzt wurde, die Steuerbefreiung nicht in Anspruch genommen werden durfte. Die Finanzämter werden in Zukunft genauer hinschauen Die Finanzämter in dem betreffenden Bundesland sind von ihrer vorgesetzten Behörde von den Ergebnissen der Überprüfung unterrichtet worden. Zugleich wurden sie auf die bestehenden Regelungen zur Bearbeitung von Veräußerungsmitteilungen hingewiesen. Dies wird natürlich dazu führen, dass die Finanzämter bei Grundstücksveräußerungen in Zukunft genauer hinschauen. Durch die Veräußerungsanzeigen in Verbindung mit den sonstigen Informationen, die über den Steuerpflichtigen vorliegen, stehen den Finanzämter ausreichende Erkenntnisquellen zur Verfügung, um die Grundstücksveräußerungsfälle steuerlich korrekt abzuwickeln, sie müssen ihre Erkenntnismöglichkeiten nur besser nutzen. Die Steuerpflichtigen tun also gut daran, sich auf die steuerlichen Folgen von privaten Grundstücksverkäufen rechtzeitig einzustellen. Auf keinen Fall, liebe Leserinnen und Leser, sollte man darauf vertrauen, dass das Finanzamt von dem Grundstücksverkauf nichts erfährt und der Verkaufserlös unversteuert bleibt, sagt Ihr stets zur Vorsicht ratender Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com
17.09.2020
Wie die Arbeit einer Verbraucherzentrale verbessert werden kann
Die Verbraucherzentrale eines süddeutschen Bundeslandes musste in den letzten Jahren mehrfach hunderttausende Euro an Fördergeldern zurückzahlen, weil sie die Mittel nicht wie geplant ausgeben konnte. Als Ergebnis einer Untersuchung soll nun das Förderverfahren beschleunigt und die Effizienz der Einrichtung verbessert werden. Die deutschen Verbraucherzentralen sind auf Landesebene organisierte Vereine. Sie sind als gemeinnützig anerkannt und in der politischen Dachorganisation Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. zusammengeschlossen. Die Verbraucherzentralen erfüllen ihre Aufgaben durch individuelle Beratung und durch die Unterrichtung der Öffentlichkeit. Ihr Ziel ist es, die Verbraucher in Fragen des privaten Konsums zu informieren, zu beraten und rechtlichen Beistand zu leisten. Beraten wird beispielsweise zu Themen wie Kaufrecht, Verschuldung, Patientenrecht, Reiserecht, Energie, Umwelt und Ernährung. Die Verbraucherzentralen helfen gegen Entgelt bei individuellen Rechtsproblemen und vertreten die Interessen von Verbrauchern im Einzelnen wie auch bei Verbands- oder Sammelklagen. Insbesondere ist es satzungsmäßige Aufgabe der Verbraucherzentralen, außergerichtlich wie auch gerichtlich gegen unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen, unlautere Werbemaßnahmen und verbraucherschutzwidrige Geschäftspraktiken vorzugehen. Durch das von ihnen praktizierte Abmahnungsunwesen schießen sie allerdings gelegentlich auch über das gut gemeinte Ziel hinaus. Die finanzielle Situation der Verbraucherzentrale Von 2016 bis 2018 hatte die hier in Rede stehende Verbraucherzentrale jährlich durchschnittlich 5,6 Millionen Euro Erträge und Aufwendungen. Die Erträge bestanden weit überwiegend aus Fördermitteln des Landes (71%) und des Bundes (20%). Die Umsatzerlöse trugen nur mit 0,4 Millionen Euro (6%) zu den Erträgen bei. Der Finanzierungsanteil der Städte und Landkreise, in denen die Verbraucherzentrale Beratungsstellen unterhält, war mit 1% sehr gering. Die restlichen Erträge entfielen auf Mitgliedsbeiträge, Spenden und Abmahnungen. Verspätete Antragstellung und Bewilligung Der Geschäftsbetrieb der Verbraucherzentrale ist personalintensiv. Daher entfallen drei Viertel ihrer Aufwendungen auf den Personalbereich. Gleichwohl stellte die Einrichtung ihren Antrag auf Förderung durch das Land für 2018 erst im Dezember 2017. Der Förderbescheid des zuständigen Landesministeriums erging erst im September 2018, so dass die endgültige Fördersumme erst drei Monate vor Ablauf des Förderzeitraums feststand. Ähnlich verhielt es sich in den Jahren davor. Personalwirtschaftlich waren die ausstehenden Fördermittel problematisch für die Verbraucherzentrale. Stellen von ausgeschiedenen Mitarbeitern konnten oft nicht sofort besetzt werden, was zu verringerten Beratungsleistungen führte. Hohe Rückzahlungen waren die Folge Mehrfach konnten Fördermittel nicht wie geplant ausgegeben werden mit der Folge, dass sie zurückgezahlt werden mussten. Allein 2016 beliefen sich die zurückzuzahlenden Landesmittel auf rund 400.000 Euro. In Zukunft will die Verbraucherzentrale die Förderanträge frühzeitig stellen und das zuständige Landesministerium die Bewilligungen zeitnah erlassen. Darüber hinaus erwägt das Ministerium, den Bewilligungszeitraum der Förderung auf zwei Jahre zu erweitern. Die Kommunen sollten sich finanziell stärker beteiligen Nach der Vereinssatzung erfüllt die Verbraucherzentrale ihre Aufgaben auch durch dezentrale Beratungsstellen, von denen es in dem betreffenden Bundesland insgesamt 12 gibt. Obwohl die Beratungsstellen das Angebot an Beratung in den jeweiligen Städten bereichern, beläuft sich der Finanzierungsanteil der Kommunen an den Erträgen, wie bereits erwähnt, auf lediglich 1%. In einigen anderen Bundesländern ist der kommunale Finanzierungsanteil dagegen wesentlich höher. Das zuständige Landesministerium will nun auf die Kommunen zugehen und versuchen, eine angemessene finanzielle Beteiligung zu erreichen. Verbesserte Effizienz durch Kennzahlen Auch soll die Organisationsstruktur der Verbraucherzentrale gestrafft werden, um dem vorgesehen Ausbau von Online-Beratung und Online-Information Rechnung zu tragen. Für die Verbraucherzentrale sollen Kennzahlen entwickelt werden. Damit könnte der Geschäftsbetrieb im Sinne verbesserter Effizienz gesteuert werden. Die Kennzahlen würden die Leistungen und die hierfür erforderlichen Aufwände transparent machen. Verbraucherberatung ist eine sehr sinnvolle Sache. Wollen wir hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass die beabsichtigten Reformen bald in die Tat umgesetzt werden und im Ergebnis zu mehr Beratungsleistungen führen, zum Nutzen der Verbraucher, sagt voller Überzeugung Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com
09.09.2020
Bis zu 16,6 Prozent der EU-Subventionen versickern in der Verwaltung
Die EU finanziert im Rahmen ihrer Zuständigkeiten eine Fülle von Maßnahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten. Bei solchen Förderungen ist vorgesehen, dass sich die Mitgliedstaaten mit einem Eigenanteil an den Ausgaben beteiligen. In Deutschland sind in der Regel die Bundesländer für Fördermaßnahmen zuständig und tragen dementsprechend den Eigenanteil. Soweit nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes zulässig, beteiligt sich auch der Bund an der Finanzierung. Wesentliche Instrumente der europäischen Förderpolitik sind die beiden großen EU-Strukturfonds, nämlich der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und der Europäische Sozialfonds (ESF). Aus diesen Fonds werden Maßnahmen gefördert, welche die Regionen wettbewerbsfähiger machen, wirtschaftliches Wachstum begünstigen und Arbeitsplätze schaffen sollen. Um an die Gelder der EU heranzukommen, ist jedoch regelmäßig eine Vielzahl von bürokratischen Hürden zu überwinden. Weil es in früheren Jahren Korruptionsvorwürfe gab, hat sich die EU-Kommission für die genannten Förderprogramme ein überaus kompliziertes Verfahren ausgedacht. Die Empfängerländer müssen aufwendige Verwaltungs- und Kontrollsysteme einrichten, um den Vorgaben der EU gerecht zu werden. Eine Fülle verschiedener Behörden zahlt aus, bescheinigt und kontrolliert in einem hochbürokratischen Verfahren. Der administrative Aufwand bei Fördermaßnahem der EU wurde ermittelt Ein Gutachter hat vor kurzem in einem ostdeutschen Bundesland untersucht, welcher Verwaltungsaufwand bei der Durchführung der Fördermaßnahmen aus den beiden Strukturfonds entsteht. Der administrative Aufwand ergibt sich im Wesentlichen aus den von der EU vorgeschriebenen Verwaltungs- und Kontrollsystemen. Der Gutachter hat das mit der Abwicklung der Fördermaßnahmen beschäftigte Personal des Bundeslandes ermittelt und anschließend eine Vollkostenrechnung durchgeführt. Die so berechneten administrativen Kosten hat er in Relation zu den Fördermitteln aus den Strukturfonds gesetzt. Dem Bundesland fließen EU-Mittel von rund 1,7 Milliarden Euro zu In der Förderperiode 2014 bis 2020 stehen dem ostdeutschen Bundesland aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds insgesamt rund 1,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Zusammen mit dem von dem Bundesland aufzubringenden Eigenanteil ergibt sich ein Gesamtfördervolumen von nahezu 2,1 Milliarden Euro. Gemäß den Vorgaben der EU hat die Landesverwaltung für jeden der beiden Strukturfonds eine Verwaltungsbehörde, eine Bescheinigungsbehörde, eine Prüfbehörde, eine Prüfstelle sowie zwischengeschaltete bzw. beauftragte Stellen eingerichtet. Die Verwaltungskosten betrugen 8,9 bzw. 16,6 Prozent Für die Förderperiode 2014 bis 2020 hat der Gutachter für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung einen Verwaltungsaufwand von 130,0 Millionen Euro bei Fördermitteln inklusive Landesanteil von 1.456,3 Millionen Euro errechnet. Das entspricht einem Anteil von 8,9 Prozent. Bei dem Europäischen Sozialfonds belief sich der Verwaltungsaufwand auf 103,0 Millionen Euro bei Fördermitteln inklusive Landesanteil von 624,1 Millionen, was einem Anteil von 16,6 Prozent entspricht. Auffällig ist, dass der Verwaltungsaufwand beim Sozialfonds fast doppelt so hoch war wie beim Regionalfonds. Ursächlich hierfür ist nach Ansicht des Gutachters die häufig zu kleinteilige Förderpraxis beim Europäischen Sozialfonds. Der Gutachter hat empfohlen, bei der Vorbereitung für die nächste Förderperiode den Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Administrative Aufgaben sollten zentralisiert und die Förderung durch Kleinstbeträge vermieden werden. Die Subventionierung durch die EU sollte zurückgefahren werden Natürlich ist es sinnvoll, den Verwaltungsaufwand bei den beiden in Rede stehenden Strukturfonds zu verringern, damit die Fördermittel möglichst ungeschmälert für den vorgesehenen Zweck eingesetzt werden können. Aber die grundlegende Problematik der EU-Förderung liegt ganz woanders. Die Erfahrung gerade bei der Strukturförderung zeigt, dass mit den Fördermitteln häufig keine unerfüllten Bedarfe gedeckt werden, sondern dass sich die potentiellen Empfänger Projekte ausdenken, um in den Genuss der Förderung zu kommen. Über weite Strecken liegt mithin eine Fehlleitung von Ressourcen vor. Im Grunde spricht vieles dafür, die Subventionierung durch die EU stark zurückzufahren. Aber das Gegenteil findet gerade statt: Die Mitgliedstaaten pumpen immer höhere Beträge in den EU-Haushalt, insbesondere jetzt, im Zuge der sogenannten Coronakrise, um sich dann einen Teil der Mittel im Rahmen aufwendiger Verfahren wieder zurückzuholen. Ein völlig aus dem Ruder gelaufenes System, liebe Leserinnen und Leser, sagt resigniert Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com
29.08.2020
Modellprojekt „Anonymer Krankenschein für Menschen ohne Papiere“
Ein Bundesland fördert seit 2016 in einem Modellprojekt die medizinische Behandlung von Menschen, die sich ohne legalen Status hierzulande aufhalten (Menschen ohne Papiere). Wie eine Überprüfung ergab, nahm die Zielgruppe die anonyme medizinische Behandlung jedoch kaum in Anspruch. Andere Gruppen, insbesondere Einheimische, die nicht krankenversichert waren, nutzten hingegen das Angebot. Die Länder sind nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verpflichtet, Asylbewerber medizinisch zu versorgen. Diese haben grundsätzlich die gleichen Ansprüche wie gesetzlich Krankenversicherte. Darüber hinaus haben Ausländer, deren Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde und die sich ohne legalen Status in Deutschland aufhalten, bei akuten Erkrankungen Anspruch auf Gesundheitsleistungen. Diese Personen sehen allerdings oft von medizinischen Behandlungen im öffentlichen Gesundheitswesen ab, da die öffentlichen Stellen verpflichtet sind, die zuständige Ausländerbehörde über Patienten ohne Aufenthalts- oder Duldungstitel zu informieren. Im Koalitionsvertrag von 2014 hat sich die Regierungskoalition des hier in Rede stehenden Bundeslandes für die Einführung von anonymen Krankenscheinen für Menschen ohne Papiere in einem Modellprojekt entschieden. Daneben wird auch die psychosoziale Versorgung von geflüchteten Menschen gefördert. Für die beiden Vorhaben sind im Landeshaushalt jährlich rund eine Million Euro vorgesehen, wobei der größere Teil für die psychosoziale Versorgung bestimmt ist. Der förderfähige Personenkreis wurde nicht eindeutig festgelegt Die Fördermittel wurden über verschiedene gemeinnützige Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Wie die Überprüfung ergab, waren die mit der Förderung angestrebten Ziele zum Teil unkonkret formuliert und nicht messbar. Konkrete Vorgaben für einen wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit den Steuergeldern fehlten. Beispielsweise wurde der förderfähige Personenkreis beim anonymen Krankenschein nicht eindeutig festgelegt. So blieb es der geförderten Einrichtung überlassen, nach eigenem Ermessen zu definieren, welche Personengruppen unter den Begriff „Menschen ohne Papiere“ fallen und somit förderfähig waren. Die Zielgruppe nahm das Angebot kaum an Weiterhin wurde festgestellt, dass nur ein Drittel der behandelten Patienten zur Gruppe der Menschen ohne Papiere gehörte. Stattdessen wurde die anonyme medizinische Behandlung von Menschen ohne „Migrationshintergrund“, die nicht gesetzlich krankenversichert waren, von EU-Ausländern oder von anderen Gruppen in Anspruch genommen. Für die meisten dieser Personen hätten anderweitige medizinische Angebote zur Verfügung gestanden, die sie aber aus unterschiedlichen Gründen nicht nutzten. Der erhebliche Aufwand zur Wahrung der Anonymität für diese Personen war unnötig. Eine Evaluation des Modellprojekts ist beabsichtigt Das zuständige Ministerium des Landes erlangte erstmals durch die Überprüfung Kenntnis davon, welche Personengruppen unter Wahrung der Anonymität medizinische Betreuung in Anspruch genommen hatten. Das Ministerium verteidigte sich damit, es habe die potentielle Zielgruppe des Modellprojekts „Anonymer Krankenschein“ mangels verlässlicher Kenntnisse über Anzahl und Zusammensetzung nicht abschließend festlegen können. Der zu fördernde Personenkreis sei daher bewusst offen ausgelegt worden. Nunmehr stehe eine Evaluation des Modellprojekts an, deren Ergebnis für die Definition des Begriffs „Menschen ohne Papiere“ bei einer künftigen Förderung berücksichtigt werde. Andere Bundesländer sollten den anonymen Krankenschein nicht einführen Die Zielgruppe des Modellprojekts ist durch die Förderung nicht erreicht worden, stattdessen haben andere Gruppen die Möglichkeit der anonymen Behandlung für sich zu nutzen gewusst. Es finden sich halt immer irgendwelche Interessenten, wenn der Staat großzügige Angebote macht. Zum Modellprojekt selbst ist Folgendes zu sagen: Der völlig falsche Ansatz des Landes besteht hier darin, die Vorgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes umgehen zu wollen. Nach diesem Bundesgesetz gibt es für Menschen ohne Papiere zwar medizinische Hilfe bei akuten Erkrankungen, aber um den Preis, dass die Ausländerbehörden zu informieren sind. Es bleibt zu hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass andere Bundesländer den hier geschilderten Irrweg nicht beschreiten werden, sagt erbost Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com
24.08.2020
Zahl der Insolvenzgerichte verringern, gerade jetzt?
Vor wenigen Monaten, mitten in der Corona-Krise, hat der Bayerische Oberste Rechnungshof in seinem Jahresbericht empfohlen, die Zahl der Insolvenzgerichte im Freistaat zu reduzieren. Der Vorschlag wirkt seltsam aus der Zeit gefallen. Denn der Bundesgesetzgeber hat wegen Corona zahlungsunfähige Unternehmen für ein halbes Jahr von der Pflicht entbunden, ihre Insolvenz bei Gericht anzuzeigen. Wenn diese Frist abgelaufen ist, wird es zu einer Flut von Insolvenzen kommen, dann werden die Insolvenzgerichte viel zu tun haben. Insolvenz ist die Unfähigkeit eines Schuldners, seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern zu erfüllen. Ein Insolvenzverfahren kann über das Vermögen natürlicher und juristischer Personen eröffnet werden. Ziel des Insolvenzverfahrens ist die bestmögliche und gleichmäßige Befriedigung aller Insolvenzgläubiger. 1999 wurden die bisherigen Konkurs- und Vergleichsvorschriften durch die Insolvenzordnung ersetzt. Neben dem Regelinsolvenzverfahren für Unternehmen wurde zusätzlich für Privatpersonen ein vereinfachtes „Verbraucherinsolvenzverfahren“ eingeführt. Grundsätzlich sieht die Insolvenzordnung ein Insolvenzgericht am Sitz des Landgerichts vor. Für Bayern wären das 21 Insolvenzgerichte; tatsächlich gibt es 29. Durch Rechtsverordnung können nämlich andere oder zusätzliche Amtsgerichte zu Insolvenzgerichten bestimmt werden, wenn dies zu einer sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren führt. Entwicklung der Verfahrenszahlen Der Rechnungshof schreibt in seinem Jahresbericht, dass die Verfahrenszahlen der bayerischen Insolvenzgerichte laut amtlicher Justizstatistik zwischen 2010 und 2018 deutlich zurückgegangen seien. Die Zahl der Anträge auf Eröffnung von Insolvenzverfahren habe sich von rund 24.500 auf annähernd 16.000 verringert, die Zahl der eröffneten Verfahren sei von rund 17.000 auf rund 11.000 zurückgegangen. Die Rückgänge erfolgten dabei über die Jahre hinweg vergleichsweise konstant. Das bayerische Justizministerium hat dem entgegengehalten, dass geringere Verfahrenszahlen nicht automatisch einen gleich umfänglichen Rückgang des tatsächlichen Arbeitsanfalls bedeuten, da es viele umfangreiche und arbeitsaufwendige Verfahren gäbe. Geschäftsanfall und Personalzuteilung Nach den Feststellungen des Rechnungshofs war die Personalzuteilung bei den Insolvenzgerichten recht unterschiedlich. Richter und Rechtspfleger waren an den meisten Gerichten nur anteilig für Insolvenzverfahren zuständig. So erreichte bei 25 von 29 Amtsgerichten dieser Anteil bei den Richtern nicht das Pensum einer Vollzeitkraft. Eine höhere Besetzung gab es lediglich bei vier Amtsgerichten, dort waren zwischen 1,07 und 5,41 Richter in Insolvenzverfahren tätig. Bündelung von Personal und Aufgaben bei weniger Gerichten? Der Personalbedarf der Justiz wird mit Hilfe eines Berechnungssystems auf Landesebene ermittelt. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die tatsächliche Personalzuteilung für die bayerischen Insolvenzgerichte im Jahr 2018 deutlich über den Werten lag, die sich aus dem Berechnungssystem ergaben. Nach Ansicht des Rechnungshofs ist die starke Zersplitterung der örtlichen Zuständigkeiten eine Ursache für die erhöhte Personalzuteilung. Der Rechnungshof spricht von einer zu kleinteiligen Struktur. Eine Bündelung von Personal und Aufgaben bei weniger Gerichten würde es seiner Ansicht nach ermöglichen, leichter das erforderliche Spezialwissen aufzubauen und auf Schwankungen bei den Verfahrenszahlen zu reagieren. Zahlungsunfähige Unternehmen müssen derzeit ihre Insolvenz nicht anzeigen Der Vorschlag des bayerischen Rechnungshofs nimmt sich merkwürdig aus angesichts der Entwicklung, die seit Ausbruch der Corona-Pandemie stattgefunden hat. Im März 2020 hat der Bundesgesetzgeber zahlungsunfähige Unternehmen für ein halbes Jahr von der Pflicht entbunden, ihre Insolvenz bei Gericht anzuzeigen. Ende September endet die Aussetzung der Anzeigepflicht und dann erwarten alle Experten eine regelrechte Insolvenzwelle. Zurzeit wird vom Bundesjustizministerium eine Verlängerung der Frist für überschuldete Unternehmen um ein weiteres halbes Jahr erwogen. Organisatorische Änderungen bei den Insolvenzgerichten sollten unterbleiben Die Aussetzung der Anzeigepflicht hat bislang einen akuten Anstieg von Unternehmenspleiten verhindert. Gesunde Unternehmen, die ohne ihr Zutun durch die Corona-Krise zahlungsunfähig wurden, erhielten eine Überlebensperspektive. Allerdings können durch die Aussetzung der Antragspflicht auch Unternehmen weiterhin am Markt agieren, die schon vor Corona in Schwierigkeiten waren. Eins steht jedenfalls fest: Wenn Corona überstanden sein wird und sich die Verhältnisse wieder normalisieren, wird eine Insolvenzwelle sondergleichen durch die deutsche Wirtschaft fegen. Dann werden alle Insolvenzgerichte, in Bayern wie andernorts, reichlich Arbeit bekommen. Von organisatorischen Änderungen bei den Insolvenzgerichten, liebe Leserinnen und Leser, sollte man derzeit unbedingt die Finger lassen, sagt mit Nachdruck Ihr Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com
17.08.2020
Verzögerte Einführung eines zentralen Lizenzmanagements
Die öffentliche Verwaltung setzt in immer größerem Umfang moderne Software zur Erledigung ihrer Aufgaben ein. Durch ein zentrales Softwarevertrags- und Lizenzmanagement können die Kosten der IT-Nutzung erheblich gesenkt werden. Doch vielfach verzögert sich die Einführung eines derartigen Systems, wie eine aktuelle Untersuchung aus einem großen Bundesland belegt. In einem Softwarelizenzvertrag werden der Umfang und der rechtliche Rahmen der Softwarenutzung beschrieben. Liegen zu wenige Lizenzen vor, drohen empfindliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen wegen Verstoßes gegen das Urheber- und Vertragsrecht (Unterlizensierung). Der Erwerb zu vieler Lizenzen (Überlizensierung) widerspricht hingegen dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Verwaltungshandelns. Ein zentrales Softwarevertrags- und Lizenzmanagement ermöglicht einen Abgleich der erworbenen und genutzten Software. Die Vertragsbedingungen und die Lizenzstrategie lassen sich von zentraler Stelle aus optimal an die sich häufig ändernden Gegebenheiten anpassen. Nach Bündelung der speziellen Fachkompetenz in einer Zentralstelle muss sich nicht mehr jede einzelne Behörde mit den stetigen Änderungen der umfangreichen Vertrags- und Lizenzvorgaben auseinandersetzen. Dadurch lassen sich neben der Rechtssicherheit hohe Synergien erzielen. Die IT-Strategie sieht die Einführung eines einheitlichen Lizenzmanagements vor In einem großen Bundesland gibt es eine IT-Strategie, die im Jahr 2005 von der Landesregierung beschlossen worden war. Sie ist für alle Behörden des Bundeslandes verbindlich. In der IT-Strategie wird vorgegeben, dass ein Konzept zur Einführung eines Lizenzmanagements erarbeitet und umgesetzt werden soll. Bisher fehle ein landesweiter und verlässlicher Überblick über die installierte und gekaufte Software. Aus finanziellen und rechtlichen Gründen müsse dafür Sorge getragen werden, dass die Landesbehörden weder unter- noch überlizensiert seien. Bei ressortübergreifend eingesetzter Software solle eine Zentralstelle die Verhandlungen und den Abschluss von Verträgen vornehmen bzw. koordinieren, um eine gebündelte Verhandlungsposition gegenüber den Softwareanbietern zu schaffen. Die zentrale Lösung wird kaum genutzt 2009 beauftragte das zuständige Finanzministerium eine nachgeordnete Behörde mit der Beschaffung und Einführung einer Standardsoftware für das Softwarevertragsmanagement und die Lizenzverwaltung. Die beauftragte Behörde erwarb 2014 eine Landeslizenz und betreibt zudem die zentrale Hardware für die Software. Für die Beschaffung und Pilotierung der Standardsoftware fielen Ausgaben von 2,7 Millionen Euro an. Wie eine Überprüfung ergab, wird die Standardsoftware jedoch nur in geringem Umfang genutzt. Bei der Verwaltung ihrer Softwareverträge und Lizenzen gehen die Landesbehörden zumeist andere Wege. Das Spektrum reicht von der Erfassung auf Papier über den Einsatz von Dokumentenmanagementsystemen bis hin zu eigenen IT-Verfahren. Dies alles vor dem Hintergrund, dass sich die Softwarekosten des Landes von 89 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 187 Millionen Euro im Jahr 2017 mehr als verdoppelt haben. Einsparungen in Millionenhöhe könnten erzielt werden Die Vorteile einer zentralen Lösung für das Lizenzmanagement liegen auf der Hand: Ein landesweiter Überblick über die installierte und gekaufte Software ermöglicht strategische Entscheidungen. Haushaltsmittel, welche die Behörden trotz der kostenfreien Nutzungsmöglichkeit der erworbenen Landeslizenz bisher für eigene Lösungen aufwenden, lassen sich einsparen. Eine Zentralstelle für Softwareverträge erspart den Behörden, sich selbst mit den häufigen Anpassungen der komplexen Vertrags- und Lizenzbestimmungen auseinanderzusetzen. Ließen sich die immer weiter steigenden Softwarekosten nur um wenige Prozent verringern, entstünden Einsparungen in Millionenhöhe. Mehrere Studien zur Rentabilität eines zentralen Lizenzmanagements kommen zu Einsparpotenzialen zwischen 15 und 35 Prozent. Die Uneinigkeit innerhalb der Landesregierung muss beendet werden Immer noch vertreten die Ministerien des Bundeslandes unterschiedliche Positionen hinsichtlich des zentralen Softwarevertrags- und Lizenzmanagements: Sieben Ministerien befürworten eine zentrale Lösung, fünf Ministerien stellen diese hingegen infrage, da der Aufwand nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stünde. Das für Fragen der IT federführende Digitalministerium des Bundeslandes bewertet die zentrale Lösung nach wie vor positiv. Es wird Zeit, liebe Leserinnen und Leser, dass die Uneinigkeit innerhalb der Landesregierung beendet und die seit 2005 geltenden Vorgaben der IT-Strategie endlich umgesetzt werden, sagt verärgert Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
01.08.2020
Bau und Betrieb eines überteuerten Wissenschaftshotels
Eine von der öffentlichen Hand getragene Innovationsgesellschaft errichtete auf einem Wissenschaftscampus ein hotelähnliches „Boardinghouse“. Die Bau- und Betriebskosten waren deutlich höher als bei einem Hotel der gehobenen Kategorie. Die Einnahmen aus der Zimmervermietung können die Investitions- und Betriebskosten nicht decken. Die auflaufenden Fehlbeträge müssen von der Innovationsgesellschaft getragen werden und belasteten deren Kerngeschäft. Die Gesellschaft fördert junge Unternehmen der Bio- und Gentechnologie und aus dem Bereich Life Sciences. Die Innovationsgesellschaft errichtete hierzu Gebäude und betreibt darin ein Gründerzentrum. Das Gründerzentrum vermietet Labor- und Büroflächen vergünstigt an entsprechende Unternehmensgründer und berät bzw. unterstützt diese. Die Innovationsgesellschaft hat die Rechtsform einer GmbH, ihre Geschäftsanteile werden zu 76 Prozent von einem süddeutschen Bundesland gehalten, weitere Beteiligte sind verschiedene Kommunen. Dementsprechend verfügt das Bundesland in der Gesellschafterversammlung und im Aufsichtsrat über die Mehrheit der Stimmen. Den Vorsitz über den Aufsichtsrat führt ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums des Bundeslandes. Die Finanzierung der Gesellschaft erfolgt überwiegend durch Gesellschafterdarlehen. Die Innovationsgesellschaft wies zum Bilanzstichtag 31.12.2018 ein negatives Eigenkapital in Höhe von 10,7 Millionen Euro auf. Ein Boardinghouse mit einfachen Zimmern war geplant Im Jahr 2010 stellte die Gesellschaft im Aufsichtsrat erstmals das Projekt „Boardinghouse“ vor. Laut Geschäftsführung gab es in der Umgebung nur wenige und relativ teure Hotelzimmer. Gastwissenschaftler der umliegenden Universitätsinstitute sowie Gäste des Gründerzentrums sollten durch das Projekt von Reisekosten entlastet und Reisezeiten minimiert werden. Das zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat abgestimmte Betriebskonzept sah vor, Zimmer und Suiten des Bauwerks günstig an die auf dem Wissenschaftscampus tätigen Wissenschaftler und Gäste zu vermieten. Das Boardinghouse sollte kostendeckend betrieben werden und den Cashflow der Innovationsgesellschaft nicht belasten. Geplant waren 41 Zimmer einfachen Standards für Langzeitnutzer. Die Investitionskosten explodierten Nach dem ersten Planungskonzept 2010 sollten die Investitionskosten bei 4,6 Millionen Euro liegen. Im Jahr 2012, am Ende der Entwurfsplanung, gingen die Planer von 8,3 Millionen Euro für 42 Zimmer höheren Standards aus. Die Innovationsgesellschaft ließ die Entwurfsplanung gutachterlich prüfen. Ausgehend von 8,3 Millionen Euro Investitionskosten lagen die Kosten je Zimmer bei 200.000 Euro. Der marktübliche Ansatz für ein Standardhotelzimmer lag damals laut Gutachten zwischen 90.000 und 100.000 Euro. Als Ursache für die hohen Kosten des Wissenschaftshotels benannte das Gutachten die im Planungsverlauf angehobene Qualität des Gebäudes hinsichtlich Zimmerstandard, Gebäudeform und Fassade. Allgemeine Kostensteigerungen während der Bauphase führten schließlich zu Investitionskosten von 9,7 Millionen Euro; dies entspricht 230.000 Euro je Zimmer. Die Zimmerbelegungsquote lag unter 50 Prozent Das fertig gestellte Bauwerk – als Boardinghouse lässt es sich nicht mehr bezeichnen – präsentiert sich als Hotel der gehobenen Kategorie. Es verfügt über 42 moderne Zimmer und Suiten, eine 24-Stunden-Rezeption sowie eine gehobene Gastronomie. Außerdem gibt es komfortabel eingerichtete Empfangs-, Lounge- und Barbereiche. Im Jahr 2018 lag die durchschnittliche Zimmerbelegungsquote wie in den Vorjahren bei unter 50 Prozent. Die Einnahmen aus der Zimmervermietung reichten nicht aus, die Investitions- und Betriebskosten des Wissenschaftshotels zu decken. Bis Ende 2018 summierten sich dessen Jahresfehlbeträge auf 3,7 Millionen Euro. Diese Verluste glich die Innovationsgesellschaft aus dem Cashflow des Gründerzentrums aus. Die Baukosten hätten 6,3 Millionen Euro nicht übersteigen dürfen Eine hotelfachliche Beratung holte die in der Hotellerie unerfahrene Innovationsgesellschaft während der Planungs- bzw. Umsetzungsphase nicht ein. Ende 2017 beauftragte dann das Wirtschaftsministerium eine auf Hotellerie-Betriebe spezialisierte Unternehmensberatung mit einer ausführlichen betriebswirtschaftlichen Analyse. Die Unternehmensberatung stellte gravierende Mängel bei der Gestaltung und Konzeption sowie der operativen Führung des Wissenschaftshotels fest. Bau- und Finanzierungskosten seien unverhältnismäßig hoch. Selbst bei dem hohen Anspruch eines 4-Sterne-Hotels hätten die Baukosten unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit 6,3 Millionen Euro nicht übersteigen dürfen. Konsequenzen für die Verantwortlichen? Die Innovationsgesellschaft ist durch den Bau und den Betrieb des Wissenschaftshotels finanziell nachhaltig geschwächt worden. Als Kritik laut wurde, hat das Wirtschaftsministerium das Konzept des Wissenschaftshotels halbherzig verteidigt. Weiterhin hat es ausgeführt, dass zielgerichtete Maßnahmen getroffen worden seien, um die Wirtschaftlichkeit des Hotels zu erhöhen. Im Juli 2019 sei ein in der Hotellerie erfahrener Manager eingestellt worden. Dieser hätte ein neues Zukunftskonzept erarbeitet, dessen Ziel eine signifikante Erhöhung der Auslastung sei. Bau und Betrieb des Wissenschaftshotels belegen, wie eine von der öffentlichen Hand getragene Gesellschaft jedes Augenmaß im Umgang mit Steuergeldern verlor und dass das verantwortliche Wirtschaftsministerium dem nicht entgegentreten ist. Hingegen war bisher nichts davon zu hören, liebe Leserinnen und Leser, dass die für die Geldverschwendung Verantwortlichen Konsequenzen zu befürchten haben, sagt verbittert Gotthilf Steuerzahler www.krisensicherinvestieren.com Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
25.07.2020