Staatliche Förderung verfehlt Ziel, die Niederlassung von Ärzten im ländlichen Raum zu steigern

von , 11.05.2019, 11:13 Uhr

Immer weniger Nachwuchsmediziner wollen eine Praxis auf dem Land eröffnen. Die jungen Ärzte zieht es in die Großstädte, dorthin, wo sie ihr Studium absolviert haben. Viele Bundesländer bemühen sich, dem Ärztemangel im ländlichen Raum entgegen zu wirken. Sie zahlen Zuschüsse, um Ärzte zur Niederlassung auf dem Lande zu veranlassen. Lässt man allerdings zu, wie in einem süddeutschen Bundesland geschehen, dass es ausnahmsweise auch für die Niederlassung in mit Ärzten gut versorgten Regionen Geld gibt, kann diese Großzügigkeit dazu führen, dass das eigentliche Ziel der Förderung nicht erreicht wird. 

Das süddeutsche Bundesland fördert seit 2012 die Niederlassung von Ärzten im ländlichen Raum mit dem Ziel, eine flächendeckende und wohnortnahe medizinische Versorgung auf qualitativ hohem Niveau gewährleisten zu können. Für Ausgaben in direktem Zusammenhang mit einer Niederlassung als ambulant tätiger Arzt zahlt das Land einen Zuschuss von bis zu 60.000 Euro.

Die zunächst auf Hausärzte beschränkte Förderung wurde schrittweise auf die fachärztliche Versorgung erweitert. Im Haushalt des Bundeslandes standen in den letzten Jahren jeweils drei Millionen Euro für das Förderprogramm zur Verfügung. 

Auch die Niederlassung in überversorgten Gebieten kann gefördert werden   

Die Förderung setzt voraus, dass sich Ärzte in einer Gemeinde mit höchstens 20.000 Einwohnern in Gebieten niederlassen, in denen die Kassenärztliche Vereinigung eine bestehende oder drohende Unterversorgung festgestellt hat. Für die hausärztliche Versorgung gilt ein Hausarzt pro 1.671 Einwohner als bedarfsgerecht. Unterversorgung wird angenommen, wenn der Versorgungsgrad unter 75 Prozent fällt. Bei einem Versorgungsgrad von 110 Prozent oder höher besteht Überversorgung. Im Rahmen des hier in Rede stehenden Förderprogramms kann unter bestimmten Voraussetzungen auch die Niederlassung in gutversorgten oder sogar überversorgten Gebieten gefördert werden.

Nur wenige Fördermaßnahmen betrafen unterversorgte Gebiete  

Eine vor kurzem vorgenommene Überprüfung des Förderprogramms durch einen Gutachter ergab folgenden Befund: In den Jahren 2012 bis 2015 wurde für 206 Maßnahmen eine staatliche Förderung bewilligt. Davon entfielen 84 Bewilligungen (41 Prozent) auf überversorgte Gebiete. Weiterhin wurden 71 Bewilligungen (34 Prozent) für Gebiete erteilt, die einen Versorgungsgrad zwischen 100 und 110 Prozent aufwiesen. Nur 51 der 206 Fördermaßnahmen (25 Prozent) lagen in Gebieten, deren Versorgungsgrad unter 100 Prozent lag, davon lediglich 11 (5 Prozent) in Gebieten, die unterversorgt waren oder in denen eine Unterversorgung drohte.

Die Förderung von überversorgten Gebieten wurde zum Regelfall

Im Ergebnis lagen also 95 Prozent der Fördermaßnahmen in ausreichend oder sogar überversorgten Gebieten. Die eigentlich nur ausnahmsweise mögliche Förderung in gutversorgten Gebieten wurde so fast zur Regel. Das Förderziel einer flächendeckenden und wohnortnahen medizinischen Versorgung auf qualitativ hochwertigem Niveau durch Förderung der Niederlassung im ländlichen Raum wurde somit nicht erreicht. Seit Bestehen des Förderprogramms hat sich sowohl im hausärztlichen als auch im fachärztlichen Bereich die Zahl der drohend unterversorgten Bereiche sogar erhöht.  

Überversorgte Gebiete sollten aus der Förderung ausgeschlossen werden

Der Gutachter hat dringend empfohlen, überversorgte Bereiche gänzlich aus der staatlichen Förderung auszuschließen. Die Fördermittel sollten auf unterversorgte oder drohend unterversorgte Gebiete fokussiert werden. Ergänzend hat der Gutachter darauf hingewiesen, dass die Niederlassung von Ärzten im ländlichen Raum auch in anderen Bundesländern gefördert wird. Nahezu alle Länder hätten die Förderung bei Überversorgung ausgeschlossen.      

Die Landesregierung will ihre Förderpraxis nicht ändern

Das Gesundheitsministerium des betreffenden Bundeslandes ist der Meinung, es sei eine politische Entscheidung der Landesregierung, in welcher Ausgestaltung und nach welchen Kriterien gefördert werde. Die Förderung in überversorgten Bereichen sei gerechtfertigt, wenn ohne die Praxisnachfolge ein schwerwiegendes lokales Versorgungsdefizit entstünde. Die Häufigkeit der Anwendung dieser Härtefallregelung sei zudem rückläufig.
Inzwischen ist die geschilderte Problematik auch an den Landtag des süddeutschen Bundeslandes herangetragen worden. Man kann nur hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass die Abgeordneten der aufgezeigten Fehlentwicklung ein schnelles Ende bereiten, sagt mit Entschiedenheit

Ihr
Gotthilf Steuerzahler

Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler