Als in den ersten Wochen dieses Jahres die für den Winter 2022/23 befürchtete Energiekrise abgewendet schien und die Börsenkursentwicklung steil nach oben zeigte, tönte es in den meisten Medien, dass die zuvor weithin befürchtete, große Rezession ausbleiben und es wieder zu einem leichten Wirtschaftswachstum kommen dürfte. Doch inzwischen deuten die ersten Wirtschaftsfundamentaldaten wieder auf eine eher bescheidene Entwicklung hin. Mit anderen Worten: Die Konjunktur-Gewitterwolken ziehen wieder auf.
Inhalt
Rezession: Auftragseingänge brechen um mehr als 10 % ein
Nach drei Anstiegen in Folge gingen z.B. die Auftragseingänge im März 2023 gegenüber Februar um mehr als 10 % zurück. Dies war der größte Rückgang seit dem Einbruch im April 2020 als Folge der Corona-Pandemie-Lockdown-Politik. Die Arbeitslosenrate stagnierte dagegen im April 2023, die übliche Frühjahrs-Erholung blieb also einstweilen aus. Und nach neuesten Umfragen erwarten die professionellen Geldanleger mehrheitlich eine Rezession.
5 wirtschaftliche Entwicklungen geben Anlass zur Sorge
Es sind vor allem fünf Entwicklungen, die zu gewisser Sorge Anlass geben:
- Erstens wirken die wiederholten Leitzinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) dämpfend auf die Konjunktur, ohne bisher an der „Inflationsfront“ die erhoffte Wirkung zu zeigen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde („Madame Inflation“) leugnete viel zu lange die Inflationsgefahren, sodass nun umso heftiger an der „konjunkturabwürgenden“ Zinsschraube gedreht werden muss.
- Die steigenden Zinsen belasten zweitens die Kreditnachfrage, was ebenfalls zu einer sinkenden Nachfrage führen kann. Hinzu kommen im Rahmen der jüngsten Bankzusammenbrüche nochmals steigende Bonitätsanforderungen, so dass manch ein gewünschter Kredit erst gar nicht mehr gewährt werden dürfte.
- Ferner sinkt drittens den durchaus noch laufenden „Notenpressen“ zum Trotz seit einiger Zeit die sogenannte „Geldmenge M1“. Sie umfasst das Bargeld und die täglich fälligen Bankeinlagen und gilt daher als ein wichtiger Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung. Ein Rückgang deutet auf eine nachlassende Nachfragelust von Verbrauchern und Unternehmen hin.
- Auch ein Blick auf die Entwicklung der Rohstoffpreise verheißt viertens nichts Gutes. Der Rohölpreis sank trotz der jüngsten Fördermengenkürzungen und der Goldpreis stieg auf ein Allzeithoch. Beides sind bewährte Frühindikatoren, die zurzeit in eine für die Konjunktur negative Richtung zeigen und deshalb bevorstehende Konjunkturprobleme befürchten lassen.
- Schließlich bleibt fünftens ein Hinweis auf den aktuell eher stotternden Außenhandel, nicht zuletzt als Folge der ausufernden Sanktionsmaßnahmen unter anderem, aber nicht nur gegen Russland.
Anleger sollten auf Gegenwind einstellen
Natürlich ist jede Konjunkturprognose mit erheblichen Unsicherheiten verbunden, was auch für die vorstehend geschilderten, möglichen Zusammenhänge gilt. Doch es kann nicht verkehrt sein, sich aus den o.g. Gründen heraus bei den aktuellen Geldanlage- und Investitionsentscheidungen auf bevorstehenden „Gegenwind“ einzustellen. (tb)