Gotthilf Steuerzahler: Zu wenige ehrenamtliche Betreuer

von , 13.09.2021, 15:21 Uhr

Die Ausgaben des Staates für die rechtliche Betreuung erhöhen sich seit Jahren. Die für das Betreuungswesen zuständigen Bundesländer müssten hier stärker gegensteuern.

Bei der rechtlichen Betreuung geht es darum, für eine volljährige Person, die wegen Krankheit oder Behinderung ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst wahrnehmen kann, einen Betreuer zu bestellen. Dieser Betreuer, der vom Amtsgericht eingesetzt wird, darf Rechtshandlungen für die betreute Person vornehmen. Die rechtliche Betreuung wurde 1992 eingeführt, sie ist an die Stelle der früheren Entmündigung, Vormundschaft für Erwachsene und Gebrechlichkeitspflegschaft getreten. In Deutschland werden zurzeit schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen rechtlich betreut. Die demographische Entwicklung und die zunehmende Verrechtlichung vieler Lebensbereiche führen dazu, dass die Zahl der Personen, für die eine rechtliche Betreuung notwendig ist, weiter zunehmen wird.

Die meisten Betreuungen übernehmen ehrenamtliche Betreuer, häufig Familienangehörige oder sonstige Nahestehende. Daneben gibt es Berufsbetreuer, die ihre Tätigkeit als Selbständige ausüben, sowie Vereinsbetreuer, die bei einem Betreuungsverein angestellt sind. Alle Betreuer werden – in unterschiedlicher Höhe – für ihre Tätigkeit bezahlt, und zwar grundsätzlich von den Betreuten. Sind diese mittellos, was bei 85 Prozent aller Betreuten der Fall ist, kommt das Geld aus der Staatskasse.

Kostentreiber sind die Ausgaben für die Berufsbetreuer      

In einem ostdeutschen Bundesland ist die Landesregierung bemüht, der stetigen Kostensteigerung im Betreuungswesen entgegenzuwirken. Die Landesregierung bezuschusst Betreuungsvereine dafür, dass sie ehrenamtliche Betreuer gewinnen und für ihre Aufgabe qualifizieren. Kostentreiber im Betreuungsbereich sind nämlich die Ausgaben für die Berufsbetreuer, deren Vergütung deutlich über dem Aufwendungsersatz für die ehrenamtlichen Betreuer liegt. Die Ausgaben für Berufsbetreuer in dem ostdeutschen Bundesland beispielsweise lagen 2018 bei 27,3 Millionen Euro, die der ehrenamtlichen Betreuer bei 3,2 Millionen Euro. Das Bemühen um ehrenamtliche Betreuer entspricht überdies der Intention des Bundesgesetzgebers. Dieser räumt – nicht nur aus Kostengründen – der ehrenamtlichen Betreuung den Vorrang vor einer Berufsbetreuung ein.

Es gibt Geld für jeden neu gewonnenen Betreuer      

Die Betreuungsvereine in dem Bundesland erhalten Zuschüsse, die sich aus einer Basisförderung von maximal 5.000 Euro pro Jahr und leistungsabhängigen Pauschalen zusammensetzen. Die Basisförderung wird für das Vorhalten von zehn namentlich benannten ehrenamtlichen Betreuern (je 400 Euro) und die Durchführung von vier Fortbildungsmaßnahmen (je 250 Euro) gewährt. Die Pauschalen betragen für jeden neu gewonnenen Betreuer bis zu 400 Euro und für jede zusätzliche Fortbildungsmaßnahme bis zu 200 Euro.  

Die Zahl der ehrenamtlichen Betreuer sank in den letzten Jahren      

Eine Überprüfung des Betreuungswesens in dem ostdeutschen Bundesland ergab Folgendes: Die Gesamtzahl der ehrenamtlichen Betreuer sank zwischen 2015 und 2018 von 618 auf 483. Im gleichen Zeitraum reduzierte sich die Anzahl der neu gewonnenen ehrenamtlichen Betreuer von 86 auf 65. Die im Haushalt des Justizministeriums veranschlagten Ausgaben für Berufsbetreuer stiegen hingegen deutlich an, und zwar von 23,2 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 27,3 Millionen Euro im Jahr 2018. Das Ziel der Landesförderung, diese Ausgaben zu senken, wurde somit verfehlt.      

Die Gerichte bevorzugen Berufsbetreuungen      

Zu diesem enttäuschenden Befund hat die Landesregierung des betreffenden Bundeslandes ausgeführt, das Ziel einer Ausgabensenkung für Berufsbetreuungen werde weiterverfolgt. Der Rückgang bei den ehrenamtlich geführten Betreuungen sei maßgeblich von der Praxis der Gerichte beeinflusst. Diese würden überwiegend Berufsbetreuer berufen. Dazu ist zu sagen, dass die Justiz lieber mit Berufsbetreuern zusammenarbeitet. Sie werden aufgrund ihrer Routine als Profis angesehen, die den Gerichten weniger Arbeit machen als die gelegentlich schwierigen oder überforderten ehrenamtlichen Betreuer.      

Betreuungen könnten vielfach vermieden werden      

Ein weiterer Anstieg der Betreuungen muss trotz allem nicht wie ein Naturereignis hingenommen werden. In vielen Fällen reicht beispielsweise eine Bevollmächtigung aus, um die rechtliche Handlungsfähigkeit von erkrankten oder behinderten Menschen sicherzustellen. Leider ist vielfach festzustellen, dass gerade Behörden wie Sozialämter oder Jobcenter eine Betreuung anregen, weil sie einen schwierigen Kunden loswerden möchten. Hier muss von allen Seiten mehr Kostenbewusstsein entwickelt werden, um teure Betreuungen zu vermeiden. Vor der Einrichtung einer Betreuung sollte routinemäßig geprüft werden, ob nicht andere Möglichkeiten gegeben sind. Aber der Weg in die kostenträchtige Betreuung ist vielfach der einfachere, sagt resigniert

Ihr
Gotthilf Steuerzahler
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Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar

Gotthilf Steuerzahler