Corona-Gewinner und –Verlierer

von , 09.12.2020, 16:12 Uhr

Kaum schienen die wirtschaftlichen Folgen des ersten „Corona-Lockdowns“ in diesem Frühjahr überwindbar zu sein, schickten das Bundeskanzleramt und die Staatskanzleien der Ministerpräsidenten unser Land in eine neue „Tiefschlafphase“, diesmal „Teil-Lockdown“ genannt.

Betroffene Wirtschaftszweige schweigen

Was seitens der hohen Politik wieder einmal als alternativlos dargestellt wurde und wird, wird von manchen kritischen Forschern als durchaus diskutabel angesehen. Gleichwohl bleibt aktuell der von den am stärksten betroffenen Wirtschaftszweigen (z.B. Gastronomie, Tourismus usw.) eigentlich zu erwartende Widerspruch weitgehend aus. Die meisten Beobachter führen dies auf die massiven Unterstützungsleistungen zurück, die diesen Wirtschaftszweigen umgehend versprochen wurden. Dies ist interessanterweise eine Einschätzung, die die meisten Fachleute unabhängig von ihrer sonstigen Beurteilung der Lage (z.B. hinsichtlich der von ihnen persönlich beurteilten tatsächlichen „Gefährlichkeit“ des Corona-Virus‘) teilen.

Finanzielle Beruhigungspolitik in Höhe von ca. 1,5 Billionen Euro

Wenig Widerspruch und kaum Diskussionen über den Sinn und Nutzen der von der Politik verfolgten „Lockdown“-Entscheidungen sind also – bringt man es nur auf den Punkt – auf eine finanzielle Beruhigungspolitik in einem historisch unbekannten Ausmaß zurückzuführen: Für die Jahre 2020 und 2021 ist nach derzeitigem Stand alles in allem mit einer Auszahlung von 1,5 Billionen € (das sind 1500 Milliarden) zu rechnen. Eine Summe, die (für die beiden Jahre zusammengerechnet) etwa einem Drittel des jährlichen Bruttosozialproduktes (BIP) unseres Landes entspricht. Es sind schuldenfinanzierte Gelder in einem für die Bundesrepublik Deutschland bisher noch nicht dagewesenem Ausmaß. Allein die Hilfen des laufenden Jahres 2020 werden rund 20 % des BIP ausmachen.

Warmer Geldregen deckt Kritik zu

Zu normalen Zeiten, das haben Volkswirte längst berechnet, würde eine derartige Wirtschaftsankurbelung zu einem Wachstum in etwa derselben Prozenthöhe führen. Wenn wir für 2020 statt dessen einen Wirtschaftsrückgang von – nach gegenwärtigem Stand – rund 6 % werden erleiden müssen, macht dies nur deutlich, wie katastrophal die Lage großer Teile der deutschen Wirtschaft tatsächlich ist, wie einschneidend die „Lockdown“-Maßnahmen wirken. Doch seit dieser warme Geldregen in Aussicht gestellt wurde, schweigt die Wirtschaft mehrheitlich. Und die je nach Branche wohl größten Leidtragenden (Soloselbständige, Freiberufler, Handwerker und kleinere Gewerbetreibende) haben andere Sorgen, als jetzt auch noch zu protestieren. Sie sind mehr denn je auf die Fürsprache ihrer „Zwangsvereinigungen“ (z.B. Kammern) und freiwilligen Selbständigenverbände angewiesen, wobei letztere oft aktiver sind als die Erstgenannten.

Inflationsgefahr durch höhere Steuern bekämpfen

Es ist vor allem Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) der mit scheinbar vollen Taschen seine Politiker-Kollegen aus Bund und Ländern zu immer weitergehenden „Lockdown“-Beschränkungen ermuntert. Er scheint dabei von einer neuen geldpolitischen „Glaubensrichtung“ beeinflußt zu sein, laut der ein Land, das die weitgehende Kontrolle über seine Währung genießt (ist laut mehrheitlicher Expertenauffassung im Euroraum gegeben) bei einer entsprechenden Ausweitung der Geldmenge praktisch unbegrenzt Kredite aufnehmen kann. Die daraus resultierenden Inflationsgefahren können nach Auffassung dieser Ökonomen ganz einfach durch Geldabschöpfen mittels immer höherer Steuern bekämpft werden. Steuererhöhungen jedweder Art spätestens nach der im nächsten Herbst anstehenden Bundestagswahl sind also längst nicht mehr nur zu befürchten, sondern man muß sie erwarten!

Allen „Hilfen“ zum Trotz bleibt ein Ladensterben in Verbindung mit einem Konzentrationsschub zu befürchten. Schon jetzt analysieren die Vertreter großer Gastronomie- und Handelsketten und auch der großen Brauereien, welche durch die Krise potentiell freiwerdenden, noch von mittelständischen oder kleinen Betrieben belegte Standorte für sie von Interesse wären: Das ganze kostet mich jetzt ein paar Millionensatz, aber danach habe ich ein paar sehr hübsche Standorte mehr und werde sehr viel besser dastehen als zuvor, brachte es ein bekannter Münchner Groß-Gastronom in kleiner Runde auf den Punkt. (tb)


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