In allen Bundesländern gibt es eine Landesbibliothek oder auch mehrere dieser Einrichtungen. Landesbibliotheken sind für das Sammeln, Vorhalten und Bereitstellen des regionalen Schrifttums zuständig. Mancherorts werden sie auch als Staatsbibliothek bezeichnet oder nehmen zugleich die Aufgaben einer Universitätsbibliothek wahr. Viele Landesbibliotheken besitzen ein regionales Pflichtexemplarrecht.
Inhalt
Nachfolgend soll von einer Landesbibliothek in einem kleinen Bundesland die Rede sein, über welche vor kurzem einige wenig schmeichelhafte Details bekannt wurden. Das Bibliotheksgesetz des betreffenden Bundeslandes bestimmt, dass es Aufgabe der Landesbibliothek ist, Medienwerke sowie weiteres Kulturgut mit Bezug zu Geschichte und Landeskunde des Landes und seiner Nachbargebiete zu sammeln, nachhaltig zu erhalten, bibliographisch nachzuweisen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Eine Besonderheit der in Rede stehenden Landesbibliothek ist, dass sie neben ihren bibliothekarischen Beständen auch über einen musealen Bestand verfügt: die sogenannte Landesgeschichtliche Sammlung. Diese Sammlung beinhaltet keine Bücher, sondern überwiegend bildliche Darstellungen (z. B. Porträts und topografische Ansichten), aber auch Münzen und Medaillen sowie andere Objekte, die einen Bezug zur Geschichte des Landes haben.
Teile der Landeskundlichen Sammlung sind nicht inventarisiert
Seit Jahren ist bekannt, dass in verschiedenen Bereichen der Landesbibliothek Arbeitsrückstände bestehen. Seitdem sind keine wesentlichen Fortschritte bei der Aufarbeitung dieser Rückstände festzustellen. Besonders problematisch ist es, dass die Bestände der Landesgeschichtlichen Sammlung nicht ordnungsgemäß inventarisiert wurden. Es ist von hoher Wichtigkeit, eine museale Sammlung korrekt zu inventarisieren. Sicherung und Erhalt der Objekte sind nur möglich, wenn dokumentiert ist, welche einzelnen Exponate vorhanden sind und wo sich diese befinden. Anders als angekündigt, hat die Landesbibliothek ihre Sammlungsgegenstände nicht nachinventarisiert. Eine ordnungsgemäße Betreuung der Landesgeschichtlichen Sammlung ist nicht gewährleistet.
Die Erwerbungspraxis muss durch Richtlinien konkretisiert werden
Die Erwerbungspraxis der Landesbibliothek folgte keiner klaren Linie, wie eine Untersuchung ergab. Dies galt in besonderem Maße für die Käufe im Bereich der Landesgeschichtlichen Sammlung. Die Erwerbungen beruhten ausschließlich auf Einzelentscheidungen der Behördenleitung. Beispielsweise wurden Gemälde, Fotos, Postkarten, Münzen oder auch eine handgearbeitete Schreibtischmappe aus getriebenem Leder angekauft. Ob und inwieweit die erworbenen Objekte die vorhandenen Sammlungen sinnvoll ergänzten, war nicht nachvollziehbar. Häufig wurde weder die Anbahnung der Kaufentscheidung noch die Preisfindung für die erworbenen Objekte hinreichend dokumentiert. Die Erwerbungspraxis der Landesbibliothek muss durch Erwerbungsrichtlinien konkretisiert werden, um eine konsistente Weiterentwicklung der Bestände sicherzustellen.
Ein umfangreicher Ausstellungs- und Veranstaltungsbetrieb
Die Veranstaltungstätigkeit der Landesbibliothek hat einen erheblichen Umfang. In den Jahren 2014 bis 2017 fanden 16 Ausstellungen mit mehr als 24.000 Besuchern und über 200 sonstige Veranstaltungen mit rund 12.000 Teilnehmern statt. Gemessen an den Besucherzahlen und Nutzertagen stellt der Ausstellungs- und Veranstaltungsbetrieb das eigentliche Kerngeschäft der Landesbibliothek dar. Nur bei 7 der 16 Ausstellungen hat die Landesbibliothek Objekte aus dem eigenen Bestand präsentiert. Bei den übrigen handelte es sich überwiegend um Ausstellungen im Bereich der zeitgenössischen Kunst. Ein Bezug zu den Beständen und Aufgaben der Landesbibliothek war nicht festzustellen.
Kein Eintritt, keine Nutzungsentgelte
Gleichwohl hat die Landesbibliothek für diese Ausstellungen finanzielle Mittel und Personalressourcen in erheblichem Umfang eingesetzt. Für die Werkschau zum 75. Geburtstag eines zeitgenössischen Künstlers hat sie allein 22.000 Euro ausgegeben, u. a. für den Druck von Katalogen und das Ausstellungskonzept. Die Landesbibliothek verlangt bei Ausstellungen meistens keinen Eintritt. Bei keiner der Ausstellungen hat sie ein Nutzungsentgelt für die Überlassung von Räumlichkeiten erhoben.
Bei den in der Landesbibliothek durchgeführten Veranstaltungen handelte es sich um sehr unterschiedliche Formate. Darunter waren z. B. Vorträge, Lesungen und Liederabende, aber auch Ordensverleihungen und Gremiensitzungen oder Versammlungen einer Vielzahl von Institutionen und Vereinen. Ein Bezug zu den Aufgaben der Landesbibliothek war bei der weit überwiegenden Anzahl dieser Veranstaltungen nicht zu erkennen.
Das zuständige Ministerium will die Mängel abstellen
Der äußerst umfangreiche Ausstellungs- und Veranstaltungsbetrieb der Landesbibliothek war unwirtschaftlich und nicht vom Aufgabenspektrum der Bibliothek gedeckt. Das für die Kultur zuständige Landesministerium hätte gegen diese fortdauernde Praxis einschreiten müssen. Das Ministerium hat zwischenzeitlich erklärt, dass die Arbeitsrückstände im Rahmen eines zweijährigen Projekts zur Inventarisierung und Digitalisierung der Bestände behoben werden sollen. Die Leitung der Landesbibliothek habe gewechselt. Es werde Aufgabe der neuen Leitung sein, den Sammlungsbestand und damit zusammenhängend die Erforderlichkeit einer Sammlungs- und Erwerbungsrichtlinie zu prüfen. Für die Zukunft sei von einer deutlich reduzierten Veranstaltungs- und Ausstellungstätigkeit der Landesbibliothek auszugehen. Wollen wir hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass die angekündigten Änderungen alsbald in die Tat umgesetzt werden, sagt verärgert
Gotthilf Steuerzahler
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Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.