Der bürokratische Aufwand bei Vorhaben, die mit Geldern der EU gefördert werden, ist bekanntlich sehr hoch. Es besteht ein dichtes Regelwerk aus Verordnungen, Förderrichtlinien, Dienstanweisungen sowie haushaltsrechtlichen Bestimmungen der beteiligten Ebenen. Zahlreiche interne und externe Kontrolleinrichtungen auf der Landes-, Bundes- und EU-Ebene prüfen die Förderverfahren sowie die einzelnen Förderfälle. Die Prüfergebnisse führen zu einer ständig verfeinerten, teilweise rückwirkenden Rechtsauslegung und zur Ausdifferenzierung der Verfahrensregelungen.
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Mit dem Sanktionsmechanismus der „Anlastung“, also der Verpflichtung zur Erstattung von zu Unrecht erhaltenen Fördermitteln, verfügt die EU-Kommission über ein scharfes Schwert. Der Druck auf die umsetzenden Verwaltungen ist dementsprechend hoch. Fehler sollen um jeden Preis vermieden werden, was zu immer neuen Detailregelungen führt.
Doch fragt man sich bei vielen Fördermaßnahmen der EU, ob der bürokratische Aufwand und der zu erwartende Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zu einander stehen. Aber es gibt immer Kreise, die von derartigen Förderungen profitieren und das Geld aus Brüssel gerne mitnehmen. Eine vor kurzem bekannt gewordene Untersuchung aus einem norddeutschen Bundesland befasst sich mit einem inhaltlich sehr fragwürdigen Förderprogramm der EU, bei dem sich einige sehr kräftig bedient haben.
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Innovationspartnerschaften von Landwirten, Forschern und Beratern
Für die Förderperiode 2014 bis 2020 stellt die EU erstmalig Mittel für die Förderung von sogenannten Europäischen Innovationspartnerschaften zur Verfügung. Das Ziel der Förderung ist es, durch verstärkte Innovationsaktivitäten das wirtschaftliche Wachstum im Agrarbereich zu erhöhen. Hierfür sollen Landwirte, Forscher und Berater eng zusammenarbeiten und Innovationen bis zur Praxisreife entwickeln. In dem norddeutschen Bundesland wurden für entsprechende Projekte 10 Millionen Euro bereitgestellt. Den überwiegenden Teil davon trägt die EU, das Land selbst steuert nur rund 300.000 Euro bei. Das Landwirtschaftsministerium des norddeutschen Bundeslandes fördert insgesamt 29 Innovationsprojekte mit einer Laufzeit von bis zu 4 Jahren. Die Kosten der Projekte und für die Beratung der Projekte werden zu 100 Prozent übernommen.
Zuschüsse zwischen 200.000 und 500.000 Euro für Öko-Projekte
Die Innovationsprojekte befassen sich zum Beispiel mit dem nachhaltigen Bau von Tierställen nach ökologischen, ökonomischen und sozialen Kriterien. Die betreffende Innovationspartnerschaft besteht aus 23 Landwirten, einer Fachhochschule und einer Universität. Bei einem anderen Vorhaben geht es um die Verbesserung des Tierwohls und die Verlängerung der Haltungsdauer von Legehennen im ökologischen Landbau. Ein weiteres Projekt befasst sich mit der Gülleaufbereitung zur Erzeugung eines Düngemittels und zur Verringerung des Einsatzes nachwachsender Rohstoffe. Für die einzelnen Vorhaben werden Zuschüsse zwischen 200.000 und 500.000 Euro zur Verfügung gestellt.
Vergleichbare Themen werden auch in den Hochschulen bearbeitet
Die Auswahl der Projekte erfolgt durch eine Fachjury in einem festgelegten Verfahren. Dabei wird der Begriff Innovation sehr weit ausgelegt. Das Landwirtschaftsministerium grenzt Innovationspartnerschaften nicht von laufenden Vorhaben der Agrarforschung in den Hochschulen des Landes oder von Aktivitäten der Landwirtschaftskammer ab. Die genannten Institutionen haben für eine Vielzahl von Innovationsprojekten die Federführung inne und sind an den Projekten auch selbst beteiligt. Inhaltlich werden in den Innovationsprojekten vielfach Themen aufgegriffen, die zuvor von den Hochschulen oder der Landwirtschaftskammer bereits bearbeitet worden sind.
Zu hohe Personalkosten in den Projekten
Die Personalkosten, die den größten Teil der Innovationsprojekte ausmachen, werden zu 100 Prozent gefördert. Dies könne zu Mitnahmeeffekten führen, heißt es in der erwähnten Untersuchung. Weiterhin wird Kritik an Stundenlöhnen von bis zu 85 Euro geübt für Tätigkeiten, die üblicherweise deutlich niedriger entlohnt werden. Zudem könnten einige Projekte ihre Arbeit deutlich wirtschaftlicher erledigen, wenn für die Projektdauer das benötigte Personal zeitlich befristet angestellt würde statt teurere freiberufliche Kräfte über Jahre hinweg einzusetzen. Auch stieg im Programmverlauf die Arbeitszeit für allgemeine Tätigkeiten in den Projekten ohne nachvollziehbare Begründung zum Teil bis zum Dreifachen der ursprünglich geplanten Arbeitszeit an.
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Das Ministerium will die 100-prozentige Förderung beibehalten
Das Landwirtschaftsministerium des betreffenden Bundeslandes prüft jetzt die Rückforderung überhöhter Personalkosten. Die Förderung zu 100 Prozent sei allerdings weiterhin erforderlich. Eine finanzielle Eigenbeteiligung der Landwirte würde angesichts der angespannten Einkommenslage dieser Berufsgruppe dazu führen, dass sich kaum noch jemand an der Entwicklung von Innovationen für mehr Effizienz und Nachhaltigkeit im Agrarbereich beteiligen würde.
Dazu ist zu sagen, dass bei Förderungen der öffentlichen Hand grundsätzlich eine Eigenbeteiligung von mindestens 10 Prozent verlangt wird, um die Zuschussempfänger zu einem wirtschaftlichen Umgang mit den Fördermitteln anzuhalten. Aber wenn es um Öko-Projekte und notleidende Landwirte geht, scheint dieser Grundsatz keine Rolle mehr zu spielen, sagt verärgert
Ihr
Gotthilf Steuerzahler
www.krisensicherinvestieren.com
Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.
Claus Vogt, der ausgewiesene Finanzmarktexperte, ist zusammen mit Roland Leuschel Chefredakteur des kritischen, unabhängigen und konträren Börsenbriefs Krisensicher Investieren.