Wenn sich der Staat an einem Unternehmen des Privatrechts beteiligen will, hat er die Vorgaben der Haushaltsordnung zu beachten. In der Haushaltsordnung ist vorgeschrieben, dass ein wichtiges staatliches Interesse am Eingehen der Beteiligung vorliegen muss. Weiterhin muss geprüft werden, ob der Staat sein Ziel nicht besser und wirtschaftlicher in einer weniger bindenden Form als einer kapitalmäßigen Beteiligung erreichen kann. In Betracht kommen dabei beispielsweise die Übernahme von Bürgschaften oder Garantien, die Gewährung von Darlehen oder Zuschüssen.
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Sind bedeutsame Aufgaben des Staates zu erfüllen, liegt in der Regel auch ein wichtiges staatliches Interesse vor. Die Absicht, Gewinne zu erzielen, berechtigt den Staat hingegen nicht zum Eingehen bzw. Fortführen einer Unternehmensbeteiligung. Diese Grundsätze gelten für den Bund ebenso wie für die Länder. Aber immer wieder lässt sich feststellen, dass die erwähnten Vorgaben nicht ernst genommen werden und staatliche Stellen sehr großzügig Beteiligungen an Unternehmen des Privatrechts eingehen oder diese fortführen.
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Diese Großzügigkeit wurde vor kurzem auch in einem kleinen ostdeutschen Bundesland mit rund zwei Millionen Einwohnern festgestellt, dessen Unternehmensbeteiligungen von einem Gutachter überprüft wurden. Das Bundesland war im Jahr 2017 an 21 GmbHs und einer AG beteiligt. Diese Unternehmen waren wiederum an insgesamt 28 Tochtergesellschaften beteiligt.
Ein wichtiges Landesinteresse muss auch bei Tochtergesellschaften vorliegen
Als problematisch erweisen sich häufig mittelbare Beteiligungen, wenn also das landesbeteiligte Unternehmen seinerseits Gesellschaften des Privatrechts gründet. Die Ziele, die mit einer Unternehmensbeteiligung verfolgt werden – und damit auch das wichtige Landesinteresse – sind in den Gesellschaftsverträgen, Satzungen oder Geschäftsordnungen konkret festzulegen. Eine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft kann nur dann erfolgen, wenn mit der Tochtergesellschaft auch der Gesellschaftszweck der Muttergesellschaft verfolgt wird. Zwar müssen die Gesellschaftszwecke nicht deckungsgleich sein, gleichwohl muss das Tochterunternehmen aber auch dem Geschäftszweck der Muttergesellschaft dienen und zum Erreichen der mit der Beteiligung verfolgten Ziele beitragen.
Gründung einer Tochtergesellschaft für ein Projekt in Asien
Bei einer GmbH mit dem Gesellschaftszweck Sanierung und Entsorgung, einer 100-prozentigen Beteiligung des hier in Rede stehenden Bundeslandes, konnten bei der gutachterlichen Überprüfung die Gründe für eine Beteiligung an mehreren Tochtergesellschaften nicht nachvollzogen werden. So wurde z. B. eine Tochtergesellschaft gegründet, um gemeinsam mit einem ausländischen Konsortium ein Projekt in Südasien durchzuführen. Im Übrigen sollte im Zuge der Firmengründung die Wahrnehmung des Landes im asiatischen Raum verbessert werden. Anhaltspunkte dafür, dass eine verbesserte Wahrnehmung des Landes im asiatischen Raum erreicht werden konnte, ließen sich jedoch nicht feststellen.
Geringer Einfluss des Landes auf „Enkelgesellschaften“
Kritisch zu sehen ist auch die Errichtung weiterer Gesellschaften durch Tochtergesellschaften (sog. „Enkelgesellschaften“). Der Einfluss des Landes wird durch derartige Konstruktionen beschränkt, das Landesinteresse bleibt zunehmend unberücksichtigt. So ging beispielsweise eine Tochtergesellschaft eine Beteiligung in Höhe von 49 % an einer Gesellschaft ein, um ein Projekt in einem anderen Bundesland umzusetzen. Der Sitz der Enkelgesellschaft lag ebenfalls in dem anderen Bundesland. Ein wichtiges Landesinteresse lag bereits zum Zeitpunkt des Eingehens der mittelbaren Beteiligung nicht vor.
Die Zahl der Beteiligungen wurde zwischenzeitlich verringert
Die für das Beteiligungsmanagement verantwortlichen Stellen des in Rede stehenden Bundeslandes haben zwischenzeitlich damit begonnen, den Bestand an Gesellschaften, für die kein oder nur ein geringes Landesinteresse besteht, zu reduzieren. Auch haben sie darauf hingewirkt, dass sich die vorstehend erwähnte GmbH von einigen ihrer Tochtergesellschaften getrennt hat bzw. eine Trennung anstrebt. Diese Schritte kann man nur gutheißen. Allerdings zeigt die Erfahrung, liebe Leserinnen und Leser, dass immer wieder neue Beteiligungen nachwachsen, trotz vorübergehender Bemühungen, den Bestand zu verringern, sagt traurig
Ihr
Gotthilf Steuerzahler
Dieser Text stammt aus dem kostenlosen Newsletter Claus Vogt Marktkommentar.